Duisburg-Hochfeld. Wie entwickelt sich Duisburg-Hochfeld? Seit einem Jahr gibt es neue Stadtteilmanager. Sie berichten Positives, aber auch von harter Realität.
Bis 2029 soll sich in Duisburg-Hochfeld einiges tun: Der Stadtteil soll sich mit zahlreichen Bauprojekten auf die Internationale Gartenausstellung (IGA) im Jahr 2027 vorbereiten. Fördergelder in Höhe von 65,3 Millionen Euro werden nach Hochfeld fließen. Im vergangenen Jahr hat ein neues Stadtteilteam seine Arbeit aufgenommen – zuvor war die Entwicklungsgesellschaft Duisburg vor Ort und hat die bisherigen (Umbau-)Arbeiten begleitet. Im Gespräch lassen die Stadtteilmanager Liberto Balaguer, Lissa Peters, Lisa Jacoby und Laila Binkenstein ihre Eindrücke der vergangenen Monate Revue passieren. Die Sozialarbeiter und Stadtplaner berichten von einigen positiven Momentaufnahmen, bekamen aber auch Einblicke in harte Lebensrealitäten. So viel steht fest: Der Umstrukturierungsprozess wird sich in Hochfeld noch lange hinziehen.
Die Hoffnung auf Verbesserungen gibt es schon seit vielen Jahren in Hochfeld. Wie waren die ersten Monate?
Peters: Die ersten Wochen und Monate standen ganz im Zeichen des Ankommens und sich Vernetzens. Wir stehen in Kontakt mit zahlreichen anderen Trägern, Vereinen, aber auch Politikern, die vor Ort sind und hier arbeiten.
Balaguer: Mich hat die Offenheit der Menschen überrascht. Nehmen wir zum Beispiel die Geschäftsleute von der Wanheimer Straße. Wenn wir dort vorbei gegangen sind und gefragt haben, ob wir beispielhaft ein Plakat für eine Veranstaltung aufhängen dürfen, dann war das nie ein Problem. Der eine oder andere hat sogar gesagt: Gib mir noch ein zweites, ich kenn noch jemanden, der es auch aufhängen kann.
Mehr als 70 Organisationen und Vereine gehören zu den Akteuren in Duisburg-Hochfeld
Jacoby: Wir haben eine Akteurskarte für den Stadtteil erstellt und sind auf mehr als 70 Akteure gekommen. Dass es so viele sind, hat uns überrascht. Zudem koordinieren wir als Stadtteilbüro das Forum „Leben in Hochfeld“, bei dem wir uns mit anderen Aktiven und Anwohnern treffen und verschiedene Themen besprechen.
Was sind das für Themen?
Jacoby: Wir besprechen aktuelle Themen aus dem Stadtteil wie die IGA, die Umgestaltung und Bespielung des Hochfelder Marktes oder die Sicherheit und Ordnung in Hochfeld.
Peters: Wobei man sagen muss, dass wir bei einigen Sachen auch an unsere Grenzen kommen. Wir sind angedockt an das Amt für Stadtentwicklung und haben deshalb viele planerische Themen im Blick und begleiten diese Prozesse. Wenn es um Sachen geht, die das Ordnungsamt oder die Polizei lösen müssen, kann man dies aber auch dort ansprechen.
Binkenstein: Neben dem Forum haben sich weitere Arbeitsgruppen gegründet, die sich häufiger treffen. So plant eine Gruppe voraussichtlich für Herbst einen Markt der Möglichkeiten, bei dem die Einrichtungen vorstellen, was sie alles im Stadtteil anbieten. Eine weitere Arbeitsgruppe überlegt, wie Hochfeld grüner werden kann.
Ist das nicht auch das Ziel der IGA und der Umgestaltung des Grünen Rings?
Jacoby: Ja, aber es geht ja nicht nur um Projekte, die in der Zukunft liegen, sondern wie man im Kleinen in Hochfeld jetzt schon gärtnern kann, damit es schöner wird, sich die Lebensqualität verbessert und sich die Hochfelder langfristig auf die IGA freuen.
Verfügungsfonds fördert Projekte in Hochfeld – es gibt aber auch Kritik an den Formalien
Apropos kleine Projekte. Sie verwalten den sogenannten Verfügungsfonds, mit dem Bürger oder Vereine Zuschüsse bekommen und Ideen umsetzen können. Im vergangenen Jahr gab es allerdings Kritik, dass das Prozedere ziemlich kompliziert ist.
Balaguer:Es stimmt, dass die Antragsformalitäten an der einen oder anderen Stelle aufwendiger geworden sind und wir deshalb am Anfang vielleicht nicht ganz so viele Einreichungen hatten. Mittlerweile sind für dieses Jahr bereits 71.000 Euro verplant. Im vergangenen Jahr haben wir etwa ein Podcast-Projekt von Jugendlichen der Globus-Gesamtschule unterstützt. In einem anderen Fall ist es ein Tanzmobil, das regelmäßig auf dem Hochfelder Markt hält und dort Angebote für Kinder und Jugendliche macht. Das war ein großer Wunsch der Hochfelder, dass der Markt belebt wird.
Die Antragsteller für Bürgerprojekte müssen nicht immer aus Hochfeld kommen, aber ihren Fokus auf den Stadtteil richten. Eigentlich ist jetzt schon absehbar, dass das geplante Geld in diesem Jahr nicht für alle Anträge ausreichen wird, aber wir finden da sicherlich eine Lösung.
Wer entscheidet, was gefördert wird?
Balaguer: Wenn alle Formalien erfüllt sind, gibt es einen Beirat, der über die Anträge berät.
Eines der sichtbaren Zeichen, dass sich in Hochfeld etwas verändern soll, ist die Wiedereröffnung des Marktplatzes.
Peters: Ja, der hat uns in den vergangenen Monaten beschäftigt. Um sichtbar zu machen, was dort vor Ort passiert, haben wir als Stadtteilbüro mit den Kindern der Grundschule Hochfelder Markt Banner gestaltet und zusammen mit Akteuren ein kleines Programm für die Nichtmarkttage entwickelt. So kommt nun das Spiel- und Tanzmobil sowie der Bücherbus ein Mal wöchentlich auf den Markt. Zeitnah folgt noch eine temporäre Markierung einer Verkehrsübungsfläche auf dem roten Teppich.
Jacoby: Erst vor Kurzem gab es eine Online-Beteiligung, bei der Kinder und Jugendliche ihre Wünsche für die Umgestaltung des Kultushafens äußern konnten. Wir haben die knapp 300 Ideen dann aufbereitet und an die Stadt weitergeleitet.
Liberto Balaguer: „Es gibt in Hochfeld Zustände, die schon kriminell zu nennen sind“
Gerade mit Blick auf die Veränderungen im Rheinpark und das geplante Quartier Rheinort fürchtet sich der eine oder andere vor der Gentrifizierung des Stadtteils.
Balaguer: Diese Befürchtungen gibt es, aber Investitionen und Hoffnungen, dass sich etwas verändert, gibt es schon seit Jahren. Ich gehe nicht davon aus, dass der Stadtteil sich in den nächsten Jahren komplett gentrifiziert. Im Gegenteil: Es gibt hier Zustände, die schon kriminell zu nennen sind.
Wovon sprechen Sie?
Balaguer: Bulgarische und rumänische EU-Zuwanderer, die nach Hochfeld kommen, wird Arbeit und Wohnung versprochen. Oftmals finden sie sich mit vielen anderen in einer überbelegten Wohnung wieder. Sie werden unter Druck gesetzt, ihre Reisepässe abzugeben und sind dann völlig abhängig von Vermietern oder Arbeitgebern. Auch die Plätze, wo sich die Menschen tageweise für Jobs anheuern lassen, gibt es weiterhin.
Gibt es eigentlich sprachliche Barrieren, wenn Sie auf die Menschen zugehen?
Jacoby: Es gibt immer Möglichkeiten, sich zu verständigen. Wir versuchen es immer erst selbst, können uns aber Unterstützung von Mitarbeitern beim Kommunalen Integrationszentrum oder anderen Trägern dazu holen, die dann beim Übersetzen helfen.
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Wie geht es nun weiter?
Balaguer: Eines der zentralen Projekte für Investitionen im Stadtteil wird das Haus- und Hofflächenprojekt sein. Eigentümer, die in ihre Immobilie investieren wollen, können Anträge auf Zuschüsse stellen.
Peters: Damit soll sich das Erscheinungsbild von Hochfeld langfristig positiv verändern und zugleich zum Beispiel durch Hofumgestaltungen der Wohnwert für die Mieter gesteigert werden. Unser Vertrag ist für zwei Jahre angelegt, aber wir gehen stark davon aus, dass er verlängert wird. Bis 2029 werden eine Reihe von Maßnahmen aus dem Integrierten Handlungskonzept vorbereitet und umgesetzt. Wir sind dafür zuständig, dass die Bürger informiert und beteiligt werden.
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Wie bemessen Sie den Erfolg Ihrer Arbeit?
Balaguer: Langfristig geht es darum, Strukturen zu schaffen, die sich selbst tragen und auch über die IGA und die Zeit hinaus wirksam sind, wenn es das Stadtteilbüro nicht mehr gibt. Das kann aber noch Jahre dauern.
>> Öffnungszeiten des Stadtteilbüros
Das Stadtteilbüro an der Heerstraße 109 ist montags bis donnerstags in der Zeit von 10 bis 16 Uhr besetzt. Telefonisch ist das Büro unter der Rufnummer 0203 46 80 85 05 erreichbar.