Duisburg. Thyssenkrupp hat den Auftrag für den Bau der ersten Direktreduktionsanlage in Duisburg vergeben. Das ist über das Milliarden-Projekt bekannt.

Bei Thyssenkrupp Steel (TKS) ist die Entscheidung über den Bau der ersten Direktreduktionsanlage gefallen. Wie das Unternehmen am Freitag mitteilte, wird die SMS Group mit dem Engineering, der Lieferung und dem Bau einer wasserstoffbetriebenen Direktreduktionsanlage sowie zweier innovativer Einschmelzer beauftragt. Die Investition in die Anlagen, die ab 2026 einen konventionellen Hochofen ersetzen soll, wird sich auf rund zwei Milliarden Euro belaufen.

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Mit dem Bau der Aggregate am Walsumer Werkshafen steigt der Stahlhersteller in die Produktion von CO2-freiem Stahl auf der Basis von Wasserstoff ein. „Dieses Projekt ist ein bedeutender Schritt für industriellen Klimaschutz in Europa: Mit dieser Anlage spart Thyssenkrupp jährlich über 3,5 Mio. Tonnen CO2 bei der Produktion ein“, so eine TKS-Sprecherin.

Unsere Grafik zeigt, wo die neue DR-Anlage entstehen soll.
Unsere Grafik zeigt, wo die neue DR-Anlage entstehen soll. © funkegrafik nrw | Anda Sinn

Konzernchef Merz und NRW-Ministerpräsident informieren am Mittwoch in Duisburg

Über Einzelheiten wollen die Vorstandsvorsitzenden von Konzern und Stahlsparte, Martina Merz und Bernhard Osburg, am kommenden Mittwoch gemeinsam mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und die Wirtschaftsministerin des Landes, Mona Neubaur (Grüne) informieren. Erwartet wir auch der Vorstandschef der SMS Group, Burkhard Dahmen.

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Die Milliarden-Investition in die dekarbonisierte Stahlproduktion stemmt Thyssenkrupp mit kräftiger Unterstützung von Land und Bund. Das Land hat bereits angekündigt, zum Bau der Anlagen 700 Millionen Euro beizusteuern. Aus Berlin gibt es bislang weder eine Festlegung über die Höhe noch über die Form der Förderung.

Genehmigung der Bundesförderung aus Brüssel steht noch aus

Sie kann erst erfolgen, wenn die beihilferechtliche Genehmigung aus Brüssel vorliegt. Sie wird zeitnah erwartet. Der Bund soll 70 Prozent der Fördersumme zur gemeinsamen Finanzierung mit dem Land beitragen, hatte Ministerin Neubaur unlängst auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag geantwortet.

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Wichtig für die Entscheidung über die Auftragsvergabe ist eine weitere Entscheidung aus Brüssel: Mit einem „delegierten Rechtsakt zur Erneuerbaren-Energien-Richtlinie“ hat die EU-Kommission den rechtlichen Rahmen gesetzt für die Produktion von Wasserstoff aus regenerativ erzeugtem Strom – eine wichtige Grundlage für die Investition in Produktionsanlagen, Leistungs- und Pipeline-Netze. Sie müssen entstehen, damit TKS seine Ziele erreichen kann: Eine Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes um 30 Prozent bis 2030, Klimaneutralität bis 2045.

SMS Group baut Anlage nach dem Midrex-Verfahren

Um den Bau der ersten Direktreduktionsanlage hatten sich zwei Unternehmen, Tenova HYL (Mexiko) und Midrex (Japan), beworben. Sie gelten als die weltweit einzigen Unternehmen, die in der Lage sind, Anlagen dieser Größenordnung zu bauen. Laut TKS wird in Duisburg „eines der weltweit größten Dekarbonisierungsprojekte“ umgesetzt. Das Midrex-Verfahren wurde Mitte der 1970er-Jahre in den USA entwickelt, die gleichnamige Firma gehört seit 1983 zur japanischen Kobe Steel.

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Der Tenova-Konzern, in Duisburg ansässig mit seiner Tochter LOI Thermprozess, ist etablierter Geschäftspartner von TKS. Im vergangenen November ging im Warmbandwerk ein Hubbalkenofen des Anlagenbauers in Betrieb. Da waren Tenova-Vertreter noch zuversichtlich, den Zuschlag zu bekommen für die DR-Anlage.

Ob die Vergabe des Milliardenauftrag mit der SMS Group (Düsseldorf) an ein NRW-Unternehmen nur technologische oder auch politische Gründe hat, können die Entscheider am kommenden Mittwoch erklären.

>> STICHWORT: SMS GROUP

  • Die Wurzeln der SMS Group liegen in der Siegener Maschinenbau AG, die sich aus einer 1871 gegründeten Schmiede entwickelte. Nach der Fusion mit der Firma Schloemann aus dem Verbund der Gutehoffnungshütte in Oberhausen firmierte sie als Schloemann-Siemag AG, geführt vom Enkel des Firmengründers, Heinrich Weiss.
  • Nach der Übernahme der Hütten- und Walzwerktechnik der Mannesmann-Sparte Demag wurde das Unternehmen ab 1999 zur SMS Demag AG, die Anteile gingen ab 2003 schrittweise an die Familie Weiss. Die Umbenennung in SMS Siemag AG erfolgte 2009, ehe 2015 die Umfirmierung mit gleichzeitiger Änderung der Rechtsform zur SMS Group GmbH erfolgte.
  • Das international im Bereich Hütten- und Walzwerkstechnik tätige Unternehmen gehört zum Verbund der SMS Holding im Besitz der Familie Weiss.