Duisburg. Fischexperten holten Kois und Co. aus den Grachten am Duisburger Innenhafen. Warum die Tiere weichen mussten und wo sie in Zukunft leben.

Es mutet an, als hätte jemand den Stöpsel der Speichergracht gezogen. Langsam sinkt der Wasserspiegel in dem Zufluss des Duisburger Innenhafens, der sich zwischen den noblen Wohnungen und der Gastronomie direkt am Wasser erstreckt. Anders als beim Innenhafenbecken, das ein Leck hat, ist der Wasserverlust hier aber Absicht, denn die Speichergracht und die benachbarte Hansegracht müssen saniert werden.

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Beide Grachten stammen aus den 90er Jahren – und dürften vielen Duisburgern vor allem deswegen bekannt sein, weil sich farbenfrohe Koikarpfen in ihnen tummeln. Bevor die Wirtschaftsbetriebe das Wasser ablassen, müssen die Kois und Stichlinge natürlich herausgefischt werden. Und genau genommen, erklärt Fabian Ludwig von den Wirtschaftsbetrieben, dürften die Tiere auch gar nicht in den Becken sein.

Duisburger Grachten sind eigentlich Abwasseranlagen

„Diese Grachten wurden als Abwasseranlagen gebaut und sollten eigentlich keine Tiere beherbergen“, erklärt Ludwig. Woher die Fische kommen ist aber trotzdem ziemlich klar: Menschen, denen die eigenen Tiere im heimischen Teich zu groß geworden sind, könnten die glitzernden Kois zum Beispiel in der Speichergracht „entsorgt haben“. Hartnäckig hält sich außerdem das Gerücht, dass ein ehemaliger Spieler des MSV seine Fische vor seinem Wegzug in der Speichergracht versenkt hätte.

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Woher die Tiere auch kommen, jetzt liegt es an Dr. Stefan Staas und Joules Wallinger, sie wieder herauszuholen. Die beiden Mitarbeiter der Erftstädter Firma Limnoplan waten in Fischereimontur durch die Speichergracht und versuchen, deren Bewohner mit einem Kescher zu fangen.

Nicht schön, dafür viel: Neben den schillernden Koi-Karpfen wohnen auch Stichlinge in der Duisburger Speichergracht.
Nicht schön, dafür viel: Neben den schillernden Koi-Karpfen wohnen auch Stichlinge in der Duisburger Speichergracht. © FFs | STEFAN AREND

Fische werden in Duisburg mithilfe von Stromstößen gefangen

Dabei behelfen sich die beiden mit einem Elektrofischereigerät. Eine Anode, also eine Elektrode, sitzt an der Spitze des Keschers und erzeugt im Wasser ein elektrisches Feld. Das lockt die Fische zur Anode, die sie wiederum betäubt, wenn sie ihr zu nahe kommen. Vergleichsweise leichtes Spiel für die beiden Profis, auch wenn zu Beginn ihres Einsatzes noch zu viel Wasser in der Gracht ist. Da helfen die Angestellten der Wirtschaftsbetriebe gerne – und lassen noch ein bisschen Wasser aus der Speichergracht in das Innenhafenbecken laufen.

Dicker Brocken im Netz: Die Farbenpracht der Bewohner der Duisburger Speichergracht kann sich sehen lassen.
Dicker Brocken im Netz: Die Farbenpracht der Bewohner der Duisburger Speichergracht kann sich sehen lassen. © FFs | STEFAN AREND

Neben vielen kleinen Stichlingen geht Staas und Wallinger gleich ein dicker Brocken ins Netz. Für das ungeübte Auge einfach ein Koi-Karpfen, doch Stefan Staas wird stutzig. „Komisches Tier“, raunt er seinem Kollegen zu, „wahrscheinlich eine Kreuzzüchtung“. Trächtig ist der Fisch auch noch, kein Wunder, bald steht die Laichzeit an.

Neue Heimat der Duisburger Kois ist Ratingen

Wenn alle Fische gerettet sind, können die Innenhafenbewohner aber nicht einfach in irgendein Gewässer gesetzt werden. „Das sind Zierfische“, erklärt Stefan Staas, „die können nicht in freien, natürlichen Gewässern überleben.“ In Frage komme nur eine Verteilung an Privatleute, glücklicherweise hat der zuständige Fischereiberater schon ein wenig telefoniert und eine neue Bleibe für die schicken Karpfen gefunden – im Teich einer Parkanlage in Ratingen.

Zuhause auf Zeit: Dieser trächtige Koi-Karpfen aus der Duisburger Speichergracht zieht aus seinem Eimerchen bald in einen Teich in Ratingen um.
Zuhause auf Zeit: Dieser trächtige Koi-Karpfen aus der Duisburger Speichergracht zieht aus seinem Eimerchen bald in einen Teich in Ratingen um. © FFs | STEFAN AREND

Dass die Kois und ihre Fischkollegen überhaupt in der Abwasseranlage überleben konnten, verwundert die Experten nicht. „Das ist ökologisch kein Problem, weil die Gracht ein künstliches Gewässer ist“, erläutert Staas. Das Wasser der Grachten ist übrigens Grundwasser – und das Regenwasser der umliegenden Wohnhäuser.

>> INNENHAFEN SOLL BIS JUNI WIEDER VOLL SEIN

  • Die Arbeiten an den Grachten sollen im Juni beginnen. Bis dahin muss das große Innenhafenbecken aber schon wieder gefüllt sein, denn mit der Drachenboot-Fun-Regatta und dem Entenrennen stehen zwei Events an, für die Wasser nicht ganz unerheblich ist.
  • Zur Ausbesserung von Leckagen musste das Wasser im Innenhafen um rund einen Meter abgesenkt werden. „Bis Juni soll das Wasser aber wieder da sein“, erklärt Fabian Ludwig.