Duisburg. AfD-Politikerin kritisiert Programme für Südosteuropäer. Duisburgs Dezernentin widerspricht, nennt Erfolgszahlen und fordert mehr Unterstützung.
Die Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias (AfD) hat in einer Anfrage an die Landesregierung das NRW-Programm „Zuwanderung aus Südosteuropa“ kritisiert, mit dem im Vorjahr 21 Kommunen gefördert wurden. 2023 investiert die schwarz-grüne NRW-Regierung 5,5 Millionen Euro in das Förderprogramm – 350.000 Euro davon fließen nach Duisburg. Seli-Zacharias wertet Arbeitsmarkt- und Sozialhilfedaten, etwa aus Duisburg (zum Bericht) und Gelsenkirchen (zum Bericht) als Beleg dafür, dass „teure Landesprogramme wirkungslos verpuffen“. Was sagen Verantwortliche in Duisburg dazu?
Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) verweist in seiner Antwort auf die AfD-Anfrage darauf, dass das kritisierte Programm „nicht gesondert auf die Beteiligung der Zuwanderungsgruppe am Arbeitsmarkt“ abziele, sondern „auf deren gesellschaftliche Teilhabe“. Es gehe auch um den „Abbau von Antiziganismus bzw. Antiromanismus“ und darum, Fachkräften „aus der Community für die Soziale Arbeit mit der Zielgruppe“ auszubilden. Konkret fließen die meisten Fördergelder in Projekte zur Integration von Romnja und Roma. In Duisburg etwa gehörten von 2020 bis 2022 beim landesgeförderten Projekt „Nah dran – Aven majpashe“ im Kommunalen Integrationszentrum (KI) sechs muttersprachliche Streetworker zum Projektteam. Sie sprechen Bulgarisch, Rumänisch, Mazedonisch und Romanes.
Förderprogramme für Romnja und Roma: Duisburgs Integrationszentrum betont Sinnhaftigkeit
Nach Auffassung von Seli-Zacharias zeigen die von den Ministerien gelieferten Zahlen nicht bloß Probleme der EU-Zuwanderer am Arbeitsmarkt auf. Aus der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgaren und Rumänen seit 2014 sei „faktisch eine Zuwanderung in die Sozialsysteme geworden“, behauptet sie. In den Ruhrgebietsstädten, so die Politikerin der Rechten, befeuerten „die Herausforderungen mit diesen Armutsmigranten“ den „schwelenden Konflikt, den viele Politiker hier in der Region schlichtweg zu ignorieren versuchen“. Die Kommunen müssten „die rote Karte in Richtung Land und Bund zeigen und sämtliche Leistungen und Projekte für Armutszuwanderer einstampfen!“
Das KI, das die Landesfördergelder in Duisburg einsetzt, widerspricht auf Nachfrage. Es sollten „vertrauensbildende Angebote insbesondere für neuzugewanderte Roma unbedingt weitergeführt und vertieft werden, da Vorbehalte und Ängste durch jahrhundertelange Unterdrückung, Verfolgung, Ausgrenzung und Diskriminierung der Roma begründet“ seien. Viele Familien lebten weiterhin unterhalb der Armutsgrenze, darunter viele Kinder. Die Strategie: „Je mehr Roma in die Integrationsarbeit eingebunden werden können, desto schneller und selbstverständlicher steigen ihre Teilhabemöglichkeiten und ihre sozialen Aufstiegschancen in der Gesellschaft.“
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So seien über das Programm „Zuwanderung aus Südosteuropa“ viele neuzugewanderte und alteingesessene Bürger erreicht worden. „Konflikte wurden frühzeitig erkannt und aufgefangen, Vorurteile abgebaut, Vertrauen gewonnen, Dialogräume zur Begegnung geschaffen, Aufklärung über Müllvermeidung und richtige Abfallentsorgung geleistet“, lautet die Selbsteinschätzung des KI. Einige Projektmitarbeitende und Straßenpaten seien zudem in feste Arbeitsstellen gewechselt.
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Sozialdezernentin: Arbeitsmarktliche Programme wirken
Astrid Neese leitet das Dezernat für Bildung, Arbeit und Soziales. Sie kritisiert die „AfD-Rhetorik“. Diese sei für eine „ernsthafte und differenzierte Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht geeignet“. Tatsache sei, dass es für viele zugewanderte Menschen – auch für jene aus Südosteuropa – schwierig ist, auf dem Arbeitsmarkt langfristig Fuß zu fassen. Darum sei die Qualifikation derer, die noch keine Chance am Arbeitsmarkt finden, „gerade jetzt notwendig“, auch mit Blick auf die demografische Entwicklung.
Neese führt als Beispiele für erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt zwei Förderprogramme an:
- Von 2014 bis 2016 seien im Projekt „Unser Haus Europa“ 208 Menschen in Arbeit vermittelt worden. Das entspreche „einer Vermittlungsquote von knapp 30 Prozent aller Teilnehmer“. Weitere 20 seien in weiterführende Qualifikationsmaßnahmen vermittelt worden, etwa Sprachkurse.
- Im Folgeprojekt „B.A.L.D.“ seien von 2017 bis 2019 „insgesamt 661 Personen in den 1. Arbeitsmarkt vermittelt worden“, was einer Quote von 44,2 Prozent aller Teilnehmer entspreche.
„Die Chancen langfristig im Arbeitsmarkt zu verbleiben, steigen mit zunehmendem Qualifikationsniveau deutlich“, bilanziert Neese. „Genau da setzen wir mit den arbeitsmarktlichen Programmen an.“
Neese fordert mehr Unterstützung für gezielte Förderung
So steige mit dem Zuzug rumänischer und bulgarischer Staatsangehöriger auch der Anteil derer unter diesen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind: „Die Integration in den Arbeitsmarkt kann also gelingen. Wir müssen hier in Generationen denken, und es liegt noch ein riesiges Stück Arbeit vor uns.“
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Die Dezernentin fordert im Gegensatz zur AfD-Abgeordneten darum sogar mehr Landesmittel für Förderprogramme: „Vom Land erwarten wir deutlich mehr Unterstützung als kurzfristige Projekte, um nachhaltige Erfolge erzielen zu können.“