Duisburg. Bei Mitsubishi in Duisburg sollen 420 Arbeitsplätze gestrichen werden. Wie der Betriebsrat nun vorgeht und was die Belegschaft schockiert habe.

„Die Angestellten, und wir auch, sind schockiert. Einen Stellenabbau in dieser Form haben wir nicht kommen sehen“, sagt Mireille Klomps. Sie ist Vorsitzende des Betriebsrats bei Mitsubishi Power Europe mit Sitz im Duisburger Innenhafen. Ende Mai traf die Nachricht das Unternehmen wie ein Hammerschlag: Bis Ende 2023 soll die Zahl der Beschäftigten am Standort von 570 auf 150 reduziert werden – nur noch das Servicegeschäft soll bleiben. Die Angestellten, die sich mit dem Kraftwerksneubau beschäftigen, sollen ihre Jobs verlieren.

[Straßenbahn- und Buslinien in fünf Minuten mit Schulnoten bewerten: zum DVG-Linien-Check]

Gespräche über mögliche Abfindungen gebe es noch nicht, erklären Klomps und ihr Stellvertreter Jochen Schaaf nun im Gespräch mit der Redaktion. „Wir haben uns zunächst um juristische und wirtschaftliche Beratung gekümmert, auch bei der IG Metall. Es geht jetzt darum, Daten und Fakten zu sammeln, Zahlen zu prüfen und zu analysieren, dann haben wir eine Basis, mit der wir eine Strategie entwickeln können.“

Betriebsrat von Mitsubishi in Duisburg plant Strategie

Diese Strategie, die auch bei einer Klausur des Betriebsrats Ende Juni besprochen werden soll, bestimme dann das weitere Vorgehen. Es gehe selbstverständlich darum, das Beste für die Belegschaft und jeden einzelnen Mitarbeiter herauszuholen, so Klumps. „Wir müssen also erarbeiten, welche begleitenden Maßnahmen sinnvoll sind, zu welchen Konditionen wir dem Plan der Geschäftsführung folgen würden oder ob wir sagen: ,Alles Quatsch, wir brauchen etwas ganz anderes.’“

Die Belegschaft sei zurzeit selbstverständlich unruhig. „Jeder will wissen, wie es weitergeht, aber dafür ist es jetzt noch viel zu früh“, erklärt Mireille Klomps, wenn auch mit Bedauern in der Stimme. Dass im Anlagenbau, dem Geschäft von Mitsubishi Power Europe, wirtschaftliche Wellenbewegungen dazugehören, sei nichts Neues. „Der ein oder andere hat sicherlich schon etwas geahnt“, sagt Klomps über die Belegschaft, die bereits 2017 und 2020 Stellenstreichungen hinnehmen musste, „aber nicht in diesem Ausmaß.“

Duisburger Betriebsrat bemängelt unpersönliches Vorgehen der Geschäftsführung

Deswegen könnten sie und ihre Kollegen den Angestellten auch keine allgemeingültigen Ratschläge geben. „Dazu sind die Menschen zu verschieden“, erläutert Jochen Schaaf. „Wer mehr auf Sicherheit bedacht ist, hat sich vielleicht schon woanders beworben, aber wer schon 20 Jahre im Betrieb ist, möglicherweise schon älter ist und sich seine ganze Karriere nur mit Kohlekraftwerken beschäftigt hat, für den sieht es wieder ganz anders aus.“

Fakten sammeln: Bevor sich der Betriebsrat von Mitsubishi Power Europe um seine Vorsitzende Mireille Klomps für eine Strategie entscheidet, will das Gremium zunächst Daten sammeln.
Fakten sammeln: Bevor sich der Betriebsrat von Mitsubishi Power Europe um seine Vorsitzende Mireille Klomps für eine Strategie entscheidet, will das Gremium zunächst Daten sammeln. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Trotzdem bemühe sich der Betriebsrat, die Belegschaft mit ihren Sorgen und Nöten bestmöglich zu unterstützen: „Die Angestellten können immer hier her kommen“, verspricht die Betriebsratsvorsitzende. Überrascht und vielleicht sogar schockiert seien die Mitsubishi-Mitarbeiter wegen der Art und Weise gewesen, mit der die Geschäftsführung die schlechten Nachrichten an die Angestellten übermittelt hat. „Die kamen ja per E-Mail, sehr unpersönlich“, erinnert Klomps, und Schaaf ergänzt: „In der Vergangenheit wurden solche Nachrichten immer persönlich überbracht.“

Fachkräftemangel spielt Duisburger Mitsubishi-Mitarbeitern in die Karten

Dass die Kollegen aus den betroffenen Abteilungen im Fall der Fälle woanders unterkämen, da sind sich Klomps und Schaaf relativ sicher. „Wir haben hier sehr viele hochqualifizierte Mitarbeiter“, der Fachkräftemangel spiele ihnen sozusagen in die Karten. Ein hypothetisches Beispiel: Konzerne wie Siemens oder MAN wären realistische Arbeitgeber für die Noch-Mitsubishi-Angestellten.

Auch Headhunter seien schon unterwegs, also Menschen, die gezielt qualifizierte Angestellte für andere Unternehmen suchen. „Wir wissen allerdings noch von niemandem, der im Zuge des angekündigten Stellenabbaus von einem Headhunter abgeworben wurde“, berichten die Betriebsräte. Allerdings habe es schon zuvor viele Kündigungen aufgrund der Instabilität gegeben, die in der Natur des Anlagenbaus liegt.

Für einen Sozialplan ist es in Duisburg noch zu früh

Einen Sozialplan kann der Betriebsrat also noch nicht verkünden, zu früh sei es im Prozess. „Wir arbeiten mit Hochdruck an unserer Strategie“, versichert Mireille Klomps, die zusammen mit ihren Betriebsratskollegen ins kalte Wasser geworfen wurde. Vor den Betriebsratswahlen im April war sie nämlich „nur“ stellvertretende Vorsitzende, Peter Schaaf war noch gar nicht Teil des Gremiums.

>> SO ERKLÄRT MITSUBISHI DEN STELLENABBAU

  • Marco Becker, Leiter der Rechtsabteilung bei Mitsubishi Power Europe, erklärte den Stellenabbau mit der mangelnden finanziellen Leistung des Standortes.
  • Zunächst solle es keine betriebsbedingten Kündigungen geben, der nächste Schritt sei es, „mit dem Betriebsrat einen Sozialplan zu erarbeiten“.
  • Die 150 Mitarbeiter des Servicegeschäfts, das nach dem Stellenabbau bleibt, kümmern sich zum Beispiel um die Wartung von Kraftwerken und Wärmepumpen – ein finanziell profitableres Geschäft als der Kraftwerksneubau.