Duisburg. Das Bündnis gegen Depression in Duisburg sorgt sich um die Menschen im Dauer-Krisenmodus. Was die Mitglieder anbieten und was sie fordern.

Der Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie, die steigenden Energiekosten – „viele Menschen in Duisburg sind derzeit sehr belastet“, beobachtet Dietmar Reinberger, der Sprecher des Bündnisses Duisburg gegen Depression. Die Nachfrage nach offenen Gruppen für Gesprächsangebote und Selbsthilfe sei gestiegen.

Dabei hatte sich in den letzten Jahren die Zahl der Menschen, die mit Depressionen in Behandlung gehen, schon mehr als verdoppelt. Das therapeutische Angebot sei „leider nicht im gleichen Umfang gewachsen“ beklagt das Bündnis.

Immer mehr Menschen wegen einer Depression in Behandlung

Reinberger bedauert die Entscheidung des Sana-Konzerns, die Psychosomatische Klinik am Kalkweg zu schließen (wir berichteten). „Die zehn Plätze wurden ersatzlos gestrichen, Menschen müssen dadurch länger auf eine Behandlung warten“. Es sei „ein großer Verlust für Duisburg“, zumal Duisburg schon „so lange im Krisenmodus ist“.

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Höchststand beim Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen

Die Herausforderungen seien enorm: Die Krankschreibungen haben zugenommen, außerdem gebe es zu wenig Plätze für die Behandlungen für Kinder und Jugendliche, beobachtet das Bündnis.

Eine aktuelle Online-Petition fordert bundesweit mehr Therapieplätze für Menschen mit psychischen Problemen. Und eine bundesweite DAK-Studie betont: „Der Arbeitsausfall wegen psychischer Erkrankungen erreichte 2021 einen neuen Höchststand. Das Niveau lag mit 276 Fehltagen je 100 Versicherte um 41 Prozent über dem von vor zehn Jahren.“

Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein sah im Mai in einer amtlichen Bekanntmachung jedoch keinen Handlungsbedarf. Mit 109,2 Psychotherapeuten liege der Versorgungsgrad in Duisburg bei 113,28 Prozent.

Drei bis sechs Monate Wartezeit bis zu einem Therapieplatz

Soweit würde Dietmar Reinberger nicht gehen, aber immerhin: Er beobachtet eine leichte Verbesserung bei der Versorgung, manche Praxen hätten ihre Angebote aufgestockt. Es komme für die Patientinnen und Patienten inzwischen nur noch vereinzelt zu Wartezeiten von bis zu einem Jahr. Aber auch drei bis sechs Monate seien für psychisch Kranke zu lang.

Erstgespräche seien schneller möglich, seit der Corona-Pandemie können auch Videoformate angeboten werden. Neue Angebote wie die der HaKu-Privatklinik am Innenhafen seien aber keine große Entlastung, da hier nur Selbstzahler oder privat Versicherte behandelt werden.

„Es fällt mir nicht leicht, positiv zu bleiben“

Umso wichtiger seien die Gruppen-Angebote, die inzwischen auch mehr niedergelassene Therapeuten anbieten, berichtet Reinberger. Sie überbrücken die Zeit bis zur Einzel-Therapie. Und: „Das ist Suizid-Prävention“, verdeutlicht der Sozialpädagoge. Dank seiner sozialpsychiatrischen Zusatzausbildung und Supervisionen, die im Hintergrund laufen, könne er Gruppen leiten.

Reinberger ist allerdings auch selbst betroffen und bekennt: „Es fällt mir selbst nicht leicht, positiv zu bleiben.“ Ihm hilft das Handwerkszeug, das er erlernt hat, um aus einem Loch wieder herauszukommen. Und einiges an Kraft zieht er auch aus seinem Ehrenamt.

In den Selbsthilfegruppen werde nicht therapiert, „die Gespräche untereinander, der Informationsaustausch sind das Wichtigste“. Termine wie diese Treffen könnten Erkrankte stabilisieren, ihnen Struktur geben.

Ingrid Hoffmann und Dietmar Reinberger arbeiten seit vielen Jahren im Vorstand des Duisburger Bündnis gegen Depression. (Archivbild)
Ingrid Hoffmann und Dietmar Reinberger arbeiten seit vielen Jahren im Vorstand des Duisburger Bündnis gegen Depression. (Archivbild) © Martin Ahlers

>>KOSTENLOSE ANGEBOTE FÜR PSYCHISCH KRANKE

  • Eine Selbsthilfegruppe des Bündnis gegen Depression trifft sich dienstags von 18 bis 19.30 Uhr in der Claubergstr. 20.
  • Eine Entspannungsgruppe macht donnerstags von 10.30 bis 12 Uhr ihre Übungen gemeinsam in Räumen des DRK, Erftstr. 15.
  • „Gehe und atme dich frei“ lautet das Motto der BreathWalk Gruppe, die sich sonntags um 11 Uhr an der Kammerstraße/Ecke Lotharstraße trifft und von da aus in den Stadtwald geht.
  • Kundalini Yoga wird mittwochs um 20 Uhr online angeboten. Den entsprechenden Zugangslink bekommt man nach Anmeldung per Mail an duisburggegendepression@web.de
  • Weitere Infos gibt es auf der Webseite www.duisburg-gegen-depression.de
  • Die Selbsthilfe-Kontaktstelle informiert über Angebote aus dem Bereich der psychischen Erkrankungen: per Telefon unter 0203 - 60 990 41 und online: www.selbsthilfe-du.de/content/