Duisburg. An Duisburger Schulen werden immer mehr Straftaten gezählt. Welche das sind und wie Polizei und Schulleiter damit umgehen.
An Schulen in Duisburg sind im vergangenen Jahr die Straftaten in die Höhe geschnellt. Die Kriminalitätsstatistik der Polizei Duisburg zählt 869 Straftaten in den Klassen 1 bis 13, im Vorjahr waren es - nicht zuletzt coronabedingt - 488 angezeigte Vorfälle. Eine Steigerung um 78 Prozent.
Aber auch im Vergleich zu den Jahresstatistiken vor Corona ist 2022 ein deutlicher Anstieg um fast 50 Prozent zu beobachten. 2019 waren es 559 Straftaten, 2018 wurden 582 gezählt.
Die 869 Straftaten in der Polizeistatistik 2022 teilen sich in verschiedene Deliktbereiche auf. Der größte Teil geht mit 258 Fällen auf Diebstähle zurück, darunter vor allem Fahrraddiebstähle (103). Hinzu kommen 164 Sachbeschädigungen sowie 62 Rauschgiftdelikte.
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Stark angestiegen ist der Anteil der sogenannten Rohheitsdelikte, wozu Raub und Körperverletzung zählen: Im vergangenen Jahr wurden 242 an Schulen begangen, dabei handelte es sich hier überwiegend um Körperverletzungen. Im Jahr 2019 wurden 165 Rohheitsdelikte gezählt. Weiterhin wurden acht Raubdelikte und 33 Fälle einer Bedrohung erfasst.
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Mehr Vandalismus an Schulen: „Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt“
Da auch insgesamt ein Anstieg bei der Jugendkriminalität beobachtet wird, ist Jonas Tepe, Pressesprecher der Polizei Duisburg, von den steigenden Zahlen nicht überrascht. Frust und Wut würden sich bei manchen Kindern und Jugendlichen so äußern. Fälle von Sachbeschädigungen hätten sich verdoppelt und beim Vandalismus seien der Kreativität „kaum Grenzen gesetzt“. Angefangen vom Stein, der ins Fenster geworfen wird über den Feuerlöscher, der in der Klasse entleert wird bis zum aktuellen Fall: Drei Männer haben am Donnerstag versucht, mit einem Auto ein Schultor aus der Verankerung zu reißen.
Da die Männer angaben, ein Video drehen zu wollen, geht Tepe von einer Mutprobe aus, wie sie auf TikTok häufiger angezettelt werden, einer #Challenge. Früher haben fünf Freunde die Mutprobe gesehen und dann ihren Freunden weitererzählt, heute kann man Millionen damit erreichen, „es muss nur krass genug sein“, beschreibt Tepe. So werde die Latte immer höher gehängt. „Wir können davor nur warnen!“
Zur Prävention seien die Bezirksdienste der Polizei als Ansprechpartner vor Ort. Außerdem werden Vorträge angeboten, etwa zu Themen wie Cybermobbing und „warum man sich nicht nackt auf Facebook zeigen sollte“. Projekte wie „Kurve kriegen“ für kriminalitätsgefährdete Jugendliche laufen schon länger, kürzlich wurde der 1000. Absolvent in Duisburg verabschiedet. Tepe betont aber, „dass die Polizei das Problem alleine auch nicht lösen kann“.
„Die Hemmschwelle ist verrutscht, manchmal auch verloren gegangen“
Das sehen viele Schulleiter ähnlich. Die Vertreter der 17 Schulen, die im Bildungsforum Meiderich-Beeck vereint sind, haben sich das Thema für dieses Jahr vorgenommen, weil sie alle eine Zunahme von Kriminalität beobachten, berichtet deren Sprecher Bernd Beckmann. Der Schulleiter der Gesamtschule Meiderich sagt, dass es an den Schulen im Bezirk häufiger zu Körperverletzungen, Bedrohungen und Erpressungen komme. Es werde getreten, selbst wenn jemand schon am Boden liegt. „Die Hemmschwelle ist verrutscht, manchmal auch verloren gegangen“, bedauert Beckmann, „das macht uns Angst“.
Teilweise sei das verursacht durch „marodierende Gruppen“, deren „Handgreiflichkeiten immer massiver werden“. Die Motivlage könne man als Erwachsener oft kaum nachvollziehen. Es komme zudem vor, dass Schulfremde mit dem Taxi zu flashmob-artigen Kämpfen vorfahren: „Zwei verabreden sich zur Schlägerei und 200 wissen davon und kommen auch“, beschreibt er. „Wir müssen da gegensteuern“, betont Beckmann. Ende April sei eine Runde geplant, zu der auch Vertreter aus Politik und Schulverwaltung, von Polizei und Jugendamt eingeladen seien.
Mehr Sichtbarkeit der Polizei, mehr Videoüberwachung
Als Schulleiter würde er sich wünschen, wenn die Polizei punktuell mehr Sichtbarkeit an der Schule zeigt, „so, dass die Schüler mitkriegen, dass da jemand ist“. Einen Sicherheitsdienst, wie er derzeit an der Grillo-Gesamtschule eingesetzt wird, ist ihm hingegen nicht so recht. „Da entsteht kein Wohlgefühl. So paradox das klingt, aber diese Art von Sicherheit vermittelt eher Unsicherheit.“
Transparenz wünschen sich die Schulleiter des Bildungsforums laut Beckmann hinsichtlich der an manchen Standorten gewährten Alarmanlagen. Warum das nicht an allen Schulen möglich ist, sei nicht zu verstehen.
Auch eine Videoüberwachung wünschen sich demnach viele. Bisher sei das mit Verweis auf den Datenschutz abgelehnt worden, „es gibt aber Verschlüsselungstechniken, die das möglich machen“, berichtet Beckmann. „Wenn man will, geht das.“
Zum Tatort Schule gehören für die Polizei NRW das Schulgebäude und das Gelände der Schule sowie das unmittelbare Umfeld der Schule. In die Statistik fließen außerdem Taten ein, die auf dem Schulweg geschahen und einen unmittelbaren schulischen Bezug erkennen lassen sowie Ereignisse auf Klassenfahrten oder während des Schulsports.
>>KRIMINALITÄT AN HOCHSCHULEN
- Die Fallzahlen an Fachhoch- und Hochschulen bewegen sich kontinuierlich im niedrigen zweistelligen Bereich.
- 2022 wurden 27 Fälle an Fachhoch- und Hochschulen registriert, 2021 waren es 14 und 2020 17. Dabei habe es sich überwiegend um Fahrraddiebstähle gehandelt.