Duisburg. Mit Kunstwerken machen Schüler auf die Gesamtschule Globus in Duisburg aufmerksam. Sie schenken Glück – und fordern mehr Aufmerksamkeit für sich.
Sie verteilen Glück mit kleinen Kunstwerken. Die Schüleraktion auf dem Weihnachtsmarkt Duisburg ist allerdings eher Fingerzeig in Sachen Bildungsnotstand, ein Schrei nach Liebe.
„Die Lage hat sich zugespitzt“, sagt Fabian Theiß, Schulleiter der Globus-Gesamtschule in Duisburg - deshalb haben Schülerinnen und Schüler der Globus-Gesamtschule in Duisburg die Aktion durchgezogen, die eigentlich schon 2020 anstand, aber Corona lässt manche Ideen gut altern.
Damals hatten alle 1000 Kinder von Klasse 5 bis Jahrgangsstufe 13 ein kleines Bild gemalt – abstrakt oder figürlich, bunt oder noch bunter, ganz individuell. Jetzt wurden die Bilder, die mit einem Magneten an der Kühlschranktür hängen können, in der Innenstadt verteilt.
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Bündnis Schule³ fordert mehr Lehrer, kleinere Klassen, bessere digitale Ausstattung
Die Kunstaktion nutzen der ehemalige Schulleiter Erhard Schoppengerd und sein Nachfolger Theiß auch dazu, die politischen Forderungen des Bündnisses Schule³ ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Schulen aus NRW, die darin Mitglied sind, liegen häufig in armen Stadtteilen, sind schlecht ausgestattet und können nur schwer Lehrer für sich gewinnen.
Um den Kindern und Jugendlichen gleiche Bildungschancen zu gewähren, fordern sie, Ungleiches ungleich zu behandeln. Weil sie mehr Schüler mit Förderbedarf haben, mehr Schüler mit Migrationshintergrund, mehr Schüler ohne deutsche Sprachkenntnisse und mehr Kinder aus Familien mit SGBII-Bezug, fordern sie mehr Lehrer, kleinere Klassen, Wertschätzung ausstrahlende Gebäude und eine digitale Ausstattung, die kompensiert, was in den Familien daheim fehlt.
„Unsere Schule wird vernachlässigt“
Jumoke aus der Jahrgangsstufe 11 macht gern mit und verteilt die Kunstwerke. „Unsere Schule wird vernachlässigt, sie verdient mehr Aufmerksamkeit“, sagt sie. Mohammed etwa ärgert sich, dass die Oberstufe für den Sport zur Hitzestraße fahren muss. Dadurch gehe viel Zeit verloren „und manchmal kommt auch der Bus nicht“. Der Abiturient erzählt, dass seit 1999 ein Plan für eine Dreifach-Turnhalle vorliegt, am Dellplatz aber immer noch nur eine Einfach-Turnhalle steht.
Schulleiter Fabian Theiß bestätigt, dass eine Tuschezeichnung seit 25 Jahren auf die Umsetzung wartet. Während die zeitgleich geplanten Turnhallen an Steinbart- und Krupp-Gymnasium längst eingeweiht werden konnten, lebt die Gesamtschule mit einem Provisorium, dessen Zukunft ebenfalls ungewiss ist. Denn am Standort Hitzestraße entsteht eine Förderschule. Ob die Schüler der Globus-Gesamtschule dann noch dorthin pendeln können, sei offen.
Auch Susanna Schwabe-Dursun von der Schulpflegschaft unterstützt die Aktion. Das Lehrer-Kollegium sei immer mit Herz dabei, ungeheuer empathisch, lobt sie. Aber räumlich mangele es an vielem.
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Schulen werden ungleich behandelt
Ungerechtigkeiten beobachten die Schulleiter auch an anderen Stellen: „Kennen Sie ein Gymnasium, das auf mehrere Standorte verteilt ist? Eines, das Container als Klassenräume benutzt?“, fragt Schoppengerd etwas ketzerisch. Man könnte ergänzen, dass die Gymnasien die einzige Schulform in Duisburg sind, die bei den Besetzungsverfahren in aller Regel ihre Stellen voll bekommen, während in allen anderen Schulformen Löcher in den Lehrerkollegien bleiben.
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Theiß ergänzt, dass die Gesamtschulen „den größten Anteil bei der integrativen Arbeit leisten“, durch die Ungleichbehandlung der Schulformen sei langfristig der soziale Frieden gefährdet.
Das Bündnis Schule³ informiert auf der Webseite über die Forderungen: https://ggg-web.de/z-nw-aktuell/1201-schulen-hoch-drei
>>WAS HAT SICH SEIT DEM BESUCH DER SCHULMINISTERIN GETAN?
- Bildungsministerin Dorothee Feller war im August auf Besuchstour durch Schulen in mehreren Städten. In Duisburg machte sie an der Globus-Gesamtschule den Auftakt. Intensiv schilderten die Gastgeber ihre Probleme, die von Raummangel bis Personalnot reichen.
- Tatsächlich geändert hat sich seither nur eine Sache, berichtet Schulleiter Fabian Theiß: Lehramtsstudierende, die als Vertretungslehrer an der Schule arbeiteten, durften für ihr Referendariat nicht an der Schule bleiben. Das sei nun möglich.