Duisburg. In der Folge des Niedrigwassers setzen sich Wirtschaft und Binnenschifffahrt für eine Vertiefung des Rheins ein. Deshalb ist das so schwierig.

Ein Sommer mit historisch niedrigen Wasserständen im Rhein hat Spuren in der Duisburger Industrie und Binnenschifffahrt hinterlassen. Sie fordern deshalb schnellere Fortschritte bei der Vertiefung des Rheins für eine verlässliche Schiffbarkeit. „Mit Lebensadern spielt man nicht“, warnen HKM-Geschäftsführer Dr. Gerhard Erdmann und Frank Wittig, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender der Schifferbörse.

Gerhard Erdmann: Industrie hat keine Alternative zum Transport per Schiff

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Der Rhein sei „die Aorta für die Belieferung der Stahlwerke“, erklärte Erdmann, er ist auch stellvertretender Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Stahl, beim Besuch von Oliver Luksic (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und dem Weseler Bundestagsabgeordneten Bernd Reuther (FDP) bei den Hüttenwerken Krupp-Mannesmann. Angesichts der großen Mengen Eisenerz, Kohle und anderer Einsatzstoffe – allein bei HKM sind das rund zehn Millionen Tonnen pro Jahr in 4700 Schiffen – „gibt es keine Alternative zum Transport per Schiff“, so Erdmann.

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Noch weit größere Mengen bewegen Thyssenkrupp Steel im Duisburger Norden und die Chemie-Industrie entlang des Stroms in NRW. Die Stahlindustrie mit ihren 80.000 Mitarbeitenden (17.000 in Duisburg) sei die Basis einer Wertschöpfungskette, die weitere vier Millionen Jobs in verarbeitenden Unternehmen sichere. Erdmann: „Wenn wir verschwinden, haben die Verarbeiter ein Problem. Wir brauchen deshalb eine planbare Schiffbarkeit.“

Mit Staatssekretär Oliver Luksic (FDP, 2. von links) diskutierten Dr. Gerhard Erdmann (HKM, 2. von rechts) und Frank Wittig (Schifferbörse, links) über die Folgen des Niedrigwassers im Rhein für Industrie und Binnenschifffahrt. Rechts im Bild der Weseler Frank Reuther (MdB, FDP).
Mit Staatssekretär Oliver Luksic (FDP, 2. von links) diskutierten Dr. Gerhard Erdmann (HKM, 2. von rechts) und Frank Wittig (Schifferbörse, links) über die Folgen des Niedrigwassers im Rhein für Industrie und Binnenschifffahrt. Rechts im Bild der Weseler Frank Reuther (MdB, FDP). © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Stahlmanager: Politik muss auch unpopuläre Dinge tun

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Herzustellen sei die nicht ohne Eingriffe in das Bett des Rheins: „Ohne Bagger wird es nicht gehen.“ Die Politik müsse sich gegen den Widerstand von Naturschützern durchsetzen „und auch unpopuläre Dinge tun“, so der Stahlmanager. Er warnte vor dem Irrglauben, durch Transformation der Stahlindustrie werde der Bedarf sinken: Statt Erz und Kohle werde man dann Eisenschwamm und Wasserstoff bewegen müssen.

„Trotz Dekarbonisierung bleiben riesige Stoffströme“, betont auch Frank Wittig. Die Politik habe zwar immer wieder zugehört, sei in der Umsetzung aber deutlich zu langsam: „Wir haben kein Erkenntnisproblem. Aber an den Wasserstraßen läuft uns die Zeit davon.“ Wenn die Vertiefung des Stroms nicht absehbar realisiert werde, müssten die Reedereien und Partikuliere andere Lösungen erwägen: Mehr und flachere Schiffe etwa. Nicht leicht, angesichts langer Lebenszyklen. „Man baut nicht alle fünf Jahre ein neues Binnenschiff.“

Ein Problem sei die geringe öffentliche Wahrnehmung der Probleme der Binnenschifffahrt. „Wir sind zwar unverzichtbar, aber klein“, so Wittig. Aber im Gegensatz zu Schiene und Straße „steht auf den Flüssen und Kanälen niemand im Stau oder wartet auf den Zug.“

Staatssekretär: Umbau des Mittelrheins ist keine triviale Aufgabe

Er teile Analyse und Ungeduld, so Oliver Luksic. Der Staatssekretär verweist auf die wasserbaulich komplexe Aufgabe am Mittelrhein, wo die Planung für die Beseitigung der flachsten Stellen läuft. Das sei wasserbaurechtlich schwierig, am Umbau von sechs Teilstücken seien diverse Behörden mehrerer Bundesländer beteiligt. Ein Maßnahmegesetz habe überdies die EU kassiert, nach Planfeststellungsverfahren könnten Klagen die Umsetzung weiter verzögern. Man sei zwar bemüht, die Verfahren zu beschleunigen, großen Zeitgewinn verspreche das aber nicht.

IHK: AKTIONSPLAN NIEDRIGWASSER RHEIN UMSETZEN

  • An den „Aktionsplan Niedrigwasser Rhein“ erinnert Ocke Hamann, Geschäftsführer der niederrheinischen IHK und Fachmann für Verkehr und Logistik.
  • Den Maßnahmen-Katalog erarbeitet das Bundesverkehrsministerium 2019 unter Minister Andreas Scheuer (CSU), Planung und Umsetzung erfolgen für die IHK nicht mit dem nötigen Nachdruck. „Der Plan enthält gute Vorhaben“, sagt Ocke Hamann, „aber wir würden uns mehr Verve wünschen.“