Duisburg. Weiterhin nur 7 % Mwst. auf Speisen – viele Oberbürgermeister unterstützen diese Forderung der Gastronomie. Duisburgs OB Link hält sich bedeckt.

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) hat es getan, Essens OB Thomas Kufen (CDU) auch. Aus Duisburgs direkter Nachbarschaft haben sich Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD) sowie dessen Amtskollegen Dr. Stephan Keller (CDU, Düsseldorf), Daniel Schranz (CDU, Oberhausen) und Marc Buchholz (CDU, Mülheim) dazu entschieden. Sie alle unterstützen öffentlich die Forderung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in der Gastronomie erneut zu verlängern. Duisburgs OB Sören Link (SPD) dagegen hat das bislang nicht öffentlich gefordert – zur Enttäuschung der Duisburger Gastronomie.

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Die Große Koalition in Berlin hatte den Mehrwertsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie 2020 von 19 auf sieben Prozent gesenkt, um den von Corona besonders betroffenen Wirten zu helfen. Die Ampel-Parteien hatten die Ausnahmeregelung mehrfach verlängert, zuletzt wegen der Energiepreiskrise bis zum 31. Dezember 2023.

Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie: So kämpft der Dehoga für 7 Prozent

In den nächsten Wochen werden Bundestag und Bundesrat „eine für Restaurants, Wirtshäuser und Cafés existenzielle Entscheidung zu treffen haben“, spitzt der Dehoga-Bundesverband die Ausgangslage zu. Als Stimme des Gastgewerbes kämpfen die Interessenvertreter auf allen Ebenen für die Verlängerung und argumentieren in der Öffentlichkeitsarbeit etwa mit den „7 Wahrheiten zu 7 % Mehrwertsteuer auf Speisen“ (siehe Kasten unten).

Thomas Kolaric ist Geschäftsführer des Dehoga-Ablegers Nordrhein. Der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband habe alle Städte und Kreise in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln angeschrieben und um öffentliche Unterstützung gebeten, um Botschaften an die jeweiligen Bundestagsabgeordneten. Die meisten Verwaltungschefs, Landräte und Wirtschaftsdezernenten reagierten parteiübergreifend mit öffentlichen Appellen für die Beibehaltung der sieben Prozent, mit offenen Briefen an ihre entscheidenden Volksvertreter.

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Der Weseler Kreisrat etwa hat jüngst eine Resolution verabschiedet, die sich auch an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas richtet. Darin heißt es: „Aus unserer Sicht ist die Gastronomie ein wichtiger Faktor für lebendige Innenstädte, Dörfer und den Tourismus. Hier trifft sich die gesamte Bandbreite der Bevölkerung. Eine Erhöhung der Umsatzsteuer von 7 auf 19 % müssten die allermeisten Gastronomen an die Kunden weitergeben, was zu erheblichen Preissteigerungen führen würde. In der ohnehin durch Inflation gekennzeichneten Situation scheint es aus unserer Sicht äußerst zweifelhaft, ob die Kundschaft diese Preissteigerungen noch bezahlen kann oder sie der Gastronomie dann fernbleibt. Dies hätte sehr negative Auswirkungen, da in den Innenstädten, zusätzlich zu verwaisten Ladenlokalen in Folge von verstärktem Internethandel, auch noch Gaststätten schließen müssten.“

OB Daniel Schranz zum Beispiel formuliert in diesem Sinne zur Gastronomie in Oberhausen: „Ihre Unternehmen sind nicht nur ein wichtiger Bestandteil unserer Wirtschaft, sie machen mit ihrem Angebot unsere Stadt attraktiver, gastfreundlicher und insgesamt lebenswerter.“

Duisburgs OB Sören Link (rechts) fordert öffentlich nicht, was sich die Gastronomie wünscht – anders als beispielsweise sein Düsseldorfer Amtskollege Stephan Keller (links).
Duisburgs OB Sören Link (rechts) fordert öffentlich nicht, was sich die Gastronomie wünscht – anders als beispielsweise sein Düsseldorfer Amtskollege Stephan Keller (links). © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Marc Weber: „Ein klares Bekenntnis sieht anders aus“

Sören Link dagegen hält sich mit öffentlicher Unterstützung zurück – auch auf Nachfrage. Eine Antwort auf die Fragen der Redaktion schickt seine Sprecherin Anja Kopka: „Wir haben die Argumente für die Beibehaltung der abgesenkten Mehrwertsteuer durchaus Richtung Berlin artikuliert. Ob sie in Abwägung mit vielen anderen derzeit nötigen und wichtigen Maßnahmen und Projekten verlängert werden kann, muss in Berlin im Rahmen der Haushaltsberatungen entschieden werden.“

Unbeantwortet bleiben diese Fragen an den OB: Sind Sie für oder gegen den Erhalt der sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants? Können Sie Ihre Position zum Thema bitte kurz erläutern?

Marc Weber, Vorsitzender der DEHOGA-Kreisgruppe Duisburg und Inhaber des Webster-Brauhauses am Dellplatz, bewertet die Antwort aus dem Rathaus so: „Ein klares Bekenntnis für eine Branche, die der Stadt Duisburg Tausende Arbeitsplätze, ein Gesicht und Hunderte von sozialen Treffpunkten gibt, sieht anders aus.“

„Für uns ist die fehlende Einlassung der Stadt schlichtweg enttäuschend“

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Die Duisburger Gastronomen wüssten selbst, „dass die endgültige Entscheidung in Berlin getroffen wird und dass sie aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation nicht leichtfertig getroffen werden wird“, so Weber. „Alle Nachbar-Städte und -Kreise Duisburgs“ hätten sich trotzdem „zu ihrer Gastronomie vor Ort öffentlich bekannt – außer Duisburg. Weil sie wissen, dass es für ihre Städte und Gemeinden und deren Entwicklung fatal wäre, wenn die Gastronomie noch weiter unter Druck geriete und es außerdem ungerecht ist, Essen unterschiedlich zu besteuern.“

Webers bitteres Fazit: „Die Gastronomie in Duisburg fühlt sich im Stich gelassen. Für uns ist die fehlende Einlassung der Stadt schlichtweg enttäuschend.“ Im Sommer hatte es bereits ein Treffen von Gastronomen, Wirtschaftsförderung DBI und Oberbürgermeister Link gegeben. Über die Inhalte der Gespräche wollten sich Beteiligte nicht äußern. Schon damals sollen sich die Wirte von OB Link eine eindeutigere Positionierung in der Mehrwertsteuer-Diskussion gewünscht haben (wir berichteten).

Duisburgs SPD-Vorsitzender und Bundestagsabgeordneter Mahmut Özdemir findet es wichtig, mit Blick auf die Haushaltsberatungen im November mit Bedacht zu handeln. Die Mindereinnahmen durch die derzeitige Umsatzsteuersenkung beliefen sich auf 3,3 Milliarden Euro. Das seien Gelder, die an anderer Stelle fehlen würden.

>> ARGUMENTE DES DEHOGA UND DES FINANZMINISTERS

  • Der DEHOGA warnt: „Eine Steuererhöhung zum 1.1.2024 wäre eine Katastrophe für die Betriebe und würde zu einem Preisschock für die Gäste führen.“ Die sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen müssten dauerhaft bleiben, „damit Essen in der Gastronomie bezahlbar bleibt“ und die Branche „ein Job- und Integrationsmotor sein kann – mit fairen Löhnen für alle Beschäftigten“.
  • Es sei „widersprüchlich und wettbewerbsverzerrend, frisch zubereitetes Essen in unseren Restaurants wieder mit 19 % zu besteuern, während auf Essen zum Mitnehmen, im Supermarkt oder bei der Essenslieferung 7 % erhoben werden.“ Deutschland sei eine Ausnahme, in 23 EU-Staaten werde dieser Unterschied bei der Besteuerung nicht gemacht.
  • Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte auf Dehoga-Anfrage, die Bundesregierung sei „in Zeiten der Inflation und hoher Zinsen gefordert, tragfähige Finanzen am Maßstab der verfassungsmäßigen Vorgaben zu sichern. Damit bleiben wir auch in Zukunft handlungsfähig. Nichtsdestotrotz habe ich in den vergangenen Wochen aus Überzeugung betont, dass ich Sympathie für eine Verlängerung oder gar Entfristung der Maßnahme habe.“ Darüber werde „jedoch erst im Rahmen der weiteren Beratungen über den Bundeshaushalt 2024, spätestens aber im Lichte der Steuerschätzung Ende Oktober zu entscheiden sein“.