Duisburg. Armut, Müll und Schrottimmobilien: Der Städtische Außendienst ist täglich in Hochfeld unterwegs. Womit die Einsatzkräfte hier konfrontiert sind.

Armut, Müll und Schrottimmobilien – Hochfeld ist als sozialer Brennpunkt deutschlandweit bekannt. Für die Mitarbeiter des Städtischen Außendienstes (SAD) bringt die tägliche Arbeit vor Ort besondere Herausforderungen. Doch wie sieht ihr Alltag im Stadtteil aus? Wir haben eine Streife begleitet.

Um 11 Uhr an einem Sommervormittag am Brückenplatz: Die Straßenbahn 903 fährt vorbei, viele Menschen sind unterwegs. Die SAD-Kräfte Jasmin (33) und Lukas (24) sind mitten in ihrer Frühschicht. Sie stellen ihren Einsatzwagen ab, steigen aus und starten ihren Streifengang. „Zu Fuß sind wir für die Menschen einfach direkter ansprechbar“, sagen sie. Die 33-Jährige räumt direkt mit einem Vorurteil auf: „Unsere Hauptaufgabe ist es nicht, Strafen zu verteilen. Wir sind für die Bürger da.“ Aber natürlich liege es auch an ihnen zu überprüfen, ob deutschlandweite sowie stadtspezifische Regeln eingehalten werden.

Und da gerät Hochfeld häufiger in die Negativschlagzeilen. Dann geht es um wilde Müllkippen und Häuser, die für unbewohnbar erklärt werden. Regelmäßig ist das Bürger- und Ordnungsamt hier bei Schwerpunktaktionen unter dem Titel „Null Toleranz“ unterwegs. Anfang Juni stellten die Einsatzkräfte dabei innerhalb einer Woche 29 der wilden Müllkippen fest. In vielen Fällen konnten die Rechnungen für die Entsorgung den Verursachern übergeben werden.

Mit dem SAD in Duisburg-Hochfeld: Das erleben die Einsatzkräfte

Die heutige Streife ist dagegen Routine. Die beiden kennen das Viertel und steuern deshalb zunächst die Grünanlage am Immendal-Eck und den Blücherpark an. „Hier kommen an den Sommerabenden viele Menschen zusammen. Wir prüfen, wie die Müllsituation ist“, erklärt der 24-Jährige.

Nach wenigen Metern spricht ein Mann sie an. Er hat eine Frage zu einem Aufbau an seinem Wagen. Die beiden Einsatzkräfte nehmen sich Zeit für das Gespräch – auch wenn es eigentlich gar nicht um ihr Fachgebiet geht. Kurz darauf zückt Lukas sein dienstliches Smartphone. Der Streife ist ein Mercedes aus Bulgarien aufgefallen, bei dem auf der grünen Umweltplakette kein Kennzeichen eingetragen ist.

Den Verstoß nimmt der Stadtmitarbeiter über sein Diensthandy auf, fügt direkt ein Foto an und schickt es über eine App an die Leitstelle. Handy statt Zettel – so arbeitet der SAD seit dem Jahr 2020. „Die Schreibtischarbeit wird dadurch deutlich minimiert. Aufträge werden schnell und sauber abgearbeitet. Die Einsatzkräfte können mehr Zeit auf der Straße und beim Bürger verbringen“, fasst Leiter Thorsten Bleckmann die Vorteile zusammen.

Männer, die vor einem Café sitzen, beobachten das Team bei der Arbeit. Am gegenüberliegenden Haus werden Rollläden hochgezogen. Ein Mann spricht Jasmin und Lukas an. „Das Auto ist von meinem Bruder. Was ist damit?“, fragt er. Die SAD-Kräfte klären auf. 55 Euro Strafe wird der Halter zahlen müssen. Alles bleibt ruhig und unaufgeregt. „So soll es sein“, sagt Jasmin.

Müllproblem in Hochfeld fällt bei Rundgang auf – aber keine wilden Müllkippen

Es geht allerdings auch anders: 22 Übergriffe auf Einsatzkräfte des Außendienstes hat die Stadt im Jahr 2022 zur Anzeige gebracht. Weil die Zahl der Angriffe über die Jahre zugenommen hat, hat die Stadtverwaltung die Kräfte mit Bodycams ausgestattet. „Die wirken. Häufig reicht schon die Ansage, dass die Kamera eingeschaltet werden könnte“, berichtet die 33-Jährige.

Im Blücherpark machen die Einsatzkräfte Fotos von der aktuellen Situation.
Im Blücherpark machen die Einsatzkräfte Fotos von der aktuellen Situation. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Einen Übergriff hat Lukas bereits am eigenen Leib erfahren. Mitten in der Corona-Pandemie griff ihn ein Maskenverweigerer an einer Straßenbahn-Haltestelle in Marxloh an. „Corona war eine herausfordernde und komplizierte Zeit“, sagt der 24-Jährige. Es gab Regeln, die sich ständig änderten, und eine große Anspannung bei den Menschen.

An diesem Vormittag zeigt sich ein anderes Bild: Väter und Mütter sind mit ihren Kindern auf dem Heimweg von der Schule. In den Parks ist es noch ruhig. Jasmin nimmt auf ihrem Smartphone einen Dauerauftrag an und fügt dort ein Foto vom Blücherpark ein. Hier und da liegen Dosen und Essensverpackungen rum. „Das räumen die Wirtschaftsbetriebe auf ihren regulären Runden ab. Wir müssen Fingerspitzengefühl dabei zeigen, was wir melden und was nicht“, erklärt ihr Partner Lukas. Bei verderblichen Lebensmitteln gebe es zum Beispiel kein Zögern. Erfolgt die Meldung an die Leitstelle, rücken die Wirtschaftsbetriebe kurzfristig aus.

Lukas und Jasmin berichten: Der Mitteldienst und auch der Spätdienst werde im Laufe des Tage ebenfalls noch in dem Park nach dem Rechten sehen. Auf der angrenzenden Blücherstraße kommt der SAD-Streife ein Müllwagen entgegen. „Hier war heute Morgen noch alles vermüllt. Das Problem hier ist bekannt“, erläutert Lukas.

SAD-Kräfte strahlen Ruhe aus

Aber: Innerhalb einer Stunde bleibt es diesmal bei drei Ordnungswidrigkeitenanzeigen. Sie alle betreffen die grünen Umweltplaketten an Autos. Keine Wilde Müllkippe; niemand, der eine Zigarette unachtsam auf den Boden wirft, keine unangeleinten Hunde – und auch keine schwänzenden Kinder, die ihren Schulen zugeführt werden müssten. Das wäre nach entsprechender Vorgeschichte auch eine Aufgabe für den Städtischen Außendienst.

Lukas und Jasmin kennen den Stadtteil und seine Probleme.
Lukas und Jasmin kennen den Stadtteil und seine Probleme. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Was bei Lukas und Jasmin auffällt: Die beiden grüßen alle Passanten, denen sie im Viertel begegnen, rufen auch ein „Hallo“ in den Gemüseladen hinein. Vieles ist in diesem Teil Hochfelds anders: An einigen Mehrfamilienhäusern sind nur wenige Klingelschilder beschriftet, manches Wohnhaus steht sogar komplett leer. Es gibt viele Menschen, die kein Deutsch sprechen. Jasmin und Lukas begegnen dem mit einer großen Ruhe. Das Team ist überzeugt: „Wir wissen nie, was uns erwartet. Aber egal was kommt: Hektik hilft in unserem Beruf nie.“

  • Anmerkung der Redaktion: Im Vorfeld wurde abgesprochen, den Nachnamen der Einsatzkräfte nicht zu nennen.