Duisburg. 740 Jahre lang fristete Alt-Hamborn ein Schattendasein. Dann lösten zwei Unternehmer einen Boom aus. Eine Stadtteil-Geschichte mit Bildern.

Der heutige Duisburger Stadtteil Alt-Hamborn fristete lange im Hinterland von Rhein und Emscher ein Schattendasein, auch, als das dortige Kloster zum größten Grundbesitzer in der Umgebung aufstieg. Das änderte sich erst im 19. Jahrhundert mit den unternehmerischen Aktivitäten von Wilhelm Grillo, Daniel Morian und August Thyssen. Innerhalb weniger Jahre wurde das Areal an der Duisburger Straße Zentrum einer neuen Großstadt. Ihr erstes Zentrum wurde Alt-Hamborn.

Zwar zeugen Hügelgräber aus der Zeit ab 800 v. Chr. davon, dass sich schon damals Menschen an diesem Ort aufgehalten haben. Doch erst rund 1600 Jahre später wird das Leben dort nachvollziehbarer. Nach Angaben des Historikers Dr. Michael Kanther ist um 800 n. Chr. ein Herrenhof gegründet worden. Dort wurde auch Gericht gehalten. Eine erste Kirche ist um 900 nachgewiesen.

Historische Fotos aus Duisburg Alt-Hamborn

Blick auf Alt-Hamborn aus Richtung Bruckhausen um 1920.
Blick auf Alt-Hamborn aus Richtung Bruckhausen um 1920. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Das Evangelische Krankenhaus Morian-Stift um 1910.
Das Evangelische Krankenhaus Morian-Stift um 1910. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Der Overbruckhof, einer der ältesten Bauernhöfe, wurde 1944 zerstört.
Der Overbruckhof, einer der ältesten Bauernhöfe, wurde 1944 zerstört. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Konsumanstalt in der Jupp-Kolonie der Schachtanlage 1/6 um 1900.
Konsumanstalt in der Jupp-Kolonie der Schachtanlage 1/6 um 1900. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick auf die Duisburger Straße um 1959. In der Bildmitte ist das Gelände des Bauunternehmens Fink & Eissmann zu sehen.
Blick auf die Duisburger Straße um 1959. In der Bildmitte ist das Gelände des Bauunternehmens Fink & Eissmann zu sehen. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Das mittelalterliche und das neuzeitliche Alt-Hamborn: am Bildrand unten die Abtei und in der Bildmitte das St.-Johannes-Hospital in einer Aufnahme von 1959. Im Hintergrund der Thyssen-Verschiebebahnhof Grünstraße.
Das mittelalterliche und das neuzeitliche Alt-Hamborn: am Bildrand unten die Abtei und in der Bildmitte das St.-Johannes-Hospital in einer Aufnahme von 1959. Im Hintergrund der Thyssen-Verschiebebahnhof Grünstraße. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Moderner Wohnungsbau um 1925: Rich­terstraße/Ecke Im Birkenkamp.
Moderner Wohnungsbau um 1925: Rich­terstraße/Ecke Im Birkenkamp. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Die beiden Antreiber für den Wandel von Alt-Hamborn: links die Schachtanlage Thyssen 1/6, oben rechts die Zinkfabrik Grillo 1959. Unten zweigt die August-Thyssen-Straße von der Duisburger Straße ab.
Die beiden Antreiber für den Wandel von Alt-Hamborn: links die Schachtanlage Thyssen 1/6, oben rechts die Zinkfabrik Grillo 1959. Unten zweigt die August-Thyssen-Straße von der Duisburger Straße ab. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick in die Rathausstraße 1965. Sie war damals noch keine Fußgängerzone. Am Bildrand hinten links liegt das Rathaus.
Blick in die Rathausstraße 1965. Sie war damals noch keine Fußgängerzone. Am Bildrand hinten links liegt das Rathaus. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick in die Jägerstraße um das Jahr 1960 herum.
Blick in die Jägerstraße um das Jahr 1960 herum. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Blick auf den Altmarkt um das Jahr 1910.
Blick auf den Altmarkt um das Jahr 1910. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Verwaltung der Schachtanlage 1/6 an der Duisburger Straße um 1900.
Verwaltung der Schachtanlage 1/6 an der Duisburger Straße um 1900. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
Die Duisburger Straße mit Rathausturm vor 1958.
Die Duisburger Straße mit Rathausturm vor 1958. © Stadtarchiv Duisburg | N.N.
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Die Abtei prägte Hamborn über hunderte Jahre

Besonders ertragreich war die Landwirtschaft nicht. Die Böden waren nicht gut. Deshalb waren Schafhaltung auf den Heideflächen und Schweinemast mit Eicheln aus den dortigen Wäldern verbreitet. In der Emscheraue grasten Rinder.

Das mittelalterliche und das neuzeitliche Alt-Hamborn: am Bildrand unten die Abtei und in der Bildmitte das St.-Johannes-Hospital in einer Aufnahme von 1959. Im Hintergrund der Thyssen-Verschiebebahnhof Grünstraße.
Das mittelalterliche und das neuzeitliche Alt-Hamborn: am Bildrand unten die Abtei und in der Bildmitte das St.-Johannes-Hospital in einer Aufnahme von 1959. Im Hintergrund der Thyssen-Verschiebebahnhof Grünstraße. © Stadtarchiv Duisburg

Trotzdem galt es als gottgefällige Tat, als der bei Mönchengladbach ansässige Gerhard von Hochstaden seinen dortigen Landbesitz 1136 spendete, um ein Kloster der Prämonstratenser zu gründen. Das erste dieser Klöster gab es seit 1120 in Prémontré in Nordfrankreich.

Die Abtei sollte die nähere Umgebung jahrhundertelang dominieren, auch wenn sie Höhen und Tiefen durchlebte. Seit dem 16. Jahrhundert bot sie Schulunterricht an. Die Abteischule existiert bis heute. Um 1800 umfasste der Besitz am rechten Niederrhein über 100 Höfe.

Obwohl die Umgebung, Beeck zum Beispiel, mit der Reformation evangelisch wurde, konnten sich das Kloster und die Pfarrei St. Johann halten. Wer Pächter des Klosters war, musste sich katholisch taufen, trauen und beerdigen lassen. Damit machte erst die französische Besatzung 1806 ein Ende. Das Kloster wurde aufgelöst. Es wurde bekanntlich 1959 neu gegründet, diesmal ohne Ländereien.

Gewerkschaft Deutscher Kaiser und Grillo-Zinkhütte lösen Boom aus

Die weltliche Herrschaft lag ab dem 13. Jahrhundert bei den Fürsten von Kleve, von 1806 bis 1813 beim Großherzog von Berg und danach beim König von Preußen. 1822 zählte der Fleck 657 Einwohner, überwiegend Katholiken. Heute sind es rund 11.000.

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Es waren Wilhelm Grillo (1819 bis 1889), Eisenwarenhändler aus Mülheim/Ruhr, und sein Schwager Daniel Morian (1811 bis 1887), ein Hamborner, die einen Boom auslösten. Morian suchte und fand Steinkohle, gründete 1867 ein Bergwerk entlang der Duisburger Straße. Es nannte sich ab 1871 „Gewerkschaft Deutscher Kaiser“ (GDK) und förderte mit dem Doppelschacht 1/6 ab 1876. Ab 1883 brachte es der Mülheimer Industrielle August Thyssen (1842 bis 1926) unter seine Kontrolle. Die Kohleförderung in Alt-Hamborn endete bereits 1928.

Grillo gründete 1879 in der Nachbarschaft eine Zinkhütte. Sie zählte 1902 482 Arbeiter. Heute sind es über 1400 Beschäftigte. Die Zinkerzeugung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht fortgeführt, stattdessen Zinkverarbeitung und die Produktion verwandter chemischer Erzeugnisse.

Alt-Hamborn wird Teil-Zentrum einer neuen Großstadt

Die Ausbreitung der Industrie in Hamborn ließ die Einwohnerzahl explodieren, von knapp 3300 in 1885 auf 129.800 im Jahr 1929, als Hamborn zu Duisburg kam.

Dort entstanden neue Wohngebiete, so 1880 An der Abtei die ersten Bergmannshäuser, bis 1900 ebenso an Busch- und Steigerstraße. Grillo ließ ab 1898 an Loh- und Hugostraße bauen.

Blick in die Hamborner Rathausstraße 1965. Sie war damals noch keine Fußgängerzone. Am Bildrand links liegt das Rathaus.
Blick in die Hamborner Rathausstraße 1965. Sie war damals noch keine Fußgängerzone. Am Bildrand links liegt das Rathaus. © Stadtarchiv Duisburg

An Allee- und Jägerstraße wuchs ein bürgerliches Wohnviertel, ferner an Beecker, Gottlieb- und Kolpingstraße. Nach dem Ersten Weltkrieg kam genossenschaftlicher Woh­nungs­bau hinzu, so an der Richterstraße. Erst in den 80er Jahren wurde an der Hufstraße wieder neu gebaut.

Entlang der Duisburger Straße entstanden ab 1900 die Verwaltung der Zeche, 1904 das Rathaus, dazwischen Wohn- und Geschäftshäuser. Der Altmarkt wurde ein Geschäftsviertel. Seit 1900 fuhr die Straßenbahn, Vorläufer der „903“.

Mit wachsender Einwohnerzahl entstehen in Hamborn neue Schulen

Schon 1874 hatte die Pfarrei St. Johann das St.-Johannes-Hospital gegründet. 1909 folgte das Evangelische Morian-Stift an der Liebrechtstraße (nach 1972 abgerissen).

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Neben der Abteischule von 1872 entstanden Volksschulen an Parallel- (1892), Humboldt- (1907) und Reichenberger Straße (1910). Die neue Hauptschule an der Fürst-Pückler-Straße von 1976 ist seit 1981 Teil der Leibniz-Gesamtschule.

Die wiederum begann 1894 als katholische höhere Knabenschule, seit 1902 an der Hamborner Straße, und war bis 1989 Leibniz-Gymnasium. 1905 wurde in der Abtei eine höhere Mädchenschule gegründet.

Im Zweiten Weltkrieg erlitt Alt-Hamborn keine großen Bombenschäden. 1969 erhielt es Anschluss an die von Süden kommende Stadtautobahn, 1975 an den Emscherschnellweg, die A 42.