Duisburg. In einem ehemaligen Laufhaus in Duisburg können Touristen übernachten. Ein Einblick in das außergewöhnliche B&B und was Gäste sagen.
In Duisburg gibt es ein B&B, das „Bed and Breakfast 33“. Es bekommt auf der Hotel-Vermittlungsplattform Booking hervorragende Noten von Gästen aus aller Welt: „Zeer nieuw en heel mooi“ – sehr neu und sehr schön, schreibt beispielsweise ein Niederländer. Ein anderer: „Zimmer sehr sauber, Personal sehr freundlich, sehr nah an der Autobahn und somit schnelle Anbindung.“ Was sie offenbar nicht stört: Die 33 im Namen bezieht sich auf die Hausnummer. Diese liegt an der Charlottenstraße und somit mitten im Duisburger Rotlichtviertel.
Die A 40-Auffahrt ist nicht weit weg. Früher war das Bed & Breakfast mal ein Laufhaus. Doch weil die Geschäfte nicht mehr so gehen, hat der Besitzer Alen Savić die Immobilie komplett entkernt, renoviert und aus dem Etablissement eine private Zimmervermietung gemacht. „Es läuft gut“, sagt er zufrieden.
Geschäfte im Duisburger Rotlichtbezirk laufen nicht mehr so: Zimmer vom Markt genommen
Vor drei Jahren hat Savić, der viele Jahre in den Niederlanden gelebt hat, insgesamt fünf Häuser in Duisburg sündigstem Bezirk bei einer Zwangsversteigerung gekauft. Den „Sexxxpalace“ an der Julius-Weber-Straße und das ehemalige Laufhaus an der Charlottenstraße. Er habe dem Vorbesitzer Geld geliehen. Als dieser Pleite war, habe er zugegriffen, um noch einen Teil seines Investments zu retten.
„Vorher hatte ich nichts mit dem Milieu zu tun“, betont er. Die Frauen, die bei ihm arbeiten, seien selbstständig, angemeldet und zahlen pro Tag Miete. 135 Euro kostet ein Zimmer, inklusive Frühstück und Mittagessen. Doch von den insgesamt 86 Zimmern seien momentan nur 36 konzessioniert. Der Grund: Die Geschäfte laufen nicht mehr so. Viele Damen haben sich während der Corona-Pandemie neue Plätze gesucht. „Dabei bieten wir den Frauen hier ein sicheres Umfeld mit Security.“
Savić entschied sich also, Zimmer vom Markt zu nehmen. Das Laufhaus an der Charlottenstraße war schon einige Zeit nicht mehr in Betrieb. Er investierte „hohe Summen“, entkernte das Gebäude, richtete alles neu ein. Dort, wo früher die Domina ihre Kunden empfing, ist nun die modernisierte Rezeption samt Büro. Die anderen Zimmer erstrahlen in modernem Grün, die Bäder sind frisch poliert und nichts erinnert an die Vorgeschichte des Hauses.
Doppelzimmer kostet im Januar beispielsweise 89 Euro – zu Messe-Zeiten wird es teurer
Für eine Nacht mitten in der Woche im Januar zahlt man momentan für das „Economy Doppel- oder Zweibettzimmer“ 89 Euro. Für die größere Zimmervariante werden 109 Euro aufgerufen. Zu Messezeiten wird es teurer. Frühstück ist buchbar, es sind aber auch Bleiben mit einer kleinen Küchenzeile vorhanden. „Wir haben hier natürlich keine Familien mit Kindern“, betont die Frau des Besitzers. Oft sind Arbeiter auf Montage, die hier übernachten.
Auf Booking sehe man die Adresse. „Viele googeln dann, wo das Haus liegt. Aber auf dieser Seite bekommt man vom Rotlichtbezirk so gut wie nichts mit“, betont sie. Früher war die Charlottenstraße ebenso frequentiert wie die Vulkanstraße. Doch in der Nachbarschaft gebe es nun nur noch ein Haus, in dem Damen ihre Dienste anbieten. Auf der anderen Straßenseite, dort, wo sich früher im Erdgeschoss mal ein Sexkino befand, gebe es auch normale Wohnungen.
Wer bis zur Anreise die Lage noch nicht gecheckt hat, wird beim Empfang darauf hingewiesen. „Viel nerviger ist es für die meisten, dass sie keine Parkplätze finden, das Ordnungsamt so schnell Knöllchen schreibt, überall Müll liegt und die Stadt nichts dagegen unternimmt“, erzählen die beiden genervt. Ihnen ist es wichtig zu betonen, dass sie „ganz normale Geschäftsleute sind.“
Sie stellen klar: „Wir zahlen Steuern und zwar nicht wenig. Wenn wir damit in Verzug sind, bekommen wir sofort Ärger. Aber wenn wir mal das Ordnungsamt rufen oder etwas von der Stadt möchten, reagieren die gar nicht.“ Schon lange stehe dort ein Container mit Schutt. Auch wilde Müllkippen gebe es immer wieder. „B&B“-Betreiber und Übernachtungsgäste schauen zudem auf ein verwildertes Gebäude gegenüber, aus dem mittlerweile sogar Bäume wachsen. Zahlreiche Fenster sind eingeschlagen. Im Eingangsbereich hat sich ein Obdachloser ein Lager eingerichtet. Ein Bauzaun versperrt den Weg. Aber Passanten, die kein Anliegen haben, nutzen die Charlottenstraße ohnehin selten für einen Spaziergang.
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Auf Nachfrage erklärt Stadtsprecher Falko Firlus: „Hinsichtlich des dort abgestellten Containers mit Unrat wird kurzfristig eine Kontrolle des städtischen Außendienstes erfolgen.“ Grundsätzlich sei die Sexsteuer ein „allgemeines Deckungsmittel zur Finanzierung des gesamten städtischen Haushaltes und kann nicht für einen bestimmten Verwendungszweck veranschlagt werden.“ Sie stelle also, im Gegensatz zu den Gebühren, keine Gegenleistung für eine einzeln aufführbare Leistung der Stadt Duisburg dar. „Eine zweckgebundene Verwendung von Steuern ist grundsätzlich nicht zulässig“, so Firlus. Soll heißen: Wer Sexsteuern zahlt, kann nicht damit rechnen, dass von dem Geld auch etwas ins Umfeld an der Charlottenstraße investiert wird.
Silke Kersken, Sprecherin der Wirtschaftsbetriebe, ordnet ein, wie oft in dem Viertel die Straßen gereinigt werden: „Die Charlottenstraße ist in Reinigungsstufe E eingestuft. Das bedeutet, die Straßenreinigung erfolgt zweimal wöchentlich und die Gehwegreinigung einmal wöchentlich durch die Wirtschaftsbetriebe.“ Würden wilde Kippen gemeldet, erfolge die Beseitigung zeitnah. „Die letzte Meldung ging in der vergangenen Woche bei uns ein und die wilde Kippe wurde kurz danach auch beseitigt.“
Bei Booking gibt es noch keine negativen Kommentare zum Umfeld. Gäste empfehlen das Haus weiter und vergeben 9,2 von 10 Punkten.
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Laut Stadt ist die Zahl der konzessionierten Zimmer im Rotlicht-Bezirk nicht zurückgegangen. „An den Konzessionierungen ist im Wesentlichen keine Änderung erkennbar. Von zwei Betrieben ist allerdings bekannt, dass sie unter anderem die besteuerbare Fläche verkleinert haben. Zudem hat ein Bordell auf der Vulkanstraße 2023 seinen Betrieb eingestellt“, sagt Stadtsprecher Falko Firlus.
Aus den Zahlen der Stadt geht hervor, dass Ende Dezember 2022 394 angemeldete Prostituierte mit gültigen Prostitutionsschutzausweisen in Duisburg tätig waren. Aktuell sind 432 Frauen angemeldet. Die Erträge aus der Sexsteuer beliefen sich 2022 auf rund 635.000 Euro und lagen damit höher als im Jahr 2019 vor Corona. Damals nahm die Stadt 605.000 Euro ein. Für 2023 hat die Verwaltung indes mit 720.000 Euro gerechnet. Pro Quadratmeter werden 6,50 Euro Sexsteuer in Duisburg fällig.