Duisburg-Dellviertel. Das St.-Vincenz-Hospital am Duisburger Dellplatz verkommt immer mehr zum Lost Place. Anwohner werden ungeduldig: Wann gehen die Bauarbeiten los?
Seit 2017 steht es leer, gammelt vor sich hin: Das frühere St.-Vincenz-Hospital an der Papendelle 6 ist schon lange kein schöner Anblick mehr. Nachdem nun auch noch der Dachstuhl des ehemaligen Krankenhauses gebrannt hat, machen sich viele Duisburger ernsthafte Sorgen um das traditionsreiche Gebäude.
Denn seit Jahren herrscht am Dellplatz Stillstand, und so mancher wird langsam ungeduldig. „Das verkommt hier alles“, kritisiert eine Frau, die mit ihrem Hund in der Gegend spazieren geht. Eine andere hat am Krankenhaus geparkt, um mit ihrem Vater in der Stadt einkaufen zu gehen. „Es ist wirklich so schade, die tollen alten Gebäude“, findet sie. „Man hat den Eindruck, man lässt es einfach so lange stehen, bis es komplett abgerissen werden muss.“
Früheres St.-Vincenz-Hospital Duisburg: Gebäude ist denkmalgeschützt
„Komplett abgerissen“ wird an der Papendelle freilich nichts – der ehemalige Krankenhauskomplex, Baujahr 1860, in dem schon vor mehr als 100 Jahren der Schriftsteller Erich-Maria Remarque („Im Westen nichts Neues“) behandelt wurde, steht unter Denkmalschutz. Der „mehrflügelige, grau geschlämmte Backsteinbau in neogotischer Formensprache“ ist „stadtbildprägend im Zentrum der ab 1850 geplanten Duisburger Neustadt gelegen“ und deswegen schützenswert, heißt es im Eintrag der Denkmalliste.
Nicht so das ehemalige Schwesternwohnheim. Dieses soll tatsächlich bald weichen, um Platz für Neues zu schaffen. Das jedenfalls wiederholt Andrej Pomtow, Mitglied im Vorstand der Fokus Development AG, fast gebetsmühlenartig. Er verspricht: Die Aufträge für die Abrissarbeiten für den ersten Bauabschnitt seien inzwischen vergeben.
Daran ändert auch das Feuer nichts, das Ende Mai im Dach des leerstehenden Hospitals ausgebrochen war. Auf das Bebauungskonzept und die Projektpläne habe der Brand keine Auswirkungen, erklärt Pomtow. Die Stadt ergänzt: „Die Untere Denkmalbehörde hat bereits Kontakt zum Eigentümer aufgenommen und eine Dokumentation der Schäden angefordert. Da das Gebäude erhalten bleiben soll, müssen vom Eigentümer nun kurzfristig Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden, um zum Beispiel eindringende Feuchtigkeit zu vermeiden oder den Zugang ins Gebäude zu verhindern.“
Gegen Kriminelle ist Gebäude nur schwer zu sichern
Aber wie können Unbefugte nachhaltig vom Betreten des historischen Baus abgehalten werden? Fokus Development versucht, das Gebäude mit Stahlblechen, Bauzäunen und anderen Absperrungen abzuriegeln. Zudem gehe ein Wachdienst regelmäßig Streife, erklärt Pomtow. Dennoch registriere man immer wieder Einbrüche durch Metalldiebe. „Gegen diese kriminelle Energie ist das Gebäude schwerlich zu sichern.“
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Tatsächlich scheinen sich auch Obdachlose und andere Unbefugte Zutritt zu der stillgelegten Klinik zu verschaffen. Auch der Brand im Dachstuhl soll entstanden sein, weil „eine unbefugte Person“ dort mit Feuer hantiert habe, mutmaßt die Kriminalpolizei. Ein Anwohner will zuletzt immer wieder spielende Kinder auf dem Gelände und in der alten Klinik gesehen haben.
„Alles verrammelt, die Fensterscheiben eingeworfen und überall Müll“
Doch nicht nur die illegalen Besucher machen den Menschen vor Ort zu schaffen. Ein weiteres Problem sei der Unrat, der auf dem gesamten Gelände herumliege, klagt die Nachbarschaft. „Sehen Sie sich doch mal an, wie das hier aussieht: alles verrammelt, die Fensterscheiben eingeworfen und überall Müll“, kritisiert ein Mann, der an der Goldstraße wohnt.
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Dabei ärgert die Anwohner auch der Zustand des ehemaligen Mitarbeiter-Parkplatzes direkt gegenüber des Krankenhauses. „Es ist eine Schande“, schreibt Editha Bongartz in einem Leserbrief an die Redaktion. Der Parkplatz befinde sich „in einem völlig verwahrlosten Zustand“. „Man traut sich im Dunklen schon gar nicht mehr, dort vorbeizugehen.“
Andrej Pomtow kennt die Probleme. Immer wieder sei man ausgerückt, um den Parkplatz zu säubern, habe Dreck und sogar Autowracks entfernt, beschreibt der COO von Fokus Development. „Aber eigentlich ist der Deal: Die Leute können dort kostenlos parken und sollen dafür ihren Müll mitnehmen!“
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Doch das Konzept geht offenbar nicht auf. Die eigenen Hinterlassenschaften räumt hier kaum einer weg – im Gegenteil: Auf dem Grundstück stehen abgemeldete Pkw, Säcke voller Müll und alte Autoreifen, die hier illegal entsorgt wurden. „Die Entwicklungsgesellschaft sollte endlich mal ihrer Pflicht nachkommen und dafür Sorge tragen, dass das Gebäude sowie das Umfeld nicht völlig verrotten“, fordert Editha Bongartz.
Schadet der Zustand der Gebäude dem Ansehen der Stadt?
Ein Mann, der auf dem Weg zum kommunalen Kino Filmforum ist, sieht das ähnlich. „Am Ende ist das auch schlecht für Duisburg. Schließlich sind wir hier direkt am Dellplatz, wo ja auch viele Besucher hinkommen.“
Schadet das Areal dem Ansehen der Stadt? Stadtsprecher Jörn Esser hält sich mit einer Antwort zurück, verweist an den Eigentümer des Geländes. Dessen Antwort ist deutlich: „Dem Eindruck, den das Gebäude in seinem aktuellen Zustand auf den Betrachter hinterlässt, werden Sie erst dann wieder etwas entgegnen können, sobald die Baumaßnahmen beginnen.“
St.-Vincenz-Hospital in Duisburg: Was ist auf dem Gelände geplant?
- Die Duisburger Fokus Development AG, die an der Steinschen Gasse für die Stadtbibliothek und VHS das „Stadtfenster“ errichtet hat und nun die „Torhäuser“ realisiert, möchte auf dem insgesamt rund 15.500 Quadratmetern großen Krankenhaus-Gelände 350 Miet- und Eigentumswohnungen bauen.
- In drei Bauabschnitten soll das neue „St. Vincenz-Quartier“ entstehen, das bereits 2019 auf der Immobilienmesse Expo Real vorgestellt wurde. 2020 hätte mit ersten Abrissarbeiten begonnen werden sollen. Doch bisher hat sich nichts getan.
- Das St. Vincenz-Hospital liegt in Sichtweite des Dellplatzes. Die Klinik wurde 2017 geschlossen, gehörte zuletzt zum Helios-Konzern.
St. Barbara in Neumühl: Anderes Viertel, ähnliche Probleme
- Nicht nur Nachbarinnen und Nachbarn am Dellplatz werden auf eine Geduldsprobe gestellt. Auch die Anwohner des geplanten Neumühl-Quartiers rund um St. Barbara befinden sich im Wartemodus: Seit Jahren werden sie hinsichtlich des Baustarts immer wieder vertröstet.
- In der Zwischenzeit brannte es mehrfach an der ehemaligen Klinik, die regelmäßig von Randalierern heimgesucht wurde.