Wattenscheid. .

Das Leben lässt sich mit einem Bahnhof vergleichen. Auch dort herrscht ein stetes Kommen und Gehen.

Der zurzeit 335 Mitglieder zählende Hospizverein Wattenscheid – seit 1993 immer stärker nachgefragter Wegbegleiter zum letzten Zug – hat an der Papenburg 9 die Weichen fürs nächste Jahrzehnt gestellt.

Die bisher räumlich getrennten Gleise von Sterbe- und Palliativbegleitung, Angehörigenberatung- und betreuung, Trauerarbeit, Schulung und Fortbildung laufen nun in einer Station zusammen. Auch das „Zugpersonal“ konnte dem stetig wachsenden Fahrplan der Hospizarbeit angepasst werden. Siegfried Schirmer (65), geschäftsführendes Vorstandsmitglied, nennt die Fakten: „Wir haben jetzt zwei hauptamtliche Koordinatorinnen und beschäftigen eine Diplom-Sozialarbeiterin als Honorarkraft sowie eine halbtags tätige Verwaltungsangestellte. Im Vorjahr verzeichneten wir knapp einhundert Sterbebegleitungen, Tendenz steigend. Analog dazu entwickeln sich Angehörigenbetreuung und Trauerarbeit.“

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Von DerWesten

Das Fundament des Hospizvereins bilden nach wie vor die ehrenamtlich engagierten Sterbebegleiter. Sechs befinden sich derzeit in einem Befähigungskurs, nach dessen Abschluss zählt der Kreis dann rund 45 Frauen und Männer.

Auch Brundhilde Duffner, die neue Co-Koordinatorin von Christel Müller-Ovelhey (51) und seit 1994 Mitglied des Hospizvereins, engagierte sich als ehrenamtliche Sterbebegleiterin. Die gelernte Altenpflegerin leitete bis Ende Juli dieses Jahres die Tagespflege und den Betreuten Mittagstisch des Wattenscheider Caritasverbandes. Danach ging die 63-Jährige in die passive Phase ihrer Altersteilzeit. Dass sie nun ab September an der Papenburg auf 400 Euro-Basis hauptamtlich tätig wird, begründet sie so: „Die Fürsorge, die dieser Verein nicht nur den Sterbenden, sondern auch deren Angehörigen und uns Begleitenden widmet, haben mich sehr positiv und nachhaltig berührt. Der Tod gehört wie die Geburt zum Leben. Doch das Sterben ist ein Prozess, den ich durch meine Mitarbeit im Hospizverein positiv beeinflussen kann.“

Als Brunhilde Duffner in ihrer Ausbildung zur Altenpflegerin war, erfuhr sie den Umgang mit Sterben auf eine schockierende Weise. „Die Menschen, mit denen es zu Ende ging, wurden in der Regel in meist schäbige, sogenannte ,Sterbezimmer’ abgeschoben. Dort ließ man sie mit sich allein“, erzählt die 63-Jährige, und sie erinnert sich. „Das Pflegepersonal zog sich Handschuhe an, bevor es Sterbende berührte. Ich hatte schon damals eine ganz andere Einstellung zum Umgang mit diesem noch weitgehend tabuisierten Thema. Und heute bin ich froh zu wissen, dass ich mit meinem Denken nicht alleine bin. Da hat mir der Hospizverein eine ganze Menge gegeben.“

Am Ende zurück zum Anfangs-Bild: In der neuen Bahnstation des Hospizvereins gibt es auch einen kleinen „Wartesaal“. Dort liegen unter einem symbolkräftigen, farbenfrohen Bild mit Blumen dekorierte Fotos der bereits gestorbenen ehrenamtlichen Sterbebegleiter Marion Krämer und Dietmar Respondek. „Wir nehmen die Menschen mit, auch die, die uns verlassen haben“, erläutert Christel Müller-Ovelhey. „Denn wir wollen die dankbare Erinnerung an sie lebendig halten.“