Duisburg. Die Autobahn-Gesellschaft will die A59 ab Meiderich erneut in Hochlage ausbauen. So wehren sich Stadt und Bürger gegen die Teilung der Ortsteile.

Der Streit zwischen der Stadt und der Autobahngesellschaft des Bundes (AdB) um die Erweiterung der A 59 zwischen Meiderich und Marxloh spitzt sich zu. Die Stadt wünscht einen Ausbau in Tieflage, die AdB beharrt auf einer sechsspurigen Hochbrücke (s. weiteren Text). Sie würde die Ortsteile mit einer Breite von dann 48 Metern durchschneiden. „Da ist bei mir Feierabend mit jeder Form von Verständnis“, sagt Duisburgs Planungsdezernent Martin Linne.

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„Wir haben bis heute keine konkreten Planunterlagen“, ärgert sich der Stadtplaner, der auf eine Zweiteilung des Planfeststellungsverfahrens drängt: in einen ersten Abschnitt von Duissern bis zum Ende der Berliner Brücke an der Abfahrt Ruhrort/Meiderich (Bürgermeister-Pütz-Straße) und einen zweiten von Meiderich bis Marxloh. „So würden wir Zeit gewinnen für eine Planung in Tieflage.“

Ab 2029 droht eine Vollsperrung der A 59/Berliner Brücke in Duisburg wegen Baumängeln

Die Zeit drängt: Die Berliner Brücke über Hafen und Hafenbahnen ist so marode, dass ab 2029 Sperrungen drohen. „Sofern eine erneute Hauptuntersuchung in diesem Jahr keine neuen Überraschungen bringt“, sagt Linne. Also müsste 2025 der Ausbau beginnen, das Planfeststellungsverfahren bis dahin gelaufen sein.

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Das sei schon bei einer Zweiteilung des Verfahrens „sportlich“, glaubt Linne. Den Versuch, für den gesamten Ausbau bis Marxloh bis 2025 Baurecht zu schaffen, hält er für „nahezu unmöglich“. Denn gegen eine Hochbrücke mit acht Meter hohen Lärmschutzwänden sei in Meiderich erheblicher Widerstand erwartbar. Klagen, die das Verfahren verzögern, gelten als sicher, weil Hausbesitzer sich gegen die Planung zur Wehr setzen.

Auch die Stadt selbst könnte sich juristisch zur Wehr setzen gegen eine weitere Zweiteilung des Stadtnordens auf die nächsten Jahrzehnte. Sie lässt sich dazu vom Verwaltungsrechtler Dr. Olaf Bischopink von der Kanzlei Baumeister (Münster) vertreten. Er beriet auch die Stadt Gladbeck für den Ausbau der B 224 in Tunnellage.

Blick in die Dr. Lengeling-Straße in Meiderich. Beim Ausbau der A59 würde die Autobahn noch dichter an die Häuser rücken. Foto: Oliver Müller / FUNKE Foto Services
Blick in die Dr. Lengeling-Straße in Meiderich. Beim Ausbau der A59 würde die Autobahn noch dichter an die Häuser rücken. Foto: Oliver Müller / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Planungsbüro hat Trog-Variante im Auftrag der Stadt erarbeitet

Planerische Unterstützung leistet das Ingenieurbüro Krebs & Kiefer. Das hatte für das letzte Treffen mit der AdB vor drei Wochen eine Variante für den Anschluss der Berliner Brücke an eine Troglage vorbereitet. Keine triviale Aufgabe, räumt auch Martin Linne ein: „Man muss von zwölf auf minus sechs Meter herunter.“

Die Ingenieure hätten aber eine Lösung vorgestellt, die auch allen baugesetzlichen Vorgaben entspreche, sagt der Baudezernent. Die habe die AdB sowohl aus technischen wie aus Kostengründen zurückgewiesen. Linne: „Einen Nachweis dafür gab es nicht.“

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Zwar würde der Bau der dafür notwendigen provisorischen Rampe die Kosten erhöhen, „bis drei Prozent der Baukosten für Provisorien sind aber bei Autobahnbauten durchaus üblich“, argumentiert Linne, der auf Ausbauprojekte in Tunnel- oder Troglagen verweist, bei denen Mehrkosten keine Rolle spielten. „Eine solche Hochtrasse mitten durch eine Stadt zu bauen, würde sich die AdB woanders nicht trauen“, glaubt der Dezernent. „Man müsste doch den Menschen in einem ohnehin hoch belasteten Logistik-Standort wie Duisburg den höchsten Schutz bieten.“

Der Duisburger Baudezernent Martin Linne setzt sich für eine Zweiteilung des Planfeststellungsverfahrens und eine Troglage ein.
Der Duisburger Baudezernent Martin Linne setzt sich für eine Zweiteilung des Planfeststellungsverfahrens und eine Troglage ein. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Autobahngesellschaft: Planfeststellungsantrag für den gesamten Ausbau-Abschnitt

Dabei hatte ein erstes Konzept 2018, noch vom damals zuständigen Landesbetrieb Straßen NRW, auf eine Planung in vier Teilabschnitte und eine Tieflage-Variante ab Meiderich gesetzt, auch der Landesbetrieb identifizierte die Hochtrasse aber als Vorzugsvariante.

Nach der Übernahme des Projekts schwenkte die Autobahn GmbH allerdings um auf ein Verfahren. Im Dialog mit der Stadt spielten die AdB und das Bundesverkehrsministerium nicht mit offenen Karten, beklagt Martin Linne.

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Im vergangenen Sommer habe Verkehrs-Staatssekretär Oliver Luksic (FDP) dem Weseler Bundestagsabgeordneten Bernd Reuther signalisiert, die AdB arbeite an einer geteilten Planfeststellung. Auf Nachfrage der Stadt im November habe man ihr vier Wochen später, am 19. Dezember, mitgeteilt, es werde nur ein Verfahren geben, um Baurecht von Duissern bis Marxloh zu erwirken. Tags darauf, am 20. Dezember, reichte die AdB den Planfeststellungsantrag beim Fernstraßen-Bundesamt ein. „Den Antrag schreibt man nicht in wenigen Tagen“, sagt Martin Linne. „Daran muss die AdB schon seit dem Sommer gearbeitet haben.“

>> KEINE BELASTBARE BAUKOSTEN-KALKULATION

  • Den Verkehrspolitikern des NRW-Landtags habe Thomas Ganz, AdB-Direktor Rheinland, das A59-Projekt unlängst vorgestellt, berichtet der Duisburger Abgeordnete Frank Börner (SPD). Dabei habe Ganz versichert, dass zwischen Meiderich und Marxloh auch ein Ausbau in Tieflage technisch möglich sei.
  • Um welchen Betrag steigen die Baukosten für die Variante in einem gedeckelten Trog tatsächlich die für eine Hochtrasse? Solange es keine belastbare Planung gebe, seien das „politische Zahlen“, glaubt Börner: „Genannt wurden schon 200, aber auch 400 Millionen und 600 Millionen Euro.“
  • Gemessen am volkswirtschaftlichen Schaden, den eine Hochtrasse über Jahrzehnte für den Norden verursache, sei eine mögliche Kostensteigerung gering, warnt Martin Linne vor einer Abwertung der Ortsteile, die mindestens für die folgenden 50 Jahre wirken würde: „Ein Trog wird für 80 bis 100 Jahre gebaut.“
  • Die finale Entscheidung über den Ausbau fällt im Bundestag und dessen Verkehrsausschuss. „Aber der weiß noch nichts von einer Alternative zur Hochtrasse“, sagt der Duisburger Baudezernent.