Duisburg. 2105 Abiturienten wollen dieses Jahr in Duisburg ihre finalen Prüfungen ablegen. Wie sie mit dem Fehlstart umgingen und was Schulleiter sagen.
Mit Biologie und Informatik, Chemie und Physik sollten am Mittwoch die schriftlichen Abitur-Prüfungen in NRW beginnen. Dass es ausgerechnet in diesen Fächern wegen eines Downloads scheitert, kann man sich kaum ausdenken.
Bis zum 5. Mai müssen in Duisburg 2105 Abiturientinnen und Abiturienten ihre Prüfungen in den Grund- und Leistungskursen ablegen: 1187 an Gymnasien, 772 an Gesamtschulen und 146 an Berufskollegs.
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Abiturienten erfahren per Update vom Update von den Klausurverschiebungen
Am Mercator-Gymnasium bekamen die 70 Schülerinnen und Schüler des Jahrgangs um 20.35 Uhr die finale Info, dass ihre erste Klausur auf Freitag verschoben wird. Das war dann das Update vom Update nach einem langen Tag mit vielen Ungewissheiten, an dem sich so manche Familie hektisch zwischen Fernsehnachrichten und Ministeriums-Seiten, der Online-Präsenz dieser Zeitung und diversen Chat-Kanälen Sicherheit zu verschaffen suchte.
Als durchweg positiver Mensch berichtet Schulleiterin Dr. Wibke Harnischmacher, dass die Unterlagen für die Klausuren in Sport, Geografie und Kunst reibungslos heruntergeladen werden konnten und die Abiprüfungen am Donnerstag endlich losgehen können. Seit Dienstag schon wünscht die Schulgemeinschaft Glück mit per Kreide gesprühten gedrückten Daumen: „Liebe AbiturientInnen, ihr schafft das!!“
Angesichts des Angriffs im Fitnessstudio John Reed ist die Schulformsprecherin außerdem heilfroh, dass niemand aus dem Sport-Lk und auch sonst kein Schüler zeitgleich dort trainiert hat und es allen aus ihrer Schule gut geht. „Zwischenzeitlich war das Abitur meine geringste Sorge“, bekennt sie.
Besondere Probleme bei der Kommunikation gab es bei den Kooperationsschulen. In der Innenstadt arbeiten mehrere Gymnasien und Gesamtschulen zusammen, um eine größere Vielfalt bei den Leistungskursen bieten zu können. In der Schülerschaft sei aber nicht klar gewesen, ob die Ansagen der Stammschule auch für die Koop-Schule gelten, berichtet Harnischmacher.
Schulleiter bedauern die neuen Klausurtermine zum Bayram-Fest
Mit Blick auf Freitag bleiben nicht nur wegen des angekündigten Bahnstreiks Fragen. Dass nun ausgerechnet zum Ende des Ramadan, am Bayram-Fest, fünfstündige Klausuren angesetzt wurden, sei für viele Familien bitter, bedauert Harnischmacher. Das sei für eine christliche Familie so, als würde man die Klausur Ostersonntag schreiben müssen. Traditionell lassen viele Familien ihre Kinder für das Zuckerfest beurlauben.
„Es wird im Ruhrgebiet kaum eine Schule geben, die das nicht im spürbaren Maß erlebt“, so Harnischmacher. Im Schnitt seien es am Mercator-Gymnasium ein Drittel der Schüler, in manchen Kursen würde die Hälfte oder mehr fehlen.
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Wegen des Zuckerfests erwartet Dr. Stefan Zeyen, Leiter des Mannesmann-Gymnasiums, eine deutliche Klarstellung des Schulministeriums, ob man sich für dieses Fest am Tag einer Abitur-Klausur beurlauben lassen darf. Bislang seien allerdings keine Anträge bei ihm angekommen und er vermute, dass wegen der Sondersituation kein Schüler darum bitten werde. Aber verstehen könne er es, „wir würden auch kariert gucken, wenn wir Heilig Abend eine Klausur schreiben müssten“.
Vermasselter Abistart ist ein „kommunikatives Desaster“
Kommunikativ sei der vermasselte Abistart „ein Desaster, wir haben mit mehreren Lehrern bis abends spät in der Schule gehockt und gewartet“. An so einem Tag könne man ja nicht einfach nach Hause gehen und für die rund 140 Abiturienten das Beste hoffen. Bei zentralen Prüfungen sei man von zentralen Anweisungen abhängig. Dass die telefonische Hotline, die tagsüber noch weiterzuhelfen versuchte, ab 18 Uhr abgeschaltet war, kann er allerdings nicht fassen. „Da wurden tausende Schulleiterinnen und Schulleiter im Regen stehen gelassen.“
Bernd Beckmann, Schulformsprecher der Gesamtschulen, hatte am Montag noch gesagt, dass er nach den Pandemie-Jahren vorsichtig optimistisch sei, „dass es endlich wieder ein normales Abitur geben wird“. Weder bei den Lehrenden noch bei den Schülerinnen und Schülern spüre er große Nervosität, der Notenspiegel liege bisher im üblichen Rahmen. Das hatte sich angesichts des Fehlstarts so nicht bewahrheitet.
An seiner Gesamtschule Meiderich wollen knapp über 60 junge Erwachsene das Abitur machen. Für sie wäre es wichtig gewesen, „adressatengerecht zu kommunizieren, um die Situation nicht zusätzlich zu strapazieren“.
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Schüler gestresst von der Verschiebung
Statt die Klausur in seinem Physik-LK zu schreiben, telefoniert Rusty Addo Odano mit dieser Redaktion. „Ich konnte es gar nicht glauben, als am Dienstag die ersten Gerüchte zum Ausfall der Klausuren aufkamen“, berichtet der Mercator-Schüler. Bitter sei, dass der Druck, der auf den Abiturienten laste, nun bis Freitag anhalte. „Wir sind ja erst vom Stress befreit, wenn eine Klausur hinter uns liegt.“
Viele hätten schon sehr lange gelernt und könnten ihr Wissen nun nicht auf den Punkt zu Papier bringen. Manche würden vielleicht profitieren, dass sie noch zwei Tage zum Lernen gewonnen haben. Für ihn wirbele die Verschiebung den Lernplan eher durcheinander, in der kommenden Woche stehen bei ihm Geschichte und Mathe an.
Für seine muslimischen Mitschüler sei die Verschiebung zusätzlich bitter. Womöglich versuche mancher, morgens früh zumindest noch das Beten mitmachen zu können und gerate dadurch in Stress. Aber wenigstens helfe das Ende der Fastenzeit, die Konzentration mit Snacks und Getränken zu unterstützen.
>>DER ABITUR-TERMINPLAN:
- Nachschreibetermine sind vom 8. bis zum 22. Mai geplant, parallel beginnen dann die mündlichen Prüfungen im vierten Abiturfach.
- Die Zeugnisse werden bis Mittwoch, 21.6. ausgegeben, am Tag darauf beginnen die sechswöchigen Sommerferien