Duisburg. Die Zahl der Hotelbetten ist trotz mauer Auslastung gestiegen. Dennoch sind große Neueröffnungen geplant. Experten rechnen mit Schließungen.
Die Pandemie hat die Duisburger Hotellerie hart getroffen und den jahrelangen leichten Aufwärtstrend bei den Übernachtungen dramatisch ausgebremst. Zwei Handicaps des örtlichen Hotelmarktes verschärfen den Wettbewerb sowie den Druck durch Corona- und Kriegsfolgen nun: die auch bis 2019 vergleichsweise geringe Zahl an Touristen und die unterdurchschnittliche Bettenauslastung. Experten erwarten – auch durch größere Neueröffnungen – einen Verdrängungswettbewerb zu Lasten kleinerer Privathotels. Niels Falkenstein von der Schollen Hotelberatung rechnet damit, „dass in Duisburg kurz- und mittelfristig einige Anbieter aufgeben müssen“.
Falkenstein und sein Team beraten Ketten und Hoteliers, Investoren und Kommunen. „Bei neuen Projekten wäre ich zurzeit sehr vorsichtig, auch in Duisburg“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Beratungsfirma. Einer der wichtigsten Faktoren bei Investitionsentscheidungen sei momentan wegen des Überangebotes an Rhein und Ruhr „das Verdrängungspotenzial eines Projektes“.
Hotels in Duisburg: Zwei große Eröffnungen für 2023 und 2024 angekündigt
Diese veränderte Ausgangslage hat in Duisburg bereits dazu geführt, dass ein Unternehmen einen Rückzieher gemacht hat: Die Gorgeous Smiling Hotels GmbH baut doch kein Arthotel ANA (zum Bericht).
Die Pandemie werde verzögert „wie ein Booster des Strukturwandels in der Hotellerie wirken“, prognostiziert Falkenstein. Die Entwicklung sei absehbar: Es werde mehr Betten, aber weniger Anbieter geben – mehr größere Häuser internationaler Konzerne, weniger inhabergeführte. Zumal die Marktdurchdringung der Markenhotellerie in Duisburg noch nicht weit fortgeschritten sei. „Der Anteil markengebundener Zimmer liegt bei etwa 61 Prozent. Dies bedeutet Rang 12 unter den Top-15-Städten in NRW“, ordnen die Schollen-Berater in ihrem „Hotelmarkt-Report NRW 2022“ ein.
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Gleich 219 „markengebundene Zimmer“ entstehen im aktuell einzigen geplanten Neubau: Das „Premier Inn“-Hotel an der Westspitze des Mercatorviertels gegenüber vom Rathaus soll bis Herbst 2024 fertig sein (wir berichteten). Es wird Duisburgs größtes Hotel und mehr Zimmer haben als das Intercity am Hauptbahnhof (176 Zimmer), das Campanile (169) und das Mercure Hotel (162) am Casino.
Aus dem „7 Days Premium Hotel“ wurde das „Campanile“
Das an der Unterstraße gegenüber vom Digital-Kontor gelegene Campanile war 2020 als Duisburgs letzte Neueröffnung gestartet, seinerzeit als „7 Days Premium Hotel“ der chinesischen Hotelgruppe Plateno (wir berichteten). 2020 kaufte die französische Louvre Hotels Group das nagelneue, aber coronabedingt leerstehende Mittelklassehotel.
Die nächste größere Neueröffnung kündigen dagegen Duisburger Unternehmer an: Sie wollen im ehemaligen Ordnungsamtsgebäude ihr Twins-Hotel mit 100 Zimmern eröffnen (zum Bericht).
Trotz der Arthotel-ANA-Absage würde Duisburg durch Premier Inn und Twins rund 320 neue Hotelbetten bekommen. Zur Einordnung: Der Landesbetrieb IT NRW zählte 2021 in Duisburg 2924 Betten im Hotelmarkt und 4004 insgesamt in der Gastronomie (inklusive Pensionen, Jugendherberge, Gasthöfe).
Viele Einwohner, sehr wenige Übernachtungen
Das Problem: „Auch in den zehn guten Pre-Covid-Jahren, bei einem Wachstum von jährlich etwa 3,5 Prozent bei den Hotelübernachtungen, blieb die Bettenauslastung in Duisburg immer unterhalb der 40-Prozent-Schwelle“, erläutert Niels Falkenstein.
Der Grund war, dass sich die Zimmerkapazitäten durch Neueröffnungen wie das B&B (2016) und das Intercity (2017) am Bahnhof fortlaufend erhöhten. Im Hotelmarkt lag die Bettenauslastung in Duisburg 2021 bei nur 18,1 Prozent. Im Vergleich der 15 größten NRW-Städte (Mittelwert: 21,6 %) war das Rang 13. Nur in Oberhausen (17,1 %) und Essen (15,1 %) war die Auslastung geringer.
Der Vergleich der „Tourismusintensität“ verdeutlicht eine Schwäche des Duisburger Marktes. Dazu setzt man die absoluten Zahlen der Hotel-Übernachtungen ins Verhältnis zu je 1000 Einwohnern. Duisburg landete hier 2021 mit etwa 389 Übernachtungen auf dem letzten Rang, noch hinter Gelsenkirchen (507) und Krefeld (513) und weit entfernt vom Durchschnitt (1178).
Damoklesschwert China-Beziehungen
Und Niels Falkenstein sieht nicht nur wegen des ausgebremsten Düsseldorfer Messegeschäftes auch bei den Geschäftsreisenden weitere dunkle Wolken aufziehen: „Wie sich die Geschäftsbeziehungen zwischen Duisburg als Endpunkt der Seidenstraße und China unter den neuen politischen Bedingungen entwickeln werden, ist kaum absehbar.“ Verebbende Beziehungen nach Fernost schwebten „wie ein Damoklesschwert über Duisburg und würden auch die Hotels langfristig treffen“.
Sein Hotelmarkt-Report attestiert ein „insgesamt schwieriges Marktumfeld mit gewissem Potenzial für kleine, markengebundene Hotelentwicklungen in ausgewählten Lagen“. Für die Privathotellerie werde es auch wegen der Marketing-Maschinerie der finanzstärkeren Konzerne immer schwieriger. Zumal es bei den ungebundenen Kleinen einen „Sanierungsstau in B-Lagen“ gebe, so Falkenstein. „Wer als Einzelkämpfer bestehen will, braucht ein gutes Produkt und clevere Strategien.“
>> DER DUISBURGER HOTELMARKT IN ZAHLEN
- Unter den in Duisburg ansässigen Hotelketten ist laut Hotelmarkt-Report Accor (Novotel, Mercure, Ibis) mit 325 Zimmern in drei Hotels und etwa 19 % Zimmeranteil Marktführer. Es folgen mit je einem Hotel und einem Anteil von etwa je zehn % Steigenberger und Louvre, dahinter B&B und Wyndham mit circa sechs %.
- Der Report zählte 2021 47 Betriebe mit Übernachtungsmöglichkeiten in Duisburg, darunter 35 Hotels. Die durchschnittliche Betriebsgröße lag im Hotel-Segment bei 84 Betten. Das ist der zweitniedrigste Wert unter den Top-15-Städten.
- 2021 wurden 293.832 Übernachtungen in Duisburg gezählt (1,9 % mehr als 2020). 193.038 davon (65 %) entfielen auf Hotels (5,8 % mehr als 2020).
- Im Vergleich zum letzten Vor-Corona-Jahr 2019 fehlten 2021 mit 49,1 % fast die Hälfte der Hotelmarkt-Übernachtungen. In diesem Zeitraum reduzierte sich die Zahl der Hotels um eines, die Bettenzahl stieg durch das Campanile um zehn %.