Duisburg. .

Nach dem Willen der rot-grünen Landesregierung hat das Kapitel Kopfnoten nun ein Ende: Auf den zukünftigen Zeugnissen werden keine Kopfnoten mehr erscheinen. Pädagogen, Wirtschaft und Eltern bewerten das unterschiedlich.

Das Arbeits- und Sozialverhalten wurde seit dem Schuljahr 2008/09 mit den Noten sehr gut, gut, befriedigend und unbefriedigend bewertet. Nach dem Willen der rot-grünen Landesregierung ist das Kapitel Kopfnoten aber beendet.

Die Schulen erhielten in diesen Tagen Mails. Demnach können sie auf den alten Formularen die Rubrik einfach durchstreichen, oder aber Beschreibungen nutzen, sofern dies von Lehrer- und Schulkonferenz abgesegnet wurde. Wegen der Kürze der Zeit werden wohl viele Schüler einen Strich auf ihrem Zeugnis haben.

Kaum Auflösungen von Ausbildungsverhältnissen

Dr. Wolf-Eberhard Reiff, Leiter Bildung und Technologie bei der IHK, bedauert die Abschaffung. Viele Unternehmen hätten notenschwächeren Kandidaten, die positives Sozialverhalten attestiert bekamen, eine Chance zum Vorstellungsgespräch gegeben. In Duisburg habe es zuletzt nur wenige Auflösungen von Ausbildungsverhältnissen gegeben - 8 Prozent seien es im Gegensatz zu bundesweit 20 %, so Reiff. Er selbst erlebte in Schulkonferenzen, wie engagiert Lehrer sich mit den einzelnen Schülern befassten und sie bewerteten. Und deshalb habe es bei den Ausbildungsverhältnissen auch charakterlich gepasst, glaubt er.

Norbert Müller, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, erklärt, dass die Lehrerschaft durchgängig den Sinn in den Kopfnoten nicht gesehen habe. Ein Außenstehender könne nicht erkennen, was man alles in eine Note hineinlegen möchte. Außerdem wolle sich die Wirtschaft ohnehin ein eigenes Bild von ihren Kandidaten machen, „sie verlässt sich eher auf ihr eigenes Urteil“, glaubt Müller. Der Berufsschullehrer ist an seiner Schulform schon seit dem letzten Jahr von den Kopfnoten entbunden, „die Wirtschaft hat es einfach nicht nachgefragt“, begründet er.

Rückkehr zur Textform?

Klaus Gith, Schulformsprecher der Hauptschulen und Leiter der Heinrich-Böll-Hauptschule, will die Entscheidung der Lehrerkonferenz Anfang nächsten Jahres abwarten. Richtlinien seitens des Ministeriums gebe es ebenfalls erst im nächsten Jahr. Er persönlich sei dafür, das Arbeits- und Sozialverhalten wie früher in Textform ins Zeugnis zu bringen, denn es sei schwer, ein Verhalten in Noten auszudrücken. Ob das aber schon zum anstehenden Halbjahreszeugnis umzusetzen ist, bezweifelt er. „Wir wollen ja nicht einfach das aufwärmen, was wir vor fünf Jahren gemacht haben, wir werden sicher neue Grundsätze aufstellen“, fasst Gith die Stimmung an seiner Schule zusammen.

Gabriele Boden vom Mercator-Gymnasium bedauert das Abschaffen der Kopfnoten, vor allem, weil „wir gerade ein System für uns erarbeitet hatten, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten“. Jetzt werde man wohl zum alten Modell zurückkehren, das Textbausteine vorgehalten hat.

Schulen brauchen Kultur des ständigen Gesprächs

Frank Jakobs, Vorsitzender der Stadtschulpflegschaft, sagt: „Ich bin froh, dass die Kopfnoten abgeschafft sind.“ Die Noten seien immer wieder Stein des Anstoßes gewesen, manche Kinder seien beschämt worden. Rückmeldungen zum Sozialverhalten hält Jakobs sehr wohl für wünschenswert: „Die Schulen brauchen eine Kultur des ständigen Gesprächs.“ An den Schulen sei, auch mit Blick auf die Schulzeitverkürzung an den Gymnasien, noch viel an Qualitätsverbesserung nötig, weiterer Druck durch Kopfnoten wäre kontraproduktiv.