Duisburg. Die Korrektur von Hirngefäß-Fehlbildungen bei Neugeborenen ist eine Spezialität der Sana-Neuroradiologen. Ein Fall rührt den Chefarzt besonders.

Die Operation lebensbedrohlicher Hirngefäß-Fehlbildungen bei Neugeborenen ist eine seltene medizinische Spezialität. Kleinen Patienten aus vielen Ländern hat Chefarzt Dr. Martin Schlunz-Hendann an den Duisburger Sana Kliniken schon das Leben gerettet. Selten ist dieses Zeichen der Dankbarkeit: Daria Singer und Stanislaw Brass haben ihren Sohn nach seinem Retter Martin genannt. „Ich bin zutiefst gerührt. Das ist kaum zu toppen“, sagt der Neuroradiologe nach dem glücklichen Ausgang einer dramatischen Geschichte.

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Die „Vena Galeni Malformation“ ist eine seltene Fehlbildung, statistisch kommt damit eins von 58.000 Babys in Deutschland zur Welt. „Die Vene versorgt die inneren Hirnstrukturen. Bei den Betroffenen bilden sich Verbindungen zur den hirnversorgenden Arterien nicht wie üblich bis zur 12. Schwangerschaftswoche zurück“, erläutert der Chefarzt. „Das Blut fließt dann ungenutzt am Hirn vorbei in die Vene.“

„Vena Galeni Malformation: Ohne Eingriff drohen schwere Folgen für das Kind

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Die Folgen können schon im Mutterleib dramatisch sein: Eine krankhafte Erweiterung des Herzens und in schweren Fällen auch bleibende Hirnschäden: „Es kann zu Entwicklungsverzögerungen, Krampfanfällen, auch schwere Behinderungen kommen“, erklärt Schlunz-Hendann, „der Großteil der Kinder entwickelt sich aber nach einem erfolgreichen Eingriff sehr gut.“

Entdeckt werde die Fehlbildung in der Regel bei den vorgeburtlichen Untersuchungen, allerdings selten früh. Weil sie im normalen Ultraschall noch nicht erkennbar ist, falle sie selten vor dem zweiten Drittel der Schwangerschaft auf. Nach der Geburt muss es schnell gehen: „Ohne Behandlung kann das Kind binnen weniger Tage sterben.“

Nachdem die Fehlbildung der Hirnvene bei ihrem Sohn unmittelbar vor der Geburt entdeckt worden war, wurde Daria Singer zur Geburt mit dem Hubschrauber von Hamburg nach Duisburg geflogen.
Nachdem die Fehlbildung der Hirnvene bei ihrem Sohn unmittelbar vor der Geburt entdeckt worden war, wurde Daria Singer zur Geburt mit dem Hubschrauber von Hamburg nach Duisburg geflogen. © Sana Kliniken Duisburg | Singer/Bass

Mutter kam vor der Geburt mit dem Hubschrauber aus Hamburg nach Duisburg

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Auch beim Sohn des Hamburger Paares zählte jede Minute. Daria Singer war schon fast auf dem Weg in den Kreißsaal, als in der 40. Schwangerschaftswoche die Fehlbildung entdeckt wurde. Dass die Experten für die Behandlung in Duisburg sitzen, war in der Uniklinik Eppendorf bekannt. „Wir haben dann entschieden, dass sie mit dem Hubschrauber hergebracht wird, damit das Kind per Kaiserschnitt geboren und umgehend operiert wird“, berichtet der Sana-Chefarzt.

Eine Zwei-Ebenen-Angiographie-Anlage ermöglich den Mikrokatheter-Eingriff bei den kleinen Patienten. Nur 0,5 Millimeter Durchmesser hat der feine Draht, der über die Leisten-Arterie bis in den Kopf vorgeschoben wird. Kontrastmittel weist den Weg in die feinen Blutgefäße, die Bildschirme der Anlage zeigen sie den Ärzten stark vergrößert. Bis zu zehn Stunden kann es dauern, ehe alle Verbindungen zwischen Galeni-Vene und Arterien mit winzigen Platinspiralen und Gewebekleber verschlossen sind.

Dr. Martin Schlunz-Hendann, Chefarzt der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie an der Zwei-Ebenen-Angiographie-Anlage in den Sana Kliniken Duisburg. Die Vergrößerung auf den Monitoren ermöglicht den Ärzten die Orientierung bei den Katheter-Eingriffen bei ihren kleinen Patienten.
Dr. Martin Schlunz-Hendann, Chefarzt der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie an der Zwei-Ebenen-Angiographie-Anlage in den Sana Kliniken Duisburg. Die Vergrößerung auf den Monitoren ermöglicht den Ärzten die Orientierung bei den Katheter-Eingriffen bei ihren kleinen Patienten. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Erlösende Prognose für die Eltern nach dreistündigem Katheter-Eingriff

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„Einige Kinder benötigen auch mehrere Eingriffe“, erklärt Schlunz-Henndann. Nicht so der kleine Hamburger. Nach drei Stunden gab es eine erlösende Prognose für die bangenden Eltern: „Ich gehe davon aus, dass er ein ganz normales Leben führen kann.“

Nach kurzem Aufenthalt auf der Intensivstation verbrachte die kleine Familie die Zeit bis zur Entlassung im gemeinsamen Familienzimmer. Dort fiel auch die Entscheidung, den Sohn nach dem Chefarzt zu nennen. „Wir hatten noch keinen Namen und hatten zunächst Angst, ihm einen zu geben“, berichtet Daria Singer. Doch dann sei die Entscheidung für Martin leicht gefallen: „Er hat ihm schließlich das Leben gerettet.“

Sana-Chefarzt soll auch zur Hochzeit in Hamburg dabei sein

Einen Monat nach dem Eingriff geht’s dem Kleinen bestens, berichtet die Mutter. „Nach einem halben Jahr steht eine Nachuntersuchung an, dazu kommen wir nach Duisburg.“ Vielleicht haben Martins Eltern dann für den Chefarzt schon die Einladung zu ihrer Hochzeit dabei. „Die wollen wir mit ihm feiern, wir würden uns sehr freuen, wenn er dabei wäre.“ Wäre er sehr gern, sagt Dr. Martin Schlunz-Henndann: „Ehrensache.“

>>STICHWORT: SANA-KLINIK FÜR RADIOLOGIE UND NEURORADIOLOGIE

  • Rund 70 Eingriffe bei Kindern mit „Vena Galeni Malformation“ nehmen Dr. Martin Schlunz-Hendann und sein Team pro Jahr vor. Bis zu zwölf Neugeborene kommen aus ganz Deutschland und dem Ausland alljährlich an die Klinik am Kalkweg. Weitere europäische Zentren mit Expertise für diese Operation gibt es in London und Paris.
  • Diese Technik der interventionellen Radiologie hat Prof. Dr. Friedhelm Brassel an den damals noch städtischen Kliniken eingeführt, mit ihm gemeinsam etabliert hat sie Dr. Martin Schlunz-Henndann. Der 53-Jährige, der schon seit 1999 für das Haus tätig ist, hat vor bald zwei Jahren die Nachfolge seines Mentors als Chefarzt angetreten.