Duisburg. . Karl-Heinz Bonert, Monika Schlochow-Gillhausen und Margret Pelters hatten alle drei ein Ehrenamt für ihr Rentner-Dasein gesucht. Gefunden haben sie eine Bereicherung: Sie sind Sterbebegleiter im Bethesda-Krankenhaus in Duisburg.
Offiziell nennen sie sich Sterbebegleiter, ganz eigentlich sind sie aber Lebensbegleiter, denn mit dem Tod endet ihr Auftrag. Und trotzdem sind Karl-Heinz Bonert, Monika Schlochow-Gillhausen und Margret Pelters gut gelaunt. Gesucht hatten sie ein Ehrenamt für ihr Rentner-Dasein, gefunden haben sie eine Bereicherung.
So unterschiedlich wie die Menschen sind, laufen auch die Begleitungen ab. Mal geht es um ganz praktische Dinge, mal um die großen religiösen Fragen, meist ist der Sterbende selbst im Fokus, manchmal werden auch die Angehörigen unterstützt, gestärkt.
Aufwändiger Ausbildungskurs
Pflegerisch sind die Ehrenamtler nicht tätig, „aber am Rand fasert’s aus“, gestehen sie, packen mit an, nehmen den Müll mit raus, waschen das Glas aus. „Als Trauerkloß sitzen wir jedenfalls nicht da“, betont Ute Glados. Die Hauptamtliche betätigt sich auch als Netzwerkerin, organisiert weitere Hilfe vom Krankengymnasten bis zum Palliativmediziner.
Die Ehrenamtler werden in einem aufwändigen Ausbildungskurs auf die Aufgabe vorbereitet, darin geht es neben der Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit auch um die Entwicklung der Gesprächsfähigkeit. In einem halbjährigen Praktikum begleitet man dann einen freiwilligen (nicht totkranken) Probanden, an dessen Ende die schwierige Übung des Loslassens steht.
Gemeinsame Interessen ausschlaggebend
Danach vermitteln die Koordinatoren Begleitungen, die von wenigen Tagen bis zu Jahren dauern können. „Die Chemie muss stimmen“, betont Koordinatorin Ute Glados, neben ganz praktischen Fragen nach Raucherhaushalt oder Tierhaltung seien gemeinsame Interessen und Bedürfnisse ausschlaggebend. Regelmäßige Supervision unterstützt die Begleiter bei ihrer Tätigkeit.
„Ich wollte Menschen helfen, ich hab doch Zeit, kann mich kümmern“, beschreibt Karl-Heinz Bonert seine Motivation. Jetzt leiht er den Menschen sein Ohr. Und holt damit vielleicht ein bisschen auf, was er mit seinem Vater verpasste. Der sagte nach der todbringenden Diagnose nur „schöne Scheiße“. Was zwar natürlich stimmt, aber eben nicht alles ist. Gegen das Tabu des Todes geht der 66-Jährige jetzt auf seine eigene Weise vor.
Lebensaufgabe gefunden
Wie wichtig Sterbebegleitung ist, erlebte auch Monika Schlochow-Gillhausen beim eigenen Vater, für den sie Tage und Nächte im Krankenhaus war. Die Schwestern erzählten ihr, dass viele Sterbende verzweifelt auf ihre Angehörigen warten würden, diese aber erst nach dem Anruf aus dem Krankenhaus kommen. Wenn es vorbei ist. Deshalb schenkt die ehemalige Selbstständige jetzt Zeit, erlebt im Gegenzug Dankbarkeit und nimmt Gelassenheit mit in ihren Alltag, „da ist man froh, dass es einem selbst gut geht“, betont die 62-Jährige.
„Ich bin die Beschenkte“, beschreibt auch Margret Pelters ihre Erfahrung. Dass ihr Menschen in so einer Lebenssituation so viel Vertrauen schenken, ehrt sie. Und Ute Glados, die ehemalige Intensiv-Krankenschwester, setzt noch einen drauf: „Es macht tiefe Freude, nein eigentlich hab ich sogar richtig Spaß dabei. Mit diesem Beruf habe ich meine Lebensaufgabe gefunden.“
Tod ist oft eine Erlösung
Die Sterbebegleiter haben natürlich nicht nur schöne Momente, manchmal entlädt sich die ganze Wut an ihnen - und sie kennen auch ihre Grenzen: Nur ein Viertel der Begleiteten ist unter 60 Jahren. Bei Todkranken sei der Tod oft eine Erlösung, so Pelters, „das kann man bei einem Kind natürlich gar nicht sagen, da zweifele ich auch mal an unserem Herrgott“, bekennt die 76-Jährige.
Sie glaubt daran, dass irgendetwas kommt nach dem letzten Atemzug, aber „wir kommen ja nicht zurück und können es euch leider nicht erzählen“, sagt sie verschmitzt. Sie ist den Umgang mit dem Thema Tod gewohnt, es schreckt sie nicht. Und Kollege Bonert ist gar „gespannt darauf, was kommt, irgendwann“. Es wird sich finden.