Duisburg-Walsum. Nach Wut über Jugendbanden und Drogen greift die Polizei Duisburg am Kometenplatz in Walsum durch. Kommen noch die Videokameras? So ist die Lage.
Seit Jahren klagen Hauseigentümer, Anwohner und Geschäftsleute am Kometenplatz in Aldenrade bereits über randalierende Kinder und aggressive Jugendliche, über Drogendealer, Vandalismus, Müll und Lärm. Duisburgs Polizeipräsident Alexander Dierselhuis und der städtische Sicherheitsdezernent Michael Rüscher haben im vergangenen Sommer Hilfe versprochen, nachdem gut 130 Betroffene bei einer Bürgerversammlung ihren aufgestauten Frust entladen. Zuvor hatten sich die Behörden selbst von den schlimmen Zuständen überzeugt und den Kometenplatz als Kriminalitätsschwerpunkt eingestuft. Was hat sich seither getan?
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Polizistinnen und Polizisten sind anschließend verstärkt rund um den Marktplatz und das Rathaus auf Patrouille gegangen und wurden dabei durch das Ordnungsamt unterstützt. Über die höhere Polizeipräsenz haben sich nicht nur Anwohner gefreut, sondern auch die ortsansässigen Kaufleute und ihre Kunden. „Den Effekt bemerke ich ganz doll, da ist was in Bewegung gekommen“, sagte Iris Bierod vom Geschenkeladen in der Einkaufspassage bereits wenige Wochen nach der Bürgerversammlung.
Statt Drogengeschäfte gab‘s zuletzt brutale Gewalttaten in Duisburg-Walsum
„Es ist ruhiger geworden“, sagt jetzt auch Anwohner Dirk Rosinski, der im Stadtteil gut vernetzt ist und Haus- und Wohnungseigentümer vom Kometenplatz und von der Merkurstraße vertritt. Seit August habe es „hier kein Rauschgiftdelikt mehr gegeben“. Zumindest kein offensichtliches. In der Nachbarschaft bleibt aber die Angst vor den Dealern und Banden, es bleibt die Befürchtung, dass sie zurückschlagen, wenn man sich zu sehr einmischt.
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Doch es gibt weiterhin Menschen, die sich einmischen, auch wenn diese Zivilcourage am Kometenplatz längst nicht mehr selbstverständlich ist. Als zehn Jugendliche im September einen Busfahrer beschimpften, attackierten, aus dem Schnellbus 40 zerrten und brutal verprügelten, weil er sie nicht ohne Fahrkarte mitfahren lassen wollte, griffen Zeugen ein. Ein Mann rief umgehend die Polizei und eine Frau schrie die Täter an, filmte den Angriff mit dem Smartphone und schlug so die Jugendlichen in die Flucht. Die Polizei konnte einen Großteil der Gewalttäter schnell identifizieren.
Noch Tage später war diese Tat das Gesprächsthema im Stadtbezirk. Ebenso im Advent die Busfahrerin, die in Vierlinden von einem jungen Mann geschlagen wurde. Dadurch fahren viele ältere Menschen nicht mehr mit den Bussen, geschweige denn mit der verrufenen Straßenbahn 903, wie Dirk Rosinski zu berichten weiß. Viele Eltern mit Kindern oder Rentner mit Rollatoren meiden demnach im Dunkeln möglichst den Kometenplatz.
Dennoch ist das Lob für Polizei und Ordnungsamt in Aldenrade groß, weil deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort „für Ruhe gesorgt“ haben. „Mir tut es weh, dass diese ganzen Ressourcen gebraucht werden, um unseren wunderschönen Marktplatz zu befrieden“, benennt Rosinski einen Wermutstropfen. „Die Polizisten sollen Mörder jagen und andere Verbrecher.“
Rauschgifthändler haben sich andere Orte für ihre Drogengeschäfte gesucht
Aufgrund der verstärkten Polizeipräsenz sollen sich die Rauschgifthändler andere Orte für ihre Drogengeschäfte ausgesucht haben. Sie sollen unter anderem nach Vierlinden und zur Neutor-Galerie in Dinslaken abgewandert sein. Dadurch sind auch größtenteils die randalierenden Kinder- und Jugendbanden verschwunden. So gilt es in Aldenrade als ein offenes Geheimnis, dass sie ganz bewusst provozieren, mit Fußbällen oder Steinen, durch Bepöbeln, Diebstahl oder Prügeleien, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, damit die Drogendealer woanders ungestört sind.
Zwar ist größere Randale zuletzt ausgeblieben, die Menschen aus der Nachbarschaft fühlen sich aber weiterhin nicht sicher. Zumal auch kleinere Delikte an ihren Nerven zerren. Im König-Pavillon wurde etwa vor Monaten eine Scheibe eingeschlagen. Zudem haben in den umliegenden Mehrfamilienhäusern viele Wohnungen längst zusätzlich ein Querriegelschloss an den Türen, und abgebrochene Einbruchsversuche haben an den Wohnungstüren Spuren hinterlassen.
Klingelanlagen werden regelmäßig zerstört und Schlüssellöcher an Haustüren mit Sekundenkleber verstopft. Kinder und Jugendliche schellen fast jeden Abend, mal bleibt es bei „Klingelmännchen“, mal wollen sie mit einem Vorwand in die Gebäude. Deshalb werden nun viele Klingeln spätabends abgestellt. Es gibt Wildpinkler und sogar Fäkalien werden hinterlassen. Seit dem Feuerwerksverkauf für Silvester werden Böller gezündet, die sich zwischen Gebäuden anhören „wie Kanonenschläge“.
„Diese Bagatellen tun weh“, bestätigt Dirk Rosinski, der ebenfalls davon betroffen ist. Auch er teilt die Befürchtung vieler seiner Nachbarn, dass es wieder schlimmer wird, sobald im Frühjahr die ersten warmen, schönen Tage kommen.
Duisburgs Polizeipräsident will weiter Videokameras am Kometenplatz
Das befürchtet auch Polizeipräsident Alexander Dierselhuis und plant, wie bereits bei der Bürgerversammlung angekündigt, mobile Polizeikameras auf dem Kometenplatz aufzustellen, die das Land NRW nun geliefert bekommen hat. Damit wird der Ernst der Lage in Aldenrade klar, denn Videobeobachtung ist eine scharfe Maßnahme, die es bislang in Duisburg dauerhaft nur am Pollmannkreuz in Marxloh gibt. Mobile Polizeikameras kamen nach der Schießerei auf dem Hamborner Altmarkt zum Einsatz und sollen nun bald auch am Kriminalitätsschwerpunkt Kometenplatz aufgestellt werden.
Ob die rechtlichen Voraussetzungen für mobile Videokameras dort erfüllt sind, wird aktuell im Polizeipräsidium geprüft. Das teilt die Polizei Duisburg auf Nachfrage mit. Der Polizeipräsident sah die rechtlichen Bedingungen für die Videobeobachtung zwar im vergangenen Sommer erfüllt, nun muss aber untersucht werden, ob sich daran durch die verstärkte Polizeipräsenz etwas geändert hat.
Die Menschen in Aldenrade können die mobilen Polizeikameras kaum erwarten und erhoffen sich viel davon. Sie wissen allerdings auch, dass sie nur für wenige Wochen aufgestellt werden und damit keine dauerhafte Lösung sind.
>> Ballspielverbot für den Kometenplatz gefordert
● Um den Kometenplatz weiter zu befrieden, braucht es nach Ansicht der Anwohner mehr als nur die Polizei und das Ordnungsamt. So wurde in der Bürgerversammlung 2023 über ein Ballspielverbot gesprochen, dass die Stadtverwaltung umsetzen müsste. Denn die Kinder- und Jugendbanden nutzen nach Beobachtungen der Aldenrader das Bolzen einerseits, um Radau zu machen. So sollen sie von illegalen Geschäften ablenken, die dann ungestört woanders stattfinden können. Fußbälle werden aber auch, so die Befürchtung, gezielt auf Garagen und andere Dächer geschossen, um dann die Bälle herunterzuholen und bei der Gelegenheit mögliche Einbruchsziele auszuspähen.
● Eine weitere Bitte aus der Bürgerversammlung mit der Polizei und der Stadt ist, dass sich auch das Jugendamt stärker rund um den Kometenplatz engagiert. Denn viele der randalierenden Kinder sind noch zu jung, um strafmündig zu sein. Allerdings geht es bei der Problemlage auch um Integration. Die meisten auffälligen Kinder und Jugendliche haben einen Migrationshintergrund und sollen, so beobachten es die Anwohner, Arabisch sprechen. Jedoch seien auch Deutsche in diesen Gruppen, dann handle es sich aber meist um Mädels mit arabischen Freunden.