Duisburg. Die Frauenhäuser in Duisburg schicken jährlich 400 Frauen in Not weiter. Kein Platz. Und seit 40 Jahren finanziert die Stadt Duisburg nicht mit.
Seit über 40 Jahren kümmern sich die beiden Duisburger Frauenhäuser um Frauen und Kinder, die vor ihren gewalttätigen Männern und Vätern flüchten. Seit über 40 Jahren tun sie das ohne finanzielle Unterstützung der Stadt. Die SPD möchte dies nun ändern.
Mit einem Antrag an den Sozialausschuss möchte die Partei erwirken, dass die Stadt zumindest 50.000 Euro locker macht. Eine Unterstützung, die die beiden Leiterinnen Hiltrud Limpinsel für das Autonome Frauenhaus und Karin Bartl vom Frauenhaus Duisburg in Trägerschaft des Christophoruswerks freuen würde. Allerdings haben sie schon viele Anträge zur Förderung und auch zur Gründung eines weiteren Frauenhauses kommen - und wieder gehen sehen. Dabei ist der Bedarf immens:
Frauenhäuser in Duisburg: Das ist der Bedarf:
Jede dritte Frau hat Gewalt-Erfahrung, sagt Karin Bartl. Aktuell betreiben die beiden Häuser insgesamt 19 Familienplätze, also ein Zimmer mit Betten für eine Frau und ihre Kinder. Wird ein Platz frei, ist er meist noch am gleichen Tag wieder belegt. Dreimal so viele Plätze wie jetzt könnte die Stadt vertragen, glauben Limpinsel und Bartl. Die Not ist überall groß und Anfragen kommen aus ganz Deutschland. Frauen aus Duisburg werden aus Sicherheitsgründen meist in anderen Städten untergebracht.
Wovor flüchten Frauen?
Die Bedrohungslage ist sehr gemischt: Es gibt psychische Gewalt, etwa Niedermachen, Schimpfen oder Bedrohen, sagt Limpinsel. Finanzielle oder wirtschaftliche Gewalt kommt vor, also dass Männer den Frauen keinerlei Geld überlassen, sie nicht unbeaufsichtigt bleiben dürfen, eingesperrt werden. Hinzu kommen alle denkbaren Varianten körperlicher Gewalt bis zum versuchten Mord. Für Frauen, die bereits in der Obhut eines Frauenhauses sind, kommt hinzu, dass Männer versuchen, sie über Smartphones zu orten oder damit drohen, intime Bilder in sozialen Netzwerken zu teilen.
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Die rechtliche Lage:
Deutschland hat die Istanbul-Konvention unterzeichnet. Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist im Februar in Kraft getreten und rechtlich bindend. Die Bundesregierung verpflichtet sich, Schutz und Unterstützung aller von Gewalt betroffenen Frauen schnell und unbürokratisch zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört eine verlässliche Finanzierung, ein barrierefreier Zugang sowie rein rechnerisch ein Frauenhausplatz auf 10.000 Einwohner. In Duisburg wären das also rund 50 Plätze, 31 mehr als jetzt.
So sind die Frauenhäuser aktuell finanziert:
Grundsätzlich muss jede Frau ihren Platz im Frauenhaus selbst bezahlen. Kann sie das nicht, springt die Sozialhilfe ein, vorausgesetzt der Aufenthaltsstatus ist geklärt. Pech haben auch Schülerinnen, Auszubildende oder Studentinnen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. „Die Frauen können wir im Prinzip gar nicht aufnehmen“, bedauert Limpinsel, die dann auf Häuser in anderer Trägerschaft verweist - wenn denn da Plätze frei sind.
Das Autonome Frauenhaus arbeitet mit sechs Kolleginnen auf vier Stellen, das Land trägt 64 Prozent der Personalkosten. Die Gebag sponsert die Miete, aber Betriebskosten, weitere Personalkosten, Renovierung, Ausstattung und vieles mehr kosten auch. Das Team muss jedes Jahr 60.000 Euro an Spenden eintreiben. Die Akquise ist zeitintensiv – und die Zeit fehlt bei der Betreuung der Frauen. Trotzdem hat das Autonome Frauenhaus erst Anfang des Jahres zwei weitere Familienplätze geschaffen.
Ähnlich ist die Situation beim Frauenhaus Duisburg, wo ein Spendenbedarf von rund 130.000 Euro im Soll steht. Dank Hauptsponsor Sparkasse sind davon jährlich 90.000 Euro bereits im Sack. Aber auch hier ist die Akquise ein mühsames Geschäft, sagt Bartl.
Das fordert die SPD in ihrem Antrag:
Der Verein „Frauen helfen Frauen“ als Träger des Autonomen Frauenhauses soll mit 25.000 Euro unterstützt werden. „Darüber hinaus brauchen wir zusätzliche Mittel, um in Duisburg mehr Plätze zu schaffen und damit Überbelegungen oder sogar Abweisungen zu verhindern“, sagt Ellen Pflug, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Ratsfraktion.
Die Grünen Ratsfraktion unterstützt das Vorhaben mit dem Hinweis, zusammen mit den Linken Ende 2018 einen ähnlichen Antrag gestellt zu haben. Damals wurde er von der Ratsmehrheit abgelehnt.
Grünen-Ratsfrau Birsel Katurman betont: „In Duisburg erleben Frauen und Mädchen Gewalt als ein alltägliches Phänomen. Besonders erschreckend sind die Zahlen der Tötungen und Straftaten mit Todesfolge oder versuchten Tötungen durch einen (Ex-) Partner. Es ist die ureigene Aufgabe einer Stadtverwaltung für ihre bedrohten Bürgerinnen Schutzräume bereit zu halten.“
Weitere Infos, auch zu Spendenmöglichkeiten: Frauenhaus Duisburg gGmbH, Tel. 0203 / 370073, Mail: info@frauenhaus-duisburg.de
Autonomes Frauenhaus: Tel.: 0203-6 22 13, Mail: autonomesfrauenhausdu@web.de
Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: Tel. 08000/116016