Duisburg. Kein Platz zum Abreagieren, keine Intimsphäre für Hilferufe: Duisburger Frauenhäuser fürchten mehr häusliche Gewalt während der Coronakrise.

Häusliche Gewalt wird während der Corona-Pandemie zunehmen. Dessen sind sich die Expertinnen aus den Duisburger Frauenhäusern sicher. Warum das so ist und was sie tun wollen.

Für Hiltrud Limpinsel, Mitarbeiterin im Autonomen Frauenhaus, ist es „völlig klar, dass die Lage eskalieren wird“, dass Gewalt in beengten Wohnverhältnissen verstärkt vorkommt. Und: „Man wird es von außen nicht so mitbekommen, weil die Kinder nicht in die Schule oder die Kita gehen.“

Sie fürchtet, dass Männer, die Alkoholiker sind oder ein Spielsuchtproblem haben, keine Ventile haben, um sich abzureagieren, weil sie nicht wie gewohnt nach draußen können. Das sieht auch Karin Bartl vom Frauenhaus Duisburg so. Betroffene Frauen könnten sich auch weniger Hilfe holen, wenn der gewalttätige Partner daneben sitzt.

Karin Bartl, Leitung Frauenhaus Duisburg gGmbH, befürchtet, dass häusliche Gewalt zunimmt, betroffene Frauen aber kaum Gelegenheit haben, um Hilfe zu bitten.
Karin Bartl, Leitung Frauenhaus Duisburg gGmbH, befürchtet, dass häusliche Gewalt zunimmt, betroffene Frauen aber kaum Gelegenheit haben, um Hilfe zu bitten. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Beratungen weiterhin ohne Mundschutz

Auf die verstärkte Nachfrage könne man sich allerdings nur wenig vorbereiten, sagt Limpinsel. Das Autonome Frauenhaus hat zwei Standorte und bemüht sich, die Mitarbeiter möglichst zu trennen, damit die Versorgung weiterläuft, falls ein Standort unter Quarantäne gestellt wird.

Sich selbst schützt Limpinsel mit entsprechender Handhygiene, „aber in ein Beratungsgespräch gehe ich nicht mit Atemschutz“. In den Häusern selbst gebe es eine große Besorgnis, keine gehe vor die Tür, wenn sie nicht unbedingt muss.

Hotelzimmer für Gewaltopfer?

In Düsseldorf gibt es Überlegungen, Hotelzimmer anzumieten. Dergleichen sei in Duisburg noch nicht angedacht, berichten die beiden. Grundsätzlich sei das eine Lösung, um eine Frau und die Kinder aus einer akuten Gewaltsituation zu befreien, findet Limpinsel. Für weitergehende Hilfsangebote fehle es aber an Personal. Auch der Austausch zwischen den Frauen falle bei solchen Lösungen weg. „Wir bräuchten Mittlerinnen, die sich kümmern, die etwa bei Anträgen helfen.“

Bartl weist darauf hin, dass die Frauenhäuser seit Jahren zu wenig Plätze haben. Zusätzliches Personal sei ebenso wichtig, müsse aber endlich „auskömmlich und verlässlich finanziert werden.“

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HIltrud Limpinsel vom Autonomen Frauenhaus Duisburg sieht einen hohen Hilfebedarf für gewaltbetroffene Frauen.
HIltrud Limpinsel vom Autonomen Frauenhaus Duisburg sieht einen hohen Hilfebedarf für gewaltbetroffene Frauen. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Eine Erweiterung der eigenen Kapazitäten ist im Autonomen Frauenhaus aktuell nicht geplant. „Wir warten noch auf das Geld, das uns vom Rat zugesichert wurde für die bereits erfolgte Erweiterung“, sagt Limpinsel. Das Frauenhaus Duisburg plant einen weiteren Standort für zwölf Frauen und deren Kindern. Zum Vergleich: 2019 mussten aus Platzgründen 435 Opfer häuslicher Gewalt in Duisburg abgewiesen werden.

Tafel hat die Essenslieferungen eingestellt

Karin Bartl vom Frauenhaus Duisburg beschreibt den Alltag im Haus bereits jetzt als schwierig. „Das Kontaktverbot zur Vermeidung weiterer Infektionen ist den Kindern, die so gerne zusammen spielen, schwer zu vermitteln. Auch den Frauen fällt es schwer, sich nicht wie gewohnt, zum Essen zusammensetzen zu können.“

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Weil Behörden geschlossen sind, könne vieles nicht geregelt werden. Auch die Tafel habe ihre Lieferung eingestellt. Der Alltag werde mit einer gewissen Distanz gestaltet, Begegnungen blieben auf Abstand, „die Menschen verbinden sich dabei mit Worten“.

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen

In Krisensituationen kann man sich an das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen wenden, Tel.: 08000/116016, auf der Webseite hilfetelefon.de ist auch ein Online-Chat möglich.