Vierlinden: Feuchtes Land wurde Bauplatz für Arbeiterhäuser
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Duisburg. Vierlinden war lange namenlos. Wie der Walsumer Stadtteil seinen Namen und Tausende Wohnungen erhielt. Mit 32 historischen Fotos aus dem Archiv.
Über Jahrhunderte ist das Gebiet des heutigen Duisburger Stadtteils Vierlinden namenlos gewesen, war zwischen Overbruch und Aldenrade aufgeteilt. Nur vereinzelte Bauernhöfe hat es dort gegeben, denn die Bäche und Rinnsale, die es durchzogen, machten Ackerbau unmöglich. Erst als Platz für die Wohnungen der Industriearbeiter in den Nachbarorten und ihre Familien benötigt wurde, lohnte es sich, das Land trockenzulegen.
Vierlinden bekam klare Grenzen, als Walsum 1975 zu Duisburg kam
1938 tauchte der Ortsname erstmals im Stadtplan auf. Erst seitdem Walsum zu Duisburg gehört, seit 1975, ist der Ortsteil klar umgrenzt: das Gebiet zwischen der Herzogstraße (Südseite) im Norden, der Stadtgrenze zu Dinslaken im Osten, dem Driesenbusch im Süden und der Walsumbahn im Westen.
Bauernhöfe, deren Namen überliefert sind, haben auffällig oft in Randlage gestanden: der Scholte-Rahm-Hof (schon im 14. Jahrhundert erwähnt), ursprünglich ein Gut des Landesherrn, des Grafen von Kleve, ebenso wie Haus Watereck (1492 erstmals erwähnt) und der Ochtropshof, ferner der noch Mitte des 19. Jahrhunderts verzeichnete Krüsmannhof nahe der heutigen Autobahn-Auffahrt Dinslaken-Hiesfeld.
Seinen Namen hat der Ortsteil vom Feldmannshof. Der lag an der heutigen Stauffenbergstraße. Als 1819 davor vier Linden gepflanzt wurden, hieß er fortan Vierlindenhof. 2012 ist das Bauernhaus von 1815 abgebrannt.
Von den drei wichtigen Nord-Süd-Verbindungen ist die Römerstraße die älteste. Sie wurde schon 1397 angelegt. Die Friedrich-Ebert-Straße heißt seit 1955 so, taucht in Karten aber schon um 1800 auf. Die Oswaldstraße schließlich ist erst seit 1970 mit Am Driesenbusch verbunden.
Ziegeleien, aber keine große Industrieanlagen
Vorboten des Industriezeitalters waren um 1900 Ziegeleien, so eine westlich des 1974 eröffneten Allwetterbades, eine nahe der Bahnhofstraße, an der Zufahrt zum Franz-Lenze-Platz, und eine an der Römerstraße in Höhe der heutigen Straße Ochtropshof. Die großen Industrien sind alle in der Nachbarschaft entstanden: ein Walzwerk in Dinslaken, das Bergwerk Walsum, Thyssen in Hamborn und die Zeche in Wehofen.
Ab 1900 verkehrte die elektrische Straßenbahn zwischen Hamborn und Dinslaken. Dinslaken war immer wichtig, seit dem Mittelalter als Gerichtsort, im 19. Jahrhundert als Sitz der Landbürgermeisterei, bis 1975 als Kreisstadt.
Emscher-Verlegung: Bäche kamen unter die Erde
Als die Emscher 1906 bis 1910 ein erstes Mal und zwischen 1938 und 1949 ein zweites Mal verlegt wurde, wurde es möglich, die Bäche in Vierlinden unter die Erde zu verlegen, den Brusbach zum Beispiel. Und als dann noch 1912, bei der Eröffnung der Eisenbahnstrecke von Oberhausen nach Wesel, der Bahnhof Walsum am Ende der heutigen Bahnhofstraße zu liegen kam, bot es sich an, dort auch Wohnhäuser zu bauen.
Den Anfang machte noch vor 1918 Thyssen mit Arbeiterwohnungen Im Rott für sein Walzwerk in Dinslaken. Bis in die 1970er Jahre fand von da an eine rege Bautätigkeit statt, die nur im Zweiten Weltkrieg unterbrochen war. Stellvertretend seien genannt die Siedlung Vierlindenhof (für Thyssen Dinslaken) ab 1921, die städtischen Häuser Am Freudenberg/Vennbruchstraße 1923/24, Volkswohnungen für das Bergwerk Walsum im Bereich Elisabethstraße/Leostraße/Vennbruchstraße und Kirchweg ab 1939, Notwohnungen an der Oswaldstraße ab 1945, Häuser für den Hamborner Bergbau nördlich der Holtener Straße ab 1953, ferner für Thyssen und den Hamborner Bergbau 1970 Häuser in zweiter Generation Am Driesenbusch/Am Finkenplatz/Im Rott. Vereinzelt sind auch Eigenheime entstanden.
Den Wohnungen folgten Kirchen und Schulen. Die Katholiken gehörten zur Kirche in Alt-Walsum, bis 1928 an der Elisabethstraße eine Notkirche entstand, die es bis heute gibt. Von 1952 bis 2005 gab es eine eigenständige Pfarrei. Die Evangelischen waren nach Holten, Dinslaken oder (ab 1904) nach Aldenrade orientiert, hatten aber ab 1947 einen eigenen Pfarrer für Vierlinden. Sie bekamen 1953 am Franz-Lenze-Platz ein Gemeindehaus, sind seit 1966 eigenständige Kirchengemeinde und haben 2008 am Franz-Lenze-Platz die neue Johanneskirche gebaut.
Erster Unterricht ab 1921 in einer Baracke
Ihre liebe Not hatte die Gemeinde Walsum damit, für die vielen Kinder, die in Vierlinden aufgewachsen sind, genug Schulgebäude zu errichten. Den ersten Unterricht im Ortsteil hat es ab 1921 in einer Baracke für die Arbeitersiedlung Vierlindenhof gegeben.
Erste richtige Schule war ab 1930 die Schule Vennbruchstraße (ursprünglich evangelische plus katholische Volksschule, heute Gemeinschaftsgrundschule). 1952 zog die Evangelische Volksschule in den Neubau an der Karlstraße um (heute Gemeinschaftsgrundschule Ochtropschule plus katholische Don-Bosco-Grundschule). 1962 wurde die Schule Frankenstraße eröffnet (ursprünglich Volksschule, bis 2012 Hauptschule, bis 2015 Realschule), 1965 die Schule Goerdelerstraße (ursprünglich Gemeinschaftsvolksschule plus katholische Volksschule, zuletzt bis 2006 Geschwister-Scholl-Grundschule, bis 2012 Fritjof-Nansen-Realschule). Seit 1966 gibt es an der Gotenstraße/Ecke Franz-Lenze-Straße eine Sonder- bzw. Förderschule.
Franz-Lenze-Platz hieß Hermann-Göring-Platz
Der Franz-Lenze-Platz als Nahversorgungszentrum ist schon 1940 als Hermann-Göring-Platz angelegt, jedoch erst ab 1950 weiter ausgebaut worden.
Von Luftangriffen und Beschuss im Zweiten Weltkrieg blieb Vierlinden weitgehend verschont. Der Bahnanschluss war aber unterbrochen, wurde erst 1948 wieder aufgenommen, der Personenverkehr dann 1983 eingestellt. Heute leben in Vierlinden über 12.000 Menschen.
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