Duisburg. Das 9-Euro-Ticket hat der DVG im Juni viele Neukunden beschert. Diese weiteren Gründe sieht Duisburgs Nahverkehrsunternehmen für den Zuwachs.
Die einen freuen sich über die günstige Monatskarte, andere schimpfen über proppenvolle Busse und Bahnen im öffentlichen Nahverkehr in Duisburg. Und die DVG? Sie zieht nach dem ersten Monat mit dem 9-Euro-Ticket eine positive Bilanz: Der vom Bund gesponsorte Fahrschein sei „zweifelsohne bisher ein Erfolg“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (DVV), Marcus Wittig. Unter dem Dach des Stadtkonzerns operiert auch die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG).
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Deutliche Steigerung gegen über einem Monat im üblichen Tarifsystem
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Die Bilanz in Zahlen: Bis Ende Juni verkaufte allein die DVG rund 84.000 Tickets für einen der drei Monate bis August, für den Monat Juni allein mehr als 65.000. Das ist in jedem Fall eine deutliche Steigerung gegenüber einem „normalen“ Verkaufsmonat im üblichen Tarifsystem.
„Wie viele Duisburger statt eines Monatstickets oder eines Einzelfahrscheins das 9-Euro-Ticket gekauft haben, ist schwierig zu ermitteln“, sagt DVG-Sprecherin Kathrin Naß. Es sei aber davon auszugehen, dass das Angebot der DVG viele Neukunden beschert habe. „Der klassische Pendler ist mit einem Jahresabo unterwegs.“
DVG: Zuwachs in eigentlich verkehrsschwächeren Zeiten ist ein Novum
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Nach der ersten Auswertung und Hochrechnung ist die Zahl der Fahrgäste an Werktagen von Mai auf Juni um etwa 30 Prozent gestiegen, an Wochenenden sogar um 40 Prozent. „Die Steigerung in diesen eigentlich verkehrsschwächeren Zeiten ist ein Novum, der Freizeitverkehr wird hier zu einem interessanten Thema“, schlussfolgert Wittig.
Allerdings vermutet die DVG auch im Auslaufen der Corona-Beschränkungen eine Erklärung für den Anstieg der Fahrgastzahlen. „Es gibt wieder mehr Veranstaltungen, die Menschen sind mehr unterwegs“, erläutert Kathrin Naß. Rund um Matjesfest und Marina-Markt füllten sich auch Busse und Bahnen wieder.
DVV-Chef Marcus Wittig: Einfacher und verständlicher Tarif ist ein Vorteil
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Gleiche Erfahrungen machten auch Nachbarstädte, sagt DVV-Chef Marcus Wittig. Es gelte nun abzuwarten, „ob sich hier nachhaltig ein neues Kundensegment erschließt und diese Zielgruppe zu neuer Mobilität animiert“. Er hoffe, so Wittig, dass sich die Nutzung im Juli und August fortsetzt oder sogar verstärkt: „Ziel ist der Umstieg aller Zielgruppen vom motorisierten Individualverkehr auf Bus und Bahn.“
Ein großer Vorteil sei offenbar, dass der Tarif einfach und verständlich ist. „Das sollte neben dem Preisargument einer der zentralen Lerneffekte sein“, so Wittig. „Mit dem 9-Euro-Ticket gibt es jetzt ein bundesweites Beispiel, wie ÖPNV funktionieren kann.“ Mit Interesse nimmt der DVV-Vorstand daher die Debatte über eine Anschluss-Lösung für das 9-Euro-Ticket zur Kenntnis: „Ich höre in der Politik eine gewisse Einigkeit heraus, etwas folgen zu lassen und den Schwung mitzunehmen.“
Anschluss-Lösung: Tarifhoheit liegt nicht bei der DVG
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Über die Höhe eines möglichen „Einheitstarifs“ für den ÖPNV müsse sich aber die Politik verständigen. Wittig: „Die Tarifhoheit liegt nicht bei uns, das ist nicht unser Thema. Aber selbstverständlich ist das vor allem eine Frage der Finanzierung.“ Er verweist auf die Kosten für das 9-Euro-Ticket von über einer Milliarde Euro. Den Nahverkehrsunternehmen wie der DVG wird der Fehlbetrag aus den entgangenen Einnahmen aus Mitteln des Bundes über die Länder ausgezahlt.
>> KEIN BESSERES DVG-ANGEBOT FÜR MEHR FAHRGÄSTE
- Die verbilligten Fahrscheine locken zwar deutlich mehr Fahrgäste in Busse und Bahnen, mit einem besseren Angebot kann die DVG bei den Kunden nicht punkten. „Durch das 9-Euro-Ticket sehen wir, wo das heutige Angebot an seine Belastungsgrenzen kommt“, räumt auch DVV-Chef Marcus Wittig ein.
- Vor allem auf der Schiene leidet die DVG wie auch andere Nahverkehrsunternehmen unter erheblichen Lieferverzögerungen bei neuen Bahnen. Die Fahrzeuge der maroden Flotte, die noch in Betrieb sind, fallen immer wieder aus. Kapazitäten, um mit zusätzlichen Fahrten Überfüllungen in den Stoßzeiten zu verhindern, gibt es nicht.
- Darüber gebe es, etwa von Fahrgästen der Linie 903, immer wieder auch Beschwerden, bestätigt DVG-Sprecherin Kathrin Naß. „Das merken wir, vor allem bei Ausfällen. Das ist aber leider nicht planbar. Bis ein Ersatzbus auf der Strecke ist, dauert es eine Weile. Das führt immer wieder zur Überfüllung der nachfolgenden Bahnen.“