Duisburg. .

Ausreden, törichte Schuldzuweisungen und einfach Schweigen. Die Mutter eines Todesopfers der Duisburger Loveparade hat Angst, dass alles im Sande verläuft und „opportunistisches Verhalten obsiegt“.

Sie hatte sich schon einmal ihren Schmerz, ihre Trauer, ihren Zorn von der Seele geschrieben. Die italienische Mama jener 21 Jahre jungen Frau aus dem norditalienischen Brescia, die am 24. Juli in Duisburg, auf der Loveparade, jämmerlich zu Tode gekommen ist.

Jetzt, nachdem ihre Tochter zu Grabe getragen wurde und sie den Schreckensort in Duisburg mit eigenen Augen inspiziert hat, hat sie am Wochenende noch einmal Oberbürgermeister Adolf Sauerland einen zweiten offenen Brief geschrieben. Mit Fragen, Vorwürfen und einem Appell:

„Ich schreibe hier im Namen meiner Tochter Giulia, um Sie auf eine Reihe von Fragen aufmerksam zu machen, die mich seit dem Unglückstag nicht in Ruhe lassen. Ich schreibe im Namen der armen Jugendlichen, die unter die Räder eines – gelinde gesagt – uneffizienten Organisationsapparates geraten sind.“

Sie habe kürzlich den Ort der Katastrophe („Einen ausrangierten Güterbahnhof mit baufälligen Gebäuden, voller Unkraut und mit geschlossenen Notausgängen“) aufgesucht. Ein beengter, dunkler, stickiger Ort! Sie habe sich sofort gefragt, wie man an einem solchen Ort eine solche Veranstaltung mit Weltresonanz organisieren konnte.

Nichts als Schweigen, Ausreden, Opportunismus

Und sie stellt dem Duisburger Verwaltungschef eine Reihe von Fragen: „Wir wollen wissen, nach welchen Kriterien eine objektiv so gefährliche und ungeeignete Stätte ausgesucht wurde, die sich als eine Falle herausgestellt hat. Wir wollen wissen, wer die negative Einschätzung des Feuerwehrchefs und der Polizei ignoriert hat. Wir wollen wissen, wo sich die bei jeder Veranstaltung obligatorischen Fluchtwege befanden und wie man den Tunnel im Brandfalle hätte evakuieren können. Wir möchten wissen, warum Absperrungen eingerichtet wurden, die letztendlich zu Gedränge und Panik geführt haben. Wir wollen wissen, wie man nur denken kann, dass eine Stadt von 500.000 Einwohnern in der Lage sein kann, dreimal so viele junge Leute und eine Veranstaltung dieser Größenordnung zu beherbergen, die sogar von einer Stadt wie Berlin als gefährlich eingestuft worden war.“

Jetzt treibe sie die Angst um, dass nach und nach die Ausreden, die Schuldzuweisungen, die Unschuldserklärungen, das Schweigen und das „opportunistische Verhalten obsiegen und alles versandet und vergessen“ werde.

Sie appelliert deshalb an das Pflichtgefühl der Verantwortlichen, für Gerechtigkeit zu sorgen. Denn: „Unsere Jugendlichen haben mit ihrem Leben bezahlt. Jetzt sollen die Verantwortlichen dieser Tragödie ihre Verantwortung übernehmen und die gerechten Folgen tragen.“