Vierlinden. . Hans-Jürgen Feldmann hat die Geschichte seiner Familie und die des Walsumer Vierlindenhofs aufgeschrieben. Vom alten Hof ist fast nichts geblieben.
Nach den vier Linden, die die Landwirte Feldmann 1823 vor ihr vier Jahre zuvor gebautes Haus an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße pflanzten, haben die Walsumer um 1920 den ganzen Ortsteil benannt. Damals entstand die Thyssen-Siedlung, der Stadtteil brauchte also einen Namen.
Erste Linde fiel 1964
„In diesem Wort liegt der ganze Reiz der ländlichen Unberührtheit“, schreibt der Nachkomme der Hofbegründer, Hans-Jürgen Feldmann, in seiner Familienchronik, an der er seit 1997 arbeitet. Aber er ergänzt drei Sätze später: „Leider stimmt der Name Vierlinden heute nicht mehr. 1964 fiel die erste der vier Linden.“ Einige Jahre später folgte dann die zweite, so dass heute nur noch zwei stehen. Wenn kein Unglück passiert, werden die verbliebenen Bäume also in sieben Jahren 200 Jahre alt.
Vom alten Vierlindenhof indes ist, bis auf ein paar Trümmer und Ziegelsteine, praktisch nichts mehr vorhanden. Das Haus, das lange Zeit leer stand und verfiel, brannte am 17. Mai 2012 nieder – die Polizei hatte Brandstiftung als Ursache ermittelt, aber keinen Täter.
Auf rund 50 Seiten hat der aus Hochfeld stammende und heute in Voerde lebende Hans-Jürgen Feldmann die Geschichte seiner Familie und die des Hofes aufgeschrieben. Bei seinen Recherchen halfen einige Walsumer, darunter Helmut Schorsch vom Heimatverein.
Selbst eine Bürgerinitiative konnte den Hof nicht retten
Gegründet wurde der Hof von Theodor Martin Feldmann, „mein dreifach Uropa“, sagt der heute 67-Jährige. Der Voerder erinnert sich noch an so manches. Etwa, dass der ursprüngliche Hof „in etwa da stand, wo sich heute der Kindergarten befindet“. Oder, dass zwischen den Bäumen Transparente gespannt waren mit dem Hinweis: „Zu den vier Linden.“ Im Hof gab es früher eine Kneipe. „Auf Bauernhöfen kam man ohne Gerstensaft nicht aus“, sagt der Chronist.
Die Ländereien waren immens: 135 Morgen Land gehörten dazu. Das waren gut 810 000 Quadratmeter, die sich bis zur Gemeindegrenze Dinslaken erstreckten.
1904 wurde ein Großteil an Thyssen verkauft, der damalige Eigentümer, Georg Feldmann, nutzte den Erlös, um schräg gegenüber (damals Provinzial-, Ecke Bahnhofstraße) die Gastwirtschaft zu errichten. Auch sie nannte er „Zu den vier Linden“. Während die Bauern und Bergleute dort „ein Schnäpsken kippten“, konnten die Pferde vor der Tür Wasser saufen. Georg Feldmann wurde Ortsvorsteher und unterstützte den ersten Walsumer Bürgermeister Johannes Hoeveler.
Familienstammsitz seit 1819
Der letzte Feldmann, der noch in dem Haus lebte, war „Onkel Bernhard“. Er hatte sich gewünscht, 100 Jahre alt zu werden, verstarb aber 1957 mit 82 Jahren. Immerhin: Er erlebte, wie nach seinem Familienstammsitz der ganze Ortsteil benannt wurde.
Den Zweiten Weltkrieg überstand der Backsteinbau ohne große Schäden. Die Stallungen und die Scheune indes waren völlig zerstört worden. 1945 zog der Gemüsehändler laut Hans-Jürgen Feldmann von de Straat in das Gebäude, das zeitweilig bis zu vier Familien beherbergte.
Wehmütige Schilderung
Wehmütig schildert der ehemalige Voerder Bauzeichner die letzten Jahre des Hofes: „Nachdem die letzte Bewohnerin den Hof verlassen hatte ... stand der Hof wochenlang leer. Der Vierlindenhof, eines der ältesten Gebäude Walsums, macht einen sehr verwahrlosten Eindruck.“ Die unteren Fenster waren vernagelt, die oberen Scheiben eingeschmissen. Die Türen wurden eingetreten, „die Dachpfannen fielen herunter“. „Dieses alte Haus muss unter allen Umständen erhalten bleiben“, schrieb Feldmann um die Jahrtausendwende. Aber das gelang nicht. Nicht mal eine Bürgerinitiative konnte das Haus retten.
„Irgendwann weiß keiner mehr, wie der Name Vierlinden entstanden ist“, schreibt Feldmann. „Dann werden nur noch einige Bilder an den Hof erinnern und somit ist ein Stück Heimatgeschichte verschwunden.“