Duisburg. Das Ralph-Siegel-Musical „’N bisschen Frieden“ ist in Duisburg gescheitert. Tom Barcal und andere Darsteller geben Einblicke hinter die Kulissen.

Das Musical „’N bisschen Frieden“ von Ralph Siegel im Theater am Marientor (TaM) in Duisburg ist bekanntlich eingestellt worden (wie berichtet). Darsteller und Komparsen sind enttäuscht über das Aus und gewähren Einblicke hinter die Kulissen des gescheiterten Musicals. Dabei sparen sie nicht mit Kritik.

„Das Stück ist großartig. Ralph Siegel trifft keine Schuld“, sagt Tom Barcal. Dem Schauspieler und gebürtigen Duisburger, der ebenso wie seine Ehefrau Stefanie Black zum Ensemble des Musicals gehörte, ist es wichtig, den Starkomponisten, der ab den 60er Jahren Lieder für Mireille Mathieu, Marianne Rosenberg, Rex Gildo oder Udo Jürgens schrieb, von der Schuld am Aus freizusprechen. Das habe auch der Applaus des Publikums gezeigt.

+++ Laut einer „Presseerklärung“ will Wolfgang DeMarco als Direktor des TaM zurücktreten – zum Bericht +++

„’N bisschen Frieden“: War das Marketing nicht ausreichend?

Fehler sieht der ehemalige „Alles was zählt“-Darsteller aber an anderer Stelle. Das Marketing für die ursprünglich 35 geplanten Vorstellungen sei „unterirdisch“ gewesen. Es hätte deutlich mehr in die Bewerbung investiert werden müssen. Letztlich waren es auch die geringen Ticketverkäufe, die zum vorzeitigen Aus des Musicals geführt haben.

Nach dem vorläufigen Aus glaubte Tom Barcal schon nicht mehr, dass das Musical wie angekündigt auf die Bühne zurückkehren wird. Und der „Neumühler Junge“, wie er selbst sagt, der „mit Stolz“ auf der TaM-Bühne stand, sollte recht behalten. Es folgte bekanntlich die Insolvenz der NBF Produktionsgesellschaft.

Tom Barcal im TaM während der Vorstellung für „’N bisschen Frieden“. Der gebürtige Duisburger war stolz, in seiner „Heimatstadt“ auf der Bühne zu stehen.
Tom Barcal im TaM während der Vorstellung für „’N bisschen Frieden“. Der gebürtige Duisburger war stolz, in seiner „Heimatstadt“ auf der Bühne zu stehen. © Eugen Shkolnikov | Eugen Shkolnikov

Darsteller erheben Vorwurfe – Strafanzeige erhoben?

„Das Aus ist extrem enttäuschend“, sagen Barcal und Black, die bislang kein Geld für Proben oder Aufführungen bekommen haben. Ein fünfstelliger Betrag stehe aus. Geld, auf das viele Mitglieder des Ensembles so kurz vor Weihnachten eigentlich angewiesen sind. Zu Beginn der Proben sei angekündigt worden, dass ein Abbruch ausgeschlossen sei.

Immer wieder habe es rückblickend kleinere Ungereimtheiten gegeben, nicht immer sei es professionell hinter den Kulissen abgelaufen. Das berichten auch Schauspielerinnen gegenüber der Rheinischen Post. Mindestens drei Schauspieler werden juristisch vertreten, ein Hamburger Anwalt prüft eine mögliche Strafanzeige gegen Produzent Wolfgang DeMarco, so das Medium.

Kostüme kamen sehr spät oder sollen ganz gefehlt haben, ebenso Perücken, die dann kurzerhand Darsteller in der Innenstadt gekauft haben sollen. Mit ihren eigenen Kosmetikprodukten hat Stefanie Black einige Kollegen und Kolleginnen für den Auftritt geschminkt, erzählt sie. Statisten sollen gefehlt haben, Bühnentechniker haben ihre Parts kurzerhand übernommen.

„’N bisschen Frieden“: Das haben Komparsen bei der Produktion erlebt

Eine der Komparsen war Heidi Freida. Die Statistin spricht auch von „chaotischen Zuständen“ hinter den Kulissen. 13 Euro die Stunde sollte sie erhalten. Anders als zuvor vereinbart, gehörte plötzlich die Platzierung von Requisiten und den schweren Bühnenbildern zur Aufgabe der 68-Jährigen. Das Personal sei ausgefallen, soll es als Begründung geheißen haben. „Wenn wir gewusst hätten, was uns körperlich erwartet, wären einige abgesprungen“, sagt die Duisburgerin.

125 Stunden habe Heidi Freida für die Produktion gearbeitet – und keinen Cent dafür gesehen. Das gilt auch für die Erstattung von Taxikosten, die nach langen Probennächten und in Absprache mit dem Produzenten übernommen werden sollten. „Wahrscheinlich sehe ich nichts von dem Geld“, sagt die 68-Jährige, die einen Antrag auf Insolvenzgeld stellen wird.

Stefanie Black hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, im Rahmen des Insolvenzverfahrens entlohnt zu werden. Sie hofft auch, dass der letzte Vorhang für das Musical „’N bisschen Frieden“ noch nicht gefallen ist. Dass es „irgendwo, irgendwann wieder zu Leben erweckt wird“, schreibt die Sängerin, die schon bei The Voice of Germany und X-Factor zu sehen war, auf ihrem Instagram-Kanal. „So ein tolles Stück muss einfach weiterleben.“

Stefanie Black in der Bildmitte mit anderen Tänzern und Darstellern der „’N bisschen Frieden“-Produktion. Das Ralph-Siegel-Musical hat nach nur wenigen Vorstellungen Insolvenz angemeldet.
Stefanie Black in der Bildmitte mit anderen Tänzern und Darstellern der „’N bisschen Frieden“-Produktion. Das Ralph-Siegel-Musical hat nach nur wenigen Vorstellungen Insolvenz angemeldet. © Eugen Shkolnikov | Eugen Shkolnikov

>> „’N bisschen Frieden“: Produzent wünscht sich keine „Schlammschlacht“

  • Für einige Darsteller scheint das Tischtuch mit Produzent Wolfgang DeMarco zerschnitten: „Ich werde künftige Arbeiten mit dem Produzenten Wolfgang DeMarco strikt ablehnen“, hatte Hauptdarstellerin Jennifer Siemann nach dem Musical-Aus über Instagram kommuniziert.
  • Für Duisburg ist es die zweite Musical-Pleite, die mit dem Namen DeMarco in Verbindung steht. Das von ihm produzierte Musical „Wallace“ scheiterte 2019 krachend und endete ebenso in einer Insolvenz. „Wir von Wallace warten leider immer noch auf unser Insolvenzgeld“, kommentierte ein Darsteller unter Jennifer Siemanns Beitrag.
  • TaM-Chef und Produzent Wolfgang DeMarco wolle keine „Schlammschlacht“, werde die Vorwürfe deshalb nicht mehr kommentieren. Nur so viel: Eine Uraufführung impliziere in der Theaterwelt immer auch Chaos.
  • Nach der Pleite für ein „’N bisschen Frieden“ und den deutschlandweiten Negativschlagzeilen für das Theater am Marientor soll am 18. Dezember die Bühne bespielt werden. Es ist ein Zeichen der Kulturszene, dass dieser besondere Spielort lebt, so DeMarco. Zugesagt für die Show „Duisburg fürs TaM“ haben bereits Wolfgang Trepper und Kai Magnus Sting.