Duisburg. Bekommen die beiden Frauenhäuser in Duisburg endlich mehr Geld? Der Rat der Stadt entscheidet über eine mögliche Verdreifachung.
Für die beiden Duisburger Frauenhäuser könnte am Donnerstag eine Zeitenwende beginnen: Dann entscheidet der Rat der Stadt über eine deutlich höhere finanzielle Unterstützung für die Orte, in denen Frauen Schutz suchen vor ihren gewalttätigen Partnern.
„Mama!“, schallt es laut durch den Flur im Frauenhaus Duisburg, Kinderschrittchen hallen im Treppenhaus, zwei Mädchen spielen und drücken ihre Gesichter ans Geländer. Mütter und ihre Kinder finden hier und im Autonomen Frauenhaus eine Unterkunft und die Unterstützung, die es braucht, um sich nach Gewalterfahrung ein neues Leben aufzubauen.
Stadt Duisburg will Frauenhäuser mit mehr Geld unterstützen
Die Opferschutzeinrichtungen werden vom Land zu 54 Prozent (Autonomes Frauenhaus) beziehungsweise zu 62 Prozent (Frauenhaus Duisburg) bezuschusst. Der Betrieb wäre ohne umfangreiche Spendenakquise nicht möglich. Seit drei Jahren finanziert auch die Stadt Duisburg mit und will nach einer kleinen Erhöhung 2021 die Mittel jetzt fast verdreifachen: Das Autonome Frauenhaus Duisburg und das Frauenhaus Duisburg gGmbH werden laut Ratsvorlage bis 2027 statt 175.000 Euro 475.000 Euro jährlich erhalten. SPD, CDU und Grüne beantragen diese erneute Aufstockung.
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„Die Zuschusserhöhung der Stadt ist enorm wichtig für die Arbeit der Duisburger Frauenhäuser“, sagt Andrea Demming-Rosenberg, die Vorsitzende des Sozialausschusses. Das Land NRW müsse nun aber auch seinen Beitrag leisten und deutlich mehr Kosten übernehmen. „Wir sehen die schwarz-grüne Regierung in Düsseldorf in der Pflicht, deutlich mehr für die Frauenhäuser zu tun.“
Durch die Zuschusserhöhung „beruhigter Frauen aufnehmen“
Die Zuschusserhöhung um 300.000 Euro kann aus den erwarteten Mehrerträgen und Einzahlungen des Gemeindefinanzierungsgesetzes getragen werden. „Eine super Erleichterung“ nennt Daniela Lewandowski vom Autonomen Frauenhaus die Finanzspritze. Über Planungssicherheit freut sich Karin Bartl vom Frauenhaus Duisburg. „Dann können wir endlich beruhigter Frauen aufnehmen“, sagt Lewandowski, die längst nicht jeder Frau helfen kann, die vor Gewalt flüchtet. Bislang waren die Frauenhäuser davon abhängig, dass die Unterbringung der Frauen durch Leistungen von Jobcenter oder Sozialhilfe getragen werden oder sie selbst bezahlen.
In den vergangenen Jahren mussten immer wieder hunderte Frauen in Not abgelehnt werden, weil keiner für sie einstand. Das ist zum Beispiel bei manchen EU-Bürgerinnen so, die erst fünf Jahre in Deutschland gemeldet sein müssen, bevor sie anspruchsberechtigt sind, erklärt Bartl. Für sie sind aber alle Opfer von Gewalt gleich, die Frauenhäuser helfen oft trotzdem und riskieren damit, in die Insolvenz zu rutschen. „Gewaltschutz ist eine staatliche Aufgabe, die auskömmlich finanziert werden muss“, betont deshalb die Leiterin des Frauenhauses Duisburg.
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Reicht das Geld für ein drittes Frauenhaus?
Die Aussage von Demming-Rosenberg, dass „der Bedarf für mehr Plätze in Duisburg leider vorhanden ist“, bestätigen Lewandowski und Bartl.
Mehr noch: Die Istanbul-Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, von Deutschland mit unterschrieben, bedeutet für Duisburg eigentlich eine Verdoppelung der Plätze, sagt Bartl. Solange Fördermittel aber von Jahr zu Jahr bewilligt werden, sei eine verlässliche Planung schwierig.
„Wir können nicht die doppelte Menge an Spenden akquirieren“, betont Bartl. Das Christophoruswerk als Träger des Frauenhauses Duisburg hatte sich schon vor Jahren bereit erklärt, ein drittes Frauenhaus zu eröffnen, das dann auch barrierefrei ist. Die Gespräche dazu laufen mit dem Land, spruchreif sei aber nichts. Durch die städtischen Mittel könnten sie einen neuen Schub bekommen.
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Das Autonome Frauenhaus, das während der Corona-Pandemie eine zweite Dependance eröffnete, um mehr Frauen unterbringen zu können, sieht in der deutlichen Erhöhung aufgrund der Befristung noch „nichts, worauf wir bauen können“.
Wegen der enorm gestiegenen Nebenkosten sei sie beruhigter, sagt Lewandowski, deren Team bisher sogar selbst renoviert, um zu sparen.
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Mangel an Wohnungen: Verweildauer in Frauenhäusern steigt
Die Herausforderungen sind in den Frauenhäusern auch jenseits der Finanzen üppig. So gestaltet sich die Suche nach Wohnungen für die Klientinnen als mühsam. Die Verweildauer ist gestiegen, weil Frauen mit vielen Kindern nur schwer eine neue Bleibe finden. Leistungsbezieher vom Jobcenter seien bei Vermietern nicht gern gesehen. „Unsere Frauen bekommen teilweise nicht mal eine Antwort“, bedauert Bartl.
Termine beim Ausländeramt sind ebenfalls rar, der Kampf um Aufenthaltstitel oder Fiktionsbescheinigungen ist mühsam. Zumal es Länder gibt, die Unterschriften von Ehemännern verlangen, vor denen die Frauen gerade erst geflüchtet sind. Bartl und Lewandowski sind sich einig, dass ihre Expertise besser in die Hilfe für die traumatisierten Frauen und Kinder investiert ist als ins Trommeln für Spenden.
116 Frauen flohen 2022 vor häuslicher Gewalt in die Duisburger Frauenhäuser
- Im Frauenhaus Duisburg wurden im vergangenen Jahr 63 Frauen und 76 Kinder betreut. 255 Anfragen mussten abgelehnt werden, überwiegend aus Platzmangel. Absagen gab es aber auch aus Sicherheitsgründen, weil die Frauen zu wohnortnah untergebracht wären, oder wegen der fehlenden Barrierefreiheit.
- Im Autonomen Frauenhaus sieht es ähnlich aus. Hier haben 53 Frauen und 87 Kinder ein Zuhause auf Zeit gefunden.
- Beide Frauenhäuser berichten, dass die durchschnittliche Verweildauer 2022 deutlich höher war als in den Vorjahren. Das hat vor allem mit dem angespannten Wohnungsmarkt zu tun.
- Frauen in Not bekommen Unterstützung beim Hilfetelefon, telefonisch unter 08000 116 016 oder online per Chat, hier stehen 18 Sprachen zur Verfügung: www.hilfetelefon.de