Duisburg. „Die Künstliche Intelligenz hat versagt“, so ein Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe Duisburg zum großen Müllärger. Was sein Arbeitgeber sagt.
Die Neueinteilung der Reviere für die Restmülltonne mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) hat stadtweit für großen Ärger gesorgt. Zahlreiche Duisburger haben sich seit dem Start zum 13. März bei den Wirtschaftsbetrieben Duisburg (WBD) massiv beschwert, weil plötzlich gar nicht mehr oder viel zu spät geleert wurde (wir berichteten).
Die Umstellung hat teilweise auch zu neuen Abfuhrterminen und zu weiteren Problemen geführt. Den Ärger der Bürger haben oft die Lader und Fahrer abgekommen, sagt ein Mitarbeiter, der anonym bleiben will, gegenüber der Redaktion. Er redet Klartext und betont: „Es sind nicht wir, die schuld an der Misere sind. Die KI hat auf ganzer Linie versagt.“
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Doch der Reihe nach: Gegen Ende des vergangenen Jahres habe die WBD-Führungsetage die Müllkolonnen zusammengetrommelt und mit dem Vorwurf konfrontiert, dass einige nicht genügend mit Arbeit ausgelastet seien. Eine externe Firma sei beauftragt worden, um die Revierplanung zu optimieren – mit Künstlicher Intelligenz.
Müllärger in Duisburg: „Die KI hat auf ganzer Linie versagt“
„Wir haben die neue Planung erst einmal abgewartet, aber dann schon einige Wochen nach dem Start festgestellt, dass es so nicht laufen kann“, so der Mitarbeiter. Es seien einheitliche Maßstäbe für alle Reviere angelegt worden, ohne die individuellen Unterschiede zu berücksichtigen.
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„Da geht es zum Beispiel um den Verkehr, um Engstellen und auch darum, dass es in einigen Problembezirken schwerere, oft überfüllte Tonnen als in anderen Stadtteilen gibt“, sagt er. So müssten Behälter auch deshalb stehen bleiben, weil Müllwagen viel früher als geplant voll seien.
Die Wirtschaftsbetriebe hatten sich nach der Kritik vieler Bürger zwar entschuldigt, Verbesserungen angekündigt, aber andere Gründe für die Probleme ausgemacht. Eine Neuplanung sei sehr komplex, einige Reviere seien zu groß gestaltet worden, hieß es. Außerdem hätten einige Müllkolonnen mit neuen Zuordnungen zu kämpfen. Dass in diesem Zusammenhang auch von menschlichen Fehlern die Rede war, hat den Mitarbeiter besonders geärgert.
Mitarbeiter beklagt viele Überstunden
„Natürlich muss man in solchen Fällen die Reviere erst einmal kennen lernen, aber das ist doch nicht das Hauptproblem“, sagt er. „Tatsache ist: Vor der Umstellung haben die Reviere gepasst, danach nicht mehr.“ Ein Drittel der Müllkolonnen hatten nach seinen Angaben anfangs mit verschiedensten Widrigkeiten zu kämpfen und dadurch teils schnell viele Überstunden angesammelt. Nun habe es einzelne Verbesserungen gegeben. Es sei aber grundsätzlich ein Fehler gewesen, ein externes Unternehmen mit der Neuplanung der Reviere zu beauftragen – und dann auch noch mit Künstlicher Intelligenz.
Er verstehe nicht, warum die Führungsverantwortlichen bei den Wirtschaftsbetrieben „diesen Fehler nicht einfach zugeben und wieder alles auf Anfang setzen“. Die ungleiche Arbeitsauslastung von Müllkolonnen möchte er gar nicht wegdiskutieren. „Aber diese Probleme sind seit Jahren bekannt und hätten durch die Wirtschaftsbetriebe selbst gelöst werden können“, stellt der Mitarbeiter klar. „Stattdessen wird jetzt auf Biegen und Brechen mit wilden Umstellungen versucht, die Neuplanung irgendwie zu retten.“
Wirtschaftsbetriebe wehren sich gegen die Vorwürfe
Silke Kerken, Sprecherin der Wirtschaftsbetriebe, hat auf Nachfrage der Redaktion zu den einzelnen Aussagen und Vorwürfen Stellung bezogen. So sei die Belegschaft der Restmüllentsorgung Ende 2022 zu einer Info-Veranstaltung eingeladen worden, „um sie frühzeitig miteinzubinden, dass Anfang 2023 eine Revierumstellung vorgesehen ist“, so Kersken.
Die letzte dieser Art habe es 2011 gegeben. „Es werden zwar sukzessive ständig kleine Anpassungen zum Beispiel aufgrund von größeren oder kleineren Behältern vorgenommen, aber durch punktuelle Ortsteilveränderungen wie Neubaugebiete gab es dennoch ein Ungleichgewicht in den einzelnen Revieren“, erklärt die WBD-Sprecherin. Dies sei nun mit der Neuplanung geändert worden. Es gebe eine gleichberechtigte Leistungsverteilung.
Auch die Aussage des Mitarbeiters, dass durch die KI einheitliche Maßstäbe für alle Reviere angelegt worden seien, ohne die individuellen Unterschiede in den Stadtteilen zu berücksichtigen, sei nicht korrekt. Bei einer Neuplanung gebe es bestimmte Kriterien, um die Größe eines Reviers und die Auslastung einer Kolonne festzulegen. So werde zum Beispiel der Standplatz des Behälters – steht er im Keller oder am Straßenrand? – bewertet, die Zahl der zu leerenden Tonnen oder die Wege, die gelaufen werden müssen.
„Müllfahrzeuge sind nicht früher als geplant ausgelastet“
Der fließende und ruhende Verkehr sei keine feste Größe in der Berechnung, weil er sich ständig ändere. „Und da sich das gesamte Abfallvolumen nicht verändert hat, sondern lediglich anders verteilt ist, sind unsere Abfallsammelfahrzeuge auch nicht früher als geplant ausgelastet“, so Kersken.
Dass die Wirtschaftsbetriebe eine neue Technologie wie KI bei der Revierumstellung eingesetzt haben, sei weiter eine richtige Entscheidung gewesen und eine Nachbesserung durch den Menschen mit Blick auf das Zusammenspiel der Kolonnen und die Tourenplanung normal. „Alle Gegebenheiten, die im Tagesgeschäft auffallen und im Vorfeld nicht berücksichtigt wurden, werden nun in Abstimmung mit den betroffenen Beschäftigten abgesprochen und umgesetzt“, betont die WBD-Sprecherin.
Weitere Verbesserungen angekündigt
Jetzt wieder alles auf Anfang zu setzen, sei keine Lösung – „zumal wir eine Überplanung der Touren nach über zehn Jahren nicht als Fehler, sondern als notwendigen und unumgänglichen Prozess ansehen“, betont die WBD-Sprecherin. „Auch wenn noch einige Verbesserungen vorgenommen werden müssen, sind wir überzeugt, die Revierneuplanung demnächst abzuschließen.“
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Bei der Frage, was bisher konkret verändert worden ist beziehungsweise noch verbessert wird, bleiben die Wirtschaftsbetriebe vage. Es seien aber zum Beispiel „Gegebenheiten aufgefallen, die dazu geführt haben, dass Leerungstage erneut geändert wurden“, so Kersken.
Klar ist: Bei den Nachbesserungen werde keine Künstliche Intelligenz eingesetzt, „da es sich dabei im Vergleich zu der ganzheitlichen Neuplanung eher um kleine, lokale Anpassungen einzelner Reviere handelt“, sagt die WBD-Sprecherin. Und sie betont: „Unser Fahr- und Ladepersonal leistet grundsätzlich gute Arbeit – besonders jetzt, da durch die Revierneuplanung noch nicht alles rund läuft.“