Homberg. Josef Kun baute die „Weißen Riesen“ in Duisburg-Hochheide. Ein illustrer Baumogul, der spektakulär scheiterte. Spurensuche in Homberg und Bayern.
Wie würde Hochheide wohl heute aussehen, hätte Josef Kun damals weitermachen können und wäre eben nicht pleite gegangen? Vermutlich stünden auf dem gesamten Gebiet der Rheinpreußensiedlung nun Wohntürme der Bauart „Weißer Riese“. Dass es nicht so kam und der illustre Baulöwe aus Homberg verschwand, soll er sich überwiegend selbst zuzuschreiben haben. Eine Spurensuche in Homberg und Bayern.
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Innerhalb von 19 Jahren hat der Bergarbeitersohn, so schrieb es das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ im Jahr 1971, „aus einer Klitsche einen Konzern gemauert, eines der zehn größten Bauunternehmen in der Bundesrepublik.“ 4500 Arbeitnehmer waren für ihn tätig mit Aufträgen von rund 2,8 Milliarden Mark. Hemdsärmelig soll er gewesen sein, hatte er doch selbst einige Jahre auf dem Bau geschuftet. Es ist die Geschichte überliefert, dass er seinen Bauarbeitern dann und wann Mittagessen, Zigaretten und Bier auf die Baustelle brachte.
Politik und Geschäft miteinander vereint
Kun soll es verstanden haben, Politik und Geschäft miteinander zu verquicken, sein Netzwerk reichte in die Düsseldorfer Staatskanzlei und weit darüber hinaus. Die Kommunalpolitik nahm er dagegen eher weniger ernst: „Die Gemeinden können so viele Beschlüsse fassen, wie sie wollen, es kommt so, wie ich es sage.“ Für ihn gelte es nicht, „wenn ein Haufen Idioten einen Beschluss macht.“ Hochmut und allerlei Kungelei sollten einen Untersuchungsausschuss im Landtag nach sich ziehen, obendrein drehten die Banken den Geldhahn zu.
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Am 3. Juli 1973 titelte schließlich die „Bild“: „Deutschlands Baulöwe kaputt“. 3500 Arbeiter standen auf der Straße, es hatten sich Schulden in Höhe von 560 Millionen Mark angehäuft. Der Umbau Hochheides samt der „Weißen Riesen“ – Kuns heimatnahes Prestigeobjekt – war zum Zeitpunkt der Insolvenz noch nicht fertiggestellt. Es sollen andere Firmen angerückt sein, um das Werk zu vollenden.
Auch in Bayern kannte man seine Geschichte
Um Josef Kun wurde es nach der spektakulären Pleite still, er zog nach Bayern, in den kleinen Ort Bad Abbach nahe Regensburg. Auch dort hat die Geschichte des Baumoguls offenbar längst die Runde gemacht. „Klar, Josef Kun ist im Ort bekannt“, hieß es aus dem Rathaus, bei dem Versuch der Redaktion, ihn im Zuge der ersten Sprengung 2019 für ein Gespräch zu gewinnen. Der Bürgermeister würde ihn fragen, wenn er ihm das nächste Mal begegne. „Dann ruft er sicher einmal in seiner alten Heimat an.“ Ein Anruf der ausbleiben sollte.
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Irgendwie war Josef Kun bei den Sprengvorbereitungen allgegenwärtig. „Das Mauerwerk ist derart hart und massiv, wir werden jede Menge Sprengstoff benötigen“, hieß es auf der Baustelle. Aufwändige Probesprengungen waren nötig, um die Menge des benötigten Plastiksprengstoffes präzise ermitteln zu können. Am Ende zwangen 290 Kilogramm Sprengstoff den ersten „Weißen Riesen“ an der Friedrich-Ebert-Straße sprichwörtlich in die Knie. Für den baugleichen zweiten „Riesen“ wird wohl eine ähnlich gewaltige Menge fällig.
Massive Bausubstanz, der „Riese“ ist standfest
Das steinerne Vermächtnis Josef Kuns - er starb an seinem 89. Geburtstag am 29. Februar 2020 in Regensburg – wird also kleiner. Und dass, obwohl die Bausubstanz für die Ewigkeit gebaut worden zu sein scheint. Die teilweise zu Schrottimmobilien verkommenen Wohntürme verschwinden nach und nach. Nächster Termin: 5. September 2021. Ein Drittel ist dann weg, fällt im Jahr 2022/23 auch das Haus Ottostraße 54-56, hat sich der frühere Hochhaus-Wohntraum halbiert.
Zu Freude der Menschen, die in der schnuckeligen Rheinpreußensiedlung wohnen. Die ist nämlich von den Plänen Josef Kuns und auch Dank massiver Proteste vom Abriss verschont geblieben...
Die „Weißen Riesen“ in Hochheide
Die jeweils 20 Etagen hohen Bauten wurden 1974 auf einem Teil des Geländes der Rheinpreußensiedlung fertiggestellt, der Ratsbeschluss erging 1969. Hier eine Übersicht:
Das Haus Ottostraße 18/20 (160 Wohnungen) ist komplett saniert, gehört einer Eigentümergemeinschaft und ist voll belegt.
Ottostraße 24-30 (320 Wohnungen) wird aktuell für die Sprengung am 5. September vorbereitet.
Das Haus Friedrich-Ebert-Straße 10-16 wurde am 24. März 2019 durch die Thüringer Sprenggesellschaft gesprengt.
Ottostraße 54-56 (160 Wohnungen) ist seit 2019 im Besitz der Stadt und inzwischen leergezogen worden. Es soll ebenfalls gesprengt werden.
Ottostraße 58-64 (320 Wohnungen) gehört einer Eigentümergemeinschaft und soll zu rund 70 Prozent belegt sein.
Der „Rote Riese“, ein für zwölf Millionen Euro sanierter Bau, steht an der Hanielstraße 36/38. Er soll zu rund zwei Dritteln belegt sein.