Duisburg. . Die Siedlung Johannenhof in Homberg-Hochheide macht es unerfahrenen Paketboten nicht leicht, bietet aber seit über 100 Jahren Lebensqualität.

Dass die geraden Hausnummern und die ungeraden auf der selben Straßenseite zu finden sind, ist ungewohnt, dass Hausnummer 24 Nachbar ist von Hausnummer 55, mag verblüffen – doch was Paketboten nachhaltig irritiert, ändert nichts an der Lebensqualität im Johannenhof. Sicherlich zeigt die Siedlung in Hochheide mustergültig, wie heimelig Arbeiterwohnungsbau ausfallen kann, wenn bei der Planung nicht an Arbeiter als Bewohner gedacht wird.

Rückblende um 103 Jahre: Ab 1913 wurde gebaut an einer „Beamtensiedlung“ für Verwaltungsangestellte, Steiger und Meister der Zeche Rheinpreußen. Für die Arbeiter war bereits zehn Jahre zuvor in unmittelbarer Nähe gebaut worden und zwar die Siedlung, deren erhaltene Teile noch heute den Namen des Bergwerks tragen.

Die frührere Zechensiedlung aus der Luft gesehen.
Die frührere Zechensiedlung aus der Luft gesehen. © Hans Blossey

Städtebaulich unterscheiden sich beide Siedlungen noch heute. Statt der offenen Bebauung mit Vierfamilienhäusern, die die Arbeitersiedlung prägt, sollten die Beamtensiedlung den Hof im Namen auch verdienen durch eine nach außen geschlossen wirkende Anordnung der Gebäude, Torhäusern an den Zuwegen und einem großen freien Innenraum. Die Hauszeilen der Siedlung sind durch Stallanbauten „verkettet“, heißt es in der 2008 veröffentlichten Gestaltungsfibel für den Johannenhof, wobei einige Verbindungsbauten auch noch Tordurchfahrten aufweisen. Ein Stall pro Haus klingt heute befremdlich, aber Schwein, Ziege oder Schaf sowie ein paar Hühner gehörten einst zum normalen Haushalt. Und ein Taubenschlag hier und ein Gewächshaus dort zeigen noch heute, dass einige Bewohner nach wie vor eng mit Flora und Fauna verbunden sind.

Johannenhof war vom Abriss bedroht

Bei der Gestaltung der Häuser, von denen sechs Typen mit Wohnflächen von 80 bis 120 Quadratmetern gebaut wurden, hat man sich damals noch ein bisschen mehr Mühe gegeben als bei der schon durchaus ansehnlichen Rheinpreußen-Siedlung. Schließlich sollte der Johannenhof äußerlich sichtbar machen, dass das Führungspersonal etwas besser wohnt. Unterschiedliche Dachformen, Gauben, Fassadenteile in Putz, andere mit Holzelementen, Gärten vor und hinter den Häusern, der großzügige zentrale Platz – schöner wohnen lässt es sich dort noch immer. Dass es seinerzeit letztlich an Steigern und anderen Chefs fehlte, um alle Wohnungen zu beziehen, und auch der normale Kumpel zum Zuge kam, wird zumindest letzteren nicht gestört haben.

Die Lebensqualität hat sich erhalten über das vergangene Jahrhundert, auch wenn der Johannenhof in den 70er Jahren wie die Rheinpreußensiedlung vom Abriss bedroht war. Jetzt kündet die Vielfalt der Garten- und Terrassengestaltungen von der Verbundenheit der Bewohner mit „ihrer“ Siedlung. Und immer findet sich am Gartenzaun einer, der dem Besucher die Sache mit den Hausnummern erklären kann.