Duisburg. Der neue Chef im Landschaftspark will bewahren und verändern. Wie er den Weg für die nächste Generation bereitet und Achterbahnen verhindert.

Der Landschaftspark Duisburg-Nord hat einen neuen Leiter: Frank Jebavy, bislang für die Veranstaltungen verantwortlich und unter anderem Festivalleiter des Traumzeitfestivals, hat im Herbst die Arbeit als Geschäftsbereichsleiter übernommen. Wie es um den Park bestellt ist und welche Pläne er hat, erzählt der 61-jährige Duisburger im Interview.

Was bedeutet der Landschaftspark für Sie persönlich?

Er ist ein Park für die ganze Stadt, Industriedenkmal und Natur- und Kulturraum zugleich. Er ist in seiner Komplexität einzigartig und wir müssen behutsam mit ihm umgehen. In den Biotopen gibt es über 450 Blütenpflanzen-Arten, über 60 Vogelsorten und überhaupt eine reiche Tierwelt. Die Natur hat sich ihren Raum zurückerobert und ist mit den alten Industrieanlagen eine Symbiose eingegangen. Das haben die Gründerväter so gewollt und diese Ambition ist aufgegangen.

Welche Konsequenzen hat das für die Möglichkeiten innerhalb des Parks?

Es gab immer wieder Bestrebungen, auch aus der Bürgerschaft heraus, hier einen Vergnügungspark entstehen zu lassen. Aber Wasserrutschen oder Achterbahnen sind ein No-Go. Wer auf solche Ideen kommt, hat den Park nicht verstanden. Wir Betreiber müssen immer wieder neu abwägen, welche Nutzungen wir zulassen. Wildeste Ravepartys kann ich mir hier nicht vorstellen. Mit Formaten wie der Ruhrtriennale oder dem Sommerkino haben wir sehr wertige Kulturveranstaltungen, die dem Wesen des Parks gerecht werden. Das Publikum geht in der Regel sensibel mit dem Park um. Wenn montags nach dem Traumzeitfestival die letzten Camper abreisen, findet man keinerlei Müll auf dem Sinterplatz.

Im letzten Jahr gab es viele Film- und Fernsehaufnahmen, unter anderem wurde zwei Wochen für den Hollywood-Film „Tribute von Panem“ gedreht. Wie soll es mit diesem Geschäftsfeld weitergehen?

Wir hatten sechs Wochen Innen-Aufnahmen für Fernsehproduktionen und die Kinoproduktion war spektakulär. Das geht nicht jeden Tag, wir sind kein Filmstudio und wir können den Park im Alltag nicht ständig großräumig absperren. Solche Produktionen ehren uns trotzdem.

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Wie sieht es finanziell mit dem Landschaftspark aus?

Durch die Corona-Pandemie wurden wir wie alle Veranstalter ziemlich gerupft. Aber 2022 können wir auf 620 Belegungstage blicken, das ist wieder das Niveau wie vor Corona. Die Belegung der Kraftzentrale durch die Geflüchteten aus der Ukraine ist bei dieser Zählung nicht mit eingeflossen. Wir hatten 13.000 Teilnehmer in 844 Führungen. Allein am Haupteingang sind 1,3 Millionen Besucher erfasst worden. Der Wahnsinnserfolg führt aber dazu, dass wir nach so vielen Jahren bei der Infrastruktur nachbessern müssen.

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Wo hakt es denn?

Die Verkehrsführung und die Parkplatzsituation müssen entwickelt werden. Wir reden ständig von Besucherrekorden, dabei besteht die Gefahr, auch zu überfordern. In den kommenden Jahren wollen wir die Besucherinfrastruktur verbessern. Das wird aber ohne Unterstützung nicht gehen. Wir investieren permanent: Unsere Metallwerkstatt macht nichts anderes als täglich zu schweißen und zu reparieren, um für die Sicherheit im Park zu sorgen. In diesem Jahr soll außerdem das Windrad rekonstruiert werden. 2024 wird unter anderem das Dach der Gebläsehalle saniert, dafür muss sie auch ein paar Monate gesperrt werden.

Verstehen Sie sich als Hüter der Ideen, mit denen die Gründer des Parks antraten?

Die Urväter Professor Peter Latz und Prof. Dr. Karl Ganser waren Ende der 80er Jahre Visionäre. Sie haben auf einer Fläche, die auch als Gewerbepark hätte enden können, statt englischem Rasen vieles riskiert und in Teilbereichen der Natur freien Raum gelassen. Die IG Nordpark hatte zuvor erfolgreich dafür gekämpft, dass das ehemalige Hüttenwerk als Erinnerung an die Kultur- und Industriegeschichte für Duisburg bewahrt wird. Das sollte bei allem, was hier passiert, sichtbar bleiben. Ich sehe mich als Bewahrer, aber auch als Vorbereiter des Übergangs. In Zukunft muss die nächste Generation die Geschicke des Parks lenken. Und wenn ich unser junges Team sehe, das jeden Tag für den Park brennt, wird mir dabei nicht bange.

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Was wollen Sie bis dahin anstoßen?

Mein Traum ist, für die Besucher, die die kolossale Kulisse sehen, auch die Geschichte dahinter tiefer erfahrbar zu machen, sie aus ihrer Anonymität zu holen. Dem Park fehlt ein Erinnerungs- oder Geschichtsraum, der auch die Sozialgeschichte des Hüttenwerks und der Menschen, die hier täglich Staub gefressen haben, zeigt. Wir neigen zur Heroisierung, da nehme ich mich gar nicht aus. Wenn der Knappenchor das Traumzeitfestival eröffnet, ist das eine nostalgische Verklärung. Er gehört zu unserer DNA, erzählt aber nicht vom Staub und Schweiß, von der harten Arbeit, den Verletzungen.

Gibt es dazu schon konkrete Pläne?

In diesem Jahr wollen wir mit einigen ehemaligen Hüttenwerkern intensiv Interviews vor der Kamera führen, um ihre Erlebnisse als geschichtliche Zeugnisse festzuhalten. Wenn jemand noch eine Fotokiste aus der Zeit auf dem Speicher hat: Wir nehmen das supergern an. Räumlichkeiten haben wir auf dem Gelände, erste Ideen dazu wachsen, eine Finanzierung gibt es aktuell aber noch nicht.

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Was bedeutet dieser berufliche Wechsel für Sie persönlich?

Ich muss deutlich mehr Verwaltungsaufgaben übernehmen, auch mehr das Gesamte im Blick haben. Ich empfinde es als Herausforderung, aber auch als Zeichen des Vertrauens, dass man mich gebeten hat, diese Aufgabe in der Nachfolge von Ralf Winkels zu übernehmen. Ich versuche, dem gerecht zu werden.

Wie wird das Traumzeitfestival künftig organisiert?

Neue Festivalleiterin wird Vivian Theweleit. Sie arbeitet schon einige Jahre in der Vermarktung und im Veranstaltungsbereich. In diesem Jahr werde ich es mit ihr zusammen leiten, dann ist aber auch hier Zeit für einen Generationenwechsel.

Wird es weitere Veränderungen geben?

Nein, das Team ist sehr gut aufgestellt. Wir haben erfahrene Leute und einen jungen Mitarbeiterstamm, der mehr Verantwortung übernehmen kann, der reinwachsen muss. Ich muss nicht alles selbst entscheiden, wir haben hier kluge Köpfe, die mitdenken.

Frank Jebavy sieht sich im Landschaftspark Duisburg-Nord als Vermittler, bald soll die jüngere Generation die Verantwortung übernehmen.
Frank Jebavy sieht sich im Landschaftspark Duisburg-Nord als Vermittler, bald soll die jüngere Generation die Verantwortung übernehmen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

>>Herausforderungen durch Unterbringung ukrainischer Geflüchteter

Im Mai bezogen hunderte ukrainische Geflüchtete die Kraftzentrale. Dafür mussten einige Veranstaltungen abgesagt werden. „Das hat weh getan, aber wir haben keine Sekunde gezögert, die Kraftzentrale in dieser Notsituation zur Verfügung zu stellen“, sagt Frank Jebavy. Die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr habe hervorragend geklappt.

Durch das Zeltdorf auf der Hamborner Straße gab es im weiteren Verlauf des Jahres Engpässe, weil diese Fläche bei großen Veranstaltungen als Parkplatzreserve genutzt wird. „Beim Lichtermarkt mussten wir deshalb manche wieder nach Hause schicken.“

Umso wichtiger sei es, dass der Landschaftspark Nord wieder eine eigene Haltestelle bekommt. „Bei großen Veranstaltungen wie der Extraschicht oder den Ruhr Games zahlen wir Zusatzbusse, weil wir erreichbar sein wollen und nur so sicherstellen können, dass unsere Gäste auch nachts noch sicher wegkommen.“ 1,3 Millionen Besucher seien aber ein Grund, darüber nachzudenken, den öffentlichen Nahverkehr hier auszubauen.

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