Essen. Wie geht es bei Thyssenkrupp mit der Stahlsparte und dem Wasserstoff-Geschäft Nucera weiter? Das plant Vorstandschefin Martina Merz.

Thyssenkrupp-Vorstandschefin Martina Merz hält an einer Ausgliederung der wichtigen Stahlsparte mit Standorten unter anderem in Bochum, Gelsenkirchen, Duisburg und Dortmund fest. „Wir sind unverändert der festen Überzeugung, dass eine eigenständige Aufstellung dem Stahl die besten Zukunftsperspektiven ermöglicht“, sagte die Managerin bei der digitalen Hauptversammlung des Konzerns in Essen.

Mitte März 2022 – kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs – hatte Thyssenkrupp die schon Monate zuvor angekündigten Pläne für die wichtige Konzernsparte auf Eis gelegt. „Für eine Verselbstständigung muss der Stahl seine Kapitalmarktfähigkeit belegen. Dafür ist das aktuelle Umfeld nicht ideal“, sagte Vorstandschefin Merz nun bei der Hauptversammlung.

Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm, der auch BDI-Präsident ist, gab Martina Merz Rückendeckung. Der Krieg habe „Auswirkungen auf die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens“, sagte Russwurm. Als Beispiel nannte er neben der Abspaltung des Stahlgeschäfts auch den angekündigten Börsengang der Wasserstoff-Sparte Nucera, der ebenfalls auf unbestimmte Zeit verschoben ist. Russwurm verwies auf eine „schwierige Situation an den Kapitalmärkten“.

Thyssenkrupp-Vorstandschefin Merz betonte, sie sei selbst unzufrieden „mit der Umsetzungsgeschwindigkeit“ der Projekte. „Wir tun in jedem Fall alles, was in unserer Hand ist, um bereit zu sein für weitere Schritte, sobald das Umfeld es zulässt“, sagte sie. Einen Zeitplan ließ sie offen. „Wir wollen auch keine falschen Versprechungen machen.“

Deka-Experte Speich: „Der Konzern-Umbau stockt“

Die Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka kritisiert das Tempo beim Umbau von Thyssenkrupp als zu gering. „Der Konzern-Umbau stockt – und im vergangenen Jahr ist viel zu wenig passiert. Eine erfolgreiche strategische Weiterentwicklung sieht anders aus“, sagte Deka-Experte Ingo Speich bei der digitalen Hauptversammlung, die aus dem Essener Konzern-Quartier gesteuert wurde. „Auf einen ersten Blick sehen die Ergebnisse sehr gut aus. Doch schon dem Vergleich zu den Wettbewerbern kann Thyssenkrupp nicht standhalten. In vielen Sparten läuft das Geschäft unterdurchschnittlich. Während die Wettbewerber vom gestiegenen Stahlpreis profitieren konnten, ist die Stahlsparte von Thyssenkrupp nur noch ein Schatten ihrer selbst“, merkte Speich an. „Die einstige Stahl-Ikone findet sich nur noch in den Geschichtsbüchern.“

podcast-image

Thyssenkrupp verspiele „nicht nur kostbare Zeit, sondern damit vor allem das Vertrauen der Aktionäre“, sagte Speich. „Stahl ist und bleibt ein Sorgenkind. Die Kombination aus Fehleinschätzungen und zu geringen Investitionen war eine toxische Mischung, die bis heute nachwirkt.“

Auch die Fondsgesellschaft DWS, die zur Deutschen Bank gehört, macht Druck. Thyssenkrupp habe zwar „auf dem Weg der Transformation“ einiges erreicht, sagte DWS-Experte Hendrik Schmidt, „dennoch hat der Vorstand um Martina Merz auch weiterhin alle Hände voll zu tun und muss seine volle Aufmerksamkeit auf die konsequente Umsetzung des Umbaus richten“. Wichtig sei zu klären, wie es mit dem Wasserstoffgeschäft und der Autozuliefersparte von Thyssenkrupp weitergehe.