Wattenscheid. .
Wann ist ein Mann ein Mann? Werner Remke, Oliver Gode, Dr. Horst Kremmer, Christian Hofmann und Siegfried Schirmer mögen kein Blabla à la Grönemeyer. Ohne große Worte darüber zu verlieren, stehen sie ihren Mann – in der Hospizarbeit.
Obwohl man dafür sehr stark sein muss, ist Sterbebegleitung primär Frauensache. Das spiegelt sich auch beim Wattenscheider Hospizverein wider. Im Kreis der haupt- und ehrenamtlich tätigen Kräfte rangiert die Männerquote derzeit lediglich bei etwa zehn Prozent. Werner Remke, mit 78 Jahren ältester und zugleich erfahrenster Sterbebegleiter, hat eine verblüffende Erklärung für jenes Phänomen: „Männer sind in Situationen von existenzieller Bedeutung äußerst schwach.“
Remke, im Berufsleben Ausbildungsleiter bei der Ruhrkohle, spricht dabei aus eigener Erfahrung. Bis zu ihrem Tod lebte seine Mutter, die 93 Jahre alt geworden ist, bei ihm im Haushalt. „Als es mit ihr zu Ende ging, habe ich mich immer mehr zurück gezogen und das meiste auf meine Frau abgewälzt. Ich engagiere mich im Hospizverein, um für mein damaliges Versagen wieder etwas gut zu machen.“
Seneca sagte: Das Leben muss man das ganze Leben lang lernen, und was dich vielleicht noch mehr erstaunen mag, das Leben lang muss man Sterben lernen. Oliver Gode ist in seiner Denke ganz nah bei dem römischen Philosophen. Der 43-Jährige ist Pfleger mit Zusatzausbildung „Palliativ Care“ im Martin-Luther-Krankenhaus, und er sagt: „Durch mein Engagement als Sterbebegleiter habe ich gelernt, viel positiver zu denken. Und ich bin ganz fest davon überzeugt, dass alles Gute, was man den Menschen gibt, an einen selbst zurück fließt. Durch die mentale Konfrontation mit der Vergänglichkeit des Lebens habe ich zu mir selbst gefunden. Ich lebe inzwischen viel bewusster.“
Christian Hofmann hat den Befähigungskurs zum Sterbebegleiter gemeinsam mit seiner Frau Monika absolviert. Der 54-jährige Maschinenbau-Mechaniker hat erst vor wenigen Tagen seinen ersten Begleitungs-Auftrag übernommen. „Wir sind Yoga-Anhänger und wollen unsere Liebe an andere Menschen weitergeben und ihnen soweit es in unseren Kräften steht, die Angst vorm Tod nehmen.“
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Dr. Horst Kremmer, ehemaliger Richter am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, kam über die Lektüre der WAZ-Berichterstattung zum Hospizverein. „Das hat mich sehr berührt und angesprochen“, sagt der 62-Jährige, und er fährt fort: „Die Tätigkeit als Sterbebegleiter hat meine Wahrnehmung sensibilisiert; angesichts der Endlichkeit des Lebens geht man viel achtsamer mit sich selbst und seinem Umfeld um. Mein Beruf“, sagt Kremmer, „war sehr rational geprägt, und das hat irgendwie mein Dasein dominiert. Mein Leben ist nun reicher geworden.“
Siegfried Schirmer (66) ist als ehrenamtlicher Geschäftsführer „Mädchen für alles“ im Hospizverein. Auf die Frage, ob die eine Handvoll Männer möglicherweise Schwierigkeiten habe, sich gegen die Übermacht der Frauen zu behaupten, antwortet Schirmer mit einem lauten Lachen: „Keinesfalls – wir verstehen uns hier als verschworene Gemeinschaft, die um jeden einzelnen weiß und seine Persönlichkeit respektiert. Das ist keine Geschlechterfrage. Und Werner Remke ergänzt: „Ich fühle mich in diesem Verein sehr gut aufgehoben und geborgen.“