Duisburg. Der fehlende Schulentwicklungsplan, die Corona-Politik, der Lehrermangel – diese Themen bewegen die Kandidierenden im Duisburger Wahlkreis I.

Die Performance der aktuellen Landesregierung in bildungspolitischen Fragen wird bei dieser Landtagswahl eine entscheidende Rolle spielen. Wir haben den zehn Kandidierenden für den Wahlkreis I, Duisburg Süd-Mitte, Fragen gestellt, sechs haben sie beantwortet.

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Prägend ist in diesem Kontext die Corona-Pandemie. „Die Planlosigkeit der Landesregierung hat hier echte Schäden an einer ganzen Generation hinterlassen, die Eltern im Stich gelassen und Lehrer*innen überfordert“, schimpft Jule Wenzel von den Grünen. „Man kann dieses Land nicht regieren, indem man tiefgreifende Veränderungen im Schulleben am Freitagabend per Mail für den nächsten Montag ankündigt.“ Sarah Philipp (SPD) nennt das Krisenmanagement „ein einziges Chaos“.

Dass auch Petra Vogt von der CDU auf die Frage, welche bildungspolitischen Entscheidungen in den vergangenen Jahren die spürbar negativsten Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche in Duisburg hat, nur kurz und knapp „Ganz klar: die Corona-Pandemie“ antwortet, überrascht dann doch.

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Mit einem anderen Schwerpunkt umschifft Kira Schulze Lohoff, die für die FDP kandidiert, das Corona-Thema und die parteieigene Schulministerin. Den Wechsel vom Abitur von neun auf acht Jahre habe sie als „ziemlichen Fail“ auch persönlich erlebt. „Statt eines ausgeklügelten Konzepts mussten wir die Lerninhalte aus zwei Jahren in einem Jahr bewältigen. Den Nachmittagsunterricht empfand ich als stressig und sinnlos.“ In Duisburg sind alle wieder auf G9 gewechselt.

Zusammengefasst folgen hier die Antworten auf weitere Themen rund um Schule und Bildung.

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Sarah Philipp, SPD

Sarah Philipp von der SPD fordert, dass Bildungsgerechtigkeit nicht von der Postleitzahl abhängen darf oder vom Geldbeutel der Eltern. Mittel für Bildung müssten nach Bedarf verteilt werden, damit es echte Chancen- und Bildungsgleichheit gibt, dafür verweist sie auf den Sozialindex als Bewertungsmittel. 1000 Schulen würden bei einer Regierungsbeteiligung mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet. „Gute Bildungspolitik ist die beste Stadtentwicklungspolitik!“

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Leichtere Starts für Quereinsteiger und eine gerechte Besoldung nach A13 sollen bei der Bekämpfung des Lehrermangels helfen. Über die Reduzierung der Pflichtstunden müsse man im Rahmen einer Gesundheitsprophylaxe nachdenken.

Dass in Wanheimerort eine neue Gesamtschule entstehen soll, sei „ein riesiger Gewinn für die Bezirke Mitte und Süd“. In ihrem Wahlkreis seien die Schulen personell vergleichsweise gut ausgestattet, „Schulen in Stadtteilen mit besonderen Herausforderungen müssen bessere Unterstützung als von der jetzigen Landesregierung bekommen“. Das gilt auch für die Beschulung geflüchteter Kinder. Sarah Philipp fordert eine Fachkräfteoffensive, das Land dürfe die Städte nicht allein lassen.

Und wie sieht es mit der Zukunft der Sekundarschulen aus? Im Mittelpunkt müsse das längere gemeinsame Lernen stehen, dafür bräuchten Gesamt- und Sekundarschulen breite politische Unterstützung.

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Petra Vogt, CDU

Petra Vogt und die CDU setzen auf ein mehrgliedriges Schulsystem mit der Sekundarschule als festem Bestandteil. Die Finanzmittel im Bildungssektor seien auch jetzt schon gerecht und richtig verteilt.

Als schulpolitische Sprecherin ihrer Fraktion erklärt sie auf die Frage, was sie gegen den Lehrermangel tun will: „Weitere Lehrerinnen und Lehrer ausbilden und umgehend an unseren Schulen einstellen.“ Außerdem will sie den Seiteneinstieg verstärken.

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Um Bildungsgerechtigkeit herzustellen, habe die Landesregierung „neben anderen Bildungsprojekten in benachteiligten Regionen Talentschulen und den schulscharfen Sozialindex eingeführt“.

Jule Wenzel, Bündnis 90/Die Grünen

Natürlich wünscht sich Jule Wenzel mehr technische Geräte, aber es fehle an vielen Schulen „sogar an Steckdosen, wenn nicht gleich an festen Wänden und echten Fenstern“. Parallel zur Digitalisierung brauche es massive Modernisierungen und Neubauten. Ein schulscharfer Sozialindex könne helfen, Schulen zu unterstützen, die das am meisten brauchen.

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Der Bildungserfolg sei immer noch maßgeblich von der Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern abhängig. Für Duisburg brauche es einen Schulentwicklungsplan, mit dem Ziele wie kleinere Klassen und bessere Betreuungsquoten erreicht werden können. Schulen müssten mit zusätzlichen Kräften wie Sozialarbeitern oder Verwaltungskräften unterstützt werden. Lehrer müssten einheitlich besoldet werden. Um sie nach Duisburg zu locken, seien reduzierte Unterrichtsverpflichtungen, finanzielle und laufbahnbezogene Anreize denkbar.

Die Anmeldezahlen für die Sekundarschulen in Duisburg sind niedrig – hier lohne es sich, über eine Umwandlung in Gesamtschulen nachzudenken, sagt Wenzel.

Kira Schulze Lohoff, FDP

Kira Schulze Lohoff von der FDP will Jugendlichen in Treffpunkten Beratung für die eigenen Lebens- und Aufstiegspläne bieten. Gegen den Lehrermangel brauche es eine Werbekampagne, Zugangsbeschränkungen für das Studium müssten beseitigt werden, eine gleiche Bezahlung sei sinnvoll. Seiteneinsteiger und Pensionäre sollen geworben werden. Mit Blick auf die Beschulung geflüchteter Kinder könnten Lehramtsstudenten als Lernbegleiter eingesetzt werden sowie geflüchtete ukrainische Lehrer.

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Sie bedauert, dass sich viele Zugezogene in ihrem Süd-Wahlkreis nach Düsseldorf orientieren, da müssten Duisburger Schulen konkurrenzfähiger werden. Umgekehrt habe Hochfeld, das ebenfalls zu ihrem Wahlkreis gehört, viele soziale Probleme. „Hier müssen die Infrastruktur und Bildungsangebote stärker ausgebaut werden, um Bildungschancen zu sichern.“

Das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium in Marxloh ist schon eine Talentschule. „Ich möchte mich dafür einsetzen, dass noch viel mehr Schulen in Duisburg Talentschulen werden“, sagt Schulze Lohoff. Der schulscharfe Sozialindex könne zu einer gerechten Verteilung führen.

Froh ist sie, dass die bildungspolitische Entscheidung für ein Abitur nach acht Jahren rückgängig gemacht wurde. „Ich war damals der erste G8-Jahrgang und hatte das Gefühl, dass von heute auf morgen alles umgestellt wurde.“ Sekundarschulen will sie erhalten, die Anmeldezahlen belegen ihrer Ansicht nach den Bedarf.

Matthias Brachvogel, Linke

Matthias Brachvogel von den Linken beklagt, dass Deutschland als reiches Land im Vergleich mit den Nachbarländern viel weniger Geld pro Schüler ausgibt. Es brauche Ganztagsangebote an Grund- und weiterführenden Schulen, kulturelle und sportliche Angebote.

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Grundschulen sollten kleiner, maximal dreizügig sein. Das Geld, das durch die Nichtbesetzung von Lehrerstellen gespart wird, solle den Schulen voll zur Verfügung gestellt werden. Lehrer sollen gleichermaßen mindestens mit A13 besoldet werden.

Für die Beschulung zugewanderter Kinder müsse offensiv Werbung getrieben werden: „Fachleute sagen, dass dies ein besonders spannender Unterricht ist und die Lehrkräfte eine unglaublich große Dankbarkeit ernten; das muss in die Öffentlichkeit.“ Um den Lehrermangel zu beseitigen, würde er den Numerus clausus für Grundschulen aufheben und Seiteneinsteiger qualifizieren. Außerdem bräuchten die schwierigsten Schulen die besten Gebäude und die tollsten Lehrkräfte, „hier muss das Land entgegensteuern, indem Lehrkräfte zugewiesen werden“.

Brachvogel glaubt, dass eine Umwandlung der Sekundarschulen in Gesamtschulen die bessere Lösung wäre.

Weil das Hallenbad in Großenbaum geschlossen ist, fällt für viele Duisburger Schulen der Schwimmunterricht aus.
Weil das Hallenbad in Großenbaum geschlossen ist, fällt für viele Duisburger Schulen der Schwimmunterricht aus. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Nicola Dennisen, AfD

Nicola Dennisen von der AfD spricht sich „für Bildungsvielfalt statt Einheitsschulen“ aus, lehnt das Konzept der Sekundarschule aber ab. Es bestehe jenseits eines mehrgliedrigen Schulsystems die Gefahr, dass sich leistungsstarke Schüler dem Lernniveau der leistungsschwächeren Schüler anpassen müssen.

Es brauche attraktiver gestaltete Lehrerstellen, denn nur mehr Lehrer würden einen höheren Bildungserfolg garantieren. Eine gute Qualifizierung von Quereinsteigern könne den Mangel zumindest abmildern.

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Dennisen fordert eine Garantie für Schwimmunterricht. „Durch die Schließung des Großenbaumer Hallenbades findet aktuell für insgesamt 38 Schulklassen auf unabsehbare Zeit kein Schwimmunterricht mehr statt.“ Die Grundsanierung sanitärer Anlagen müsse etwa bei der GGS Böhmer Straße dringend angepackt werden.

Statt behelfsmäßiger Container hätte schon bei der „Migrationskrise 2015“ eine „langfristig wirkende bauliche Infrastruktur geschaffen werden müssen“. Der Krieg in der Ukraine werde nicht der letzte Auslöser für Zuwanderung sein. Es müsse ein gewisses Maß an erzieherischer Leistungsbereitschaft der Eltern eingefordert werden. Sprachbarrieren der schon länger hier lebenden Migrantenfamilien müssten im außerschulischen Bildungssektor abgebaut werden.

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>>>FORDERUNGEN FÜR KINDERTAGESSTÄTTEN:

  • „Kita-Beiträge gehören abgeschafft“, sagt Sarah Philipp,
  • „Eine kontinuierliche Verbesserung der Qualität“ fordert Petra Vogt.
  • Flexiblere Betreuungszeiten fordert Kira Schulze Lohoff, außerdem beitragsfreie Angebote der frühkindlichen Bildung.
  • Mehr Wertschätzung für die Erzieherinnen und Erzieher fordert Jule Wenzel, auch durch bessere Vergütung und Arbeitsbedingungen.
  • Nicole Dennisen indes meint, dass die frühkindliche Bildung immer nur so gut sein könne wie die Unterstützung aus dem Elternhaus: „Die Bildung unserer Kinder liegt zunächst in elterlicher Verantwortung und beginnt im frühkindlichen Alter.“