Duisburg. Essenspakete für Duisburg aus China: Diese Kuriositäten erlebten Studierende und Dozenten während der Pandemie. Jetzt kehrt Normalität zurück.
Kein studentischer Austausch nach China, dafür Essenspakete von besorgten chinesischen Eltern: In den vergangenen drei Pandemie-Jahren lief das Studium in Duisburg für viele nicht wie gewohnt – insbesondere am Institut für Ostasienwissenschaften. So langsam kehrt wieder Normalität ein, dieses Jahr sind zum ersten Mal seit der Pandemie wieder Auslandsaufenthalte in China geplant.
Eine Dozentin, ein Sprachlehrer und ein Student berichten von ihren Erfahrungen an der Universität zu einer Zeit, in der die enge Zusammenarbeit mit dem Partnerland China nicht möglich war und sprechen darüber, wie es weiter geht.
Verpflichtendes Auslandsjahr für Duisburger Studenten war drei Jahre lang nicht möglich
„Im September können die ersten Studenten endlich wieder ein Auslandsjahr in China verbringen“ freut sich Duanzhuang Zheng, Dozentin am Institut für Ostasienwissenschaft in Duisburg. Bis Ende 2022 stand in China eine Null-Covid-Politik mit sehr starken Einschränkungen für die Bevölkerung auf der Tagesordnung – dann wurden sehr überraschend nahezu alle Maßnahmen beendet.
Seit dem 8. Januar ist eine Einreise nach China trotz hoher Infektionszahlen im ganzen Land wieder ohne Quarantäne möglich.
Eigentlich sei ein einjähriger Auslandsaufenthalt für alle Bachelorstudenten der Ostasienwissenschaften verpflichtend, erklärt Zheng. Seit 2020 musste das Jahr in China allerdings ausfallen. Den Studenten seien zwar Ersatzkurse angeboten worden, die Erfahrungen im Ausland konnten so allerdings nicht ersetzt werden. Die Dozentin erinnert sich: „Die Stimmung in den Seminaren war sehr gedrückt, ich hatte teilweise den Eindruck, gegen eine Wand zu reden.“
Dass in diesem Jahr wieder die ersten Studentinnen und Studenten nach China reisen können, erleichtert sie sehr. Ihr Anliegen sei es, allen Studenten den Auslandsaufenthalt zu ermöglichen – auch denen, die durch Ersatzkurse nicht mehr verpflichtend nach China müssten.
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Damit kehrt ein wichtiges Stück Normalität an die Universität zurück. Sowohl die deutschen Studenten, als auch die in Duisburg lebenden chinesischen Austauschstudenten erlebten in den vergangenen Jahren eine Zeit des „völligen Ausnahmezustands“, wie es Zheng beschreibt. Auch für Dirk Scholten-Akoun, Geschäftsführer der Sprachschule Akoun & Scholten, brachte die Pandemie viele Herausforderungen. Täglich arbeitet er seit vielen Jahren mit Studenten zusammen, die aus China nach Deutschland gezogen sind und in seiner Sprachschule ihre Deutschkenntnisse verbessern.
Chinesische Eltern dachten, Duisburg wird bei Corona-Infektionen von der Außenwelt abgeriegelt
„Die größte Herausforderung der vergangenen drei Jahre war die unterschiedliche Umgangsweise mit der Pandemie in China und Deutschland“, erzählt Scholten-Akoun. Während der Pandemie seien die hier lebenden Studenten auf einem ganz anderen Informationsstand gewesen, als deren Familien in China. Scholten-Akoun führt aus: „Wenn hier ein Student während eines Präsenzkurses positiv auf das Corona-Virus getestet wurde, musste er zwar ein paar Tage in Quarantäne, aber ansonsten ist für uns alles normal weitergelaufen. Die Eltern in China wiederum waren total panisch und haben gefragt, ob sie uns Essenspakete schicken sollen – die dachten wirklich, dass ganz Duisburg wegen einer Corona-Infektion von der Außenwelt abgeriegelt wird.“
Als den Eltern bewusstgeworden sei, dass die Regelungen in Deutschland nicht so streng sind wie in China, hätten sie die deutsche Umgangsweise mit dem Virus als völlig unverantwortlich kritisiert. „Die Studenten standen zwischen den Fronten und haben sich nicht mehr in die Kurse getraut“, erinnert sich der Sprachlehrer. Sie hätten eine Zeit lang alles in Frage gestellt, was die Stimmung im Studentenkreis sehr belastet habe. Die Einsamkeit der Studenten habe sich verdoppelt und verdreifacht.
Duisburger Student aus China erlebte viermonatigen Lockdown
Chengkai Shao kam erst nach der Pandemie-Hochphase, im Oktober 2022, zum Studieren nach Deutschland. Der 20-Jährige studiert im dritten Semester an der Universität Duisburg-Essen Mechanical Engineering. Als die Pandemie losging, bereitete er sich gerade auf seine Abiturprüfungen in der ostchinesischen Küstenstadt Ningbo vor. Er erlebte die harten Maßnahmen in China hautnah: „Es gab einen viermonatigen Lockdown, in dem wir das Haus wirklich gar nicht verlassen durften – wir haben niemanden gesehen“.
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Umso mehr freut Shao sich, mittlerweile in Deutschland wieder einen fast normalen Alltag zu haben – auch wenn die meisten Kurse an der Uni weiterhin online stattfinden. Er selbst wurde sehr nett willkommen geheißen, erzählt der Student. Von anderen Studenten habe er aber auch von Anfeindungen mitbekommen: „Manche Leute geben uns die Schuld an der Pandemie. Ich bin sehr glücklich, dass ich noch keine Anfeindungen erleben musste“.
Chinesisches Frühlingsfest in Duisburg findet erstmals seit drei Jahren wieder statt
Besonders freut Shao sich auf das anstehende chinesische Frühlingsfest, welches vom Konfuzius-Institut organisiert wird und zum ersten Mal seit der Pandemie wieder stattfindet. Gäste aus Duisburgs Partnerstadt Wuhan werden zum Fest am Dienstag (17. Januar) nicht erwartet, dafür habe sich der Reiseverkehr nach China noch nicht normalisiert. Dennoch sind die Studenten und Organisatoren froh, dieses Jahr wieder zusammen feiern zu können.