Duisburg. Die Stadt Duisburg rechnet mit 12.500 Flüchtlingen aus der Ukraine. Wie es bisher läuft und welche Pläne es für die weitere Unterbringung gibt.

Krisenstabsleiter Martin Murrack rechnet mit 12.500 Flüchtlingen, die aus der Ukraine nach Duisburg kommen könnten. Das ergebe sich aus der Zuteilung von rund zwei Millionen Geflüchteten, die voraussichtlich nach Deutschland kommen und dann über den Königsteiner Schlüssel verteilt werden. „Das ist eine größere Dimension als 2015“, betont der Stadtdirektor bei einer Besichtigung der Unterkunft im Landschaftspark Nord.

In Duisburg sind bislang über 3000 Menschen aus der Ukraine angekommen, 1700 von ihnen haben in den städtischen Unterkünften einen Platz, darunter 650 Geflüchtete, die jetzt übergangsweise in der Kraftzentrale leben. Für 60 Wohnungen organisiere die Gemeinnützige Gesellschaft für Beschäftigungsförderung (GfB) gerade Möbel. Parallel werden Hotelzimmer gebucht, und auch in den Garderobenräumen des Theater am Marientor sollen Menschen untergebracht werden.

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Container-Dörfer mit Kinderbetreuung für ukrainische Geflüchtete

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Um auch die nächsten Flüchtlinge unterbringen zu können, werden derzeit verschiedene Szenarien durchgespielt. So will die Gebag Systembauten aufstellen, die später als Studierenden-Wohnungen oder Ähnliches genutzt werden könnten. Außerdem sollen „Container-Dörfer“ entstehen, inklusive Kinderbetreuung. Zwei Standorte seien im Gespräch, mehr will Murrack noch nicht preisgeben. Auch von weiteren Zeltlösungen ist die Rede, unter anderem auf dem Areal des Landschaftsparks.

Oberbürgermeister Sören Link, der am Mittwoch mit Vertretern aus dem Rat, aus Land- und Bundestag die Kraftzentrale besichtigte, betonte, dass die Stadt im Vergleich zur Flüchtlingskrise 2015/2016 „meilenweit besser aufgestellt ist“, auch im Vergleich zu anderen Kommunen. „Die Feuerwehr ist vor der Lage.“ Er und Martin Murrack bedankten sich bei den vielen ehrenamtlichen Unterstützern, „die ersten drei Wochen hätten wir sonst nicht geschafft“.

Bärbels Bas, Präsidentin des Deutschen Bundestags, ließ sich von Martin Murrack, Krisenstabsleiter und Stadtdirektor der Stadt Duisburg, am Mittwoch durch das Welcome Center für Geflüchtete aus der Ukraine im Landschaftspark führen.
Bärbels Bas, Präsidentin des Deutschen Bundestags, ließ sich von Martin Murrack, Krisenstabsleiter und Stadtdirektor der Stadt Duisburg, am Mittwoch durch das Welcome Center für Geflüchtete aus der Ukraine im Landschaftspark führen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Bärbel Bas: Kommunen brauchen auch finanziell Luft zum Atmen

Auch die frisch genesene Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und die Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor verschafften sich einen Eindruck. Nach Berlin wollen sie mitnehmen, dass die Kommunen schneller finanzielle Mittel benötigen. Auch Aufwendungen für den Gesundheitsschutz müssten berücksichtigt werden, „das kann ein städtischer Haushalt nicht stemmen“, so Bas.

Auch mit Blick auf die Solidarität, die schnell aufhören könne, brauche die Kommune finanziell Luft zum Atmen: „Das Leben muss für die ganze Stadtgesellschaft weiter gehen.“

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Für sie ist klar, dass die Menschen aus der Ukraine noch länger hier sein werden. „Selbst wenn der Krieg vorbei ist, sind ja die Städte zerbombt.“

Murrack fordert deshalb einen Krisenstab auf Landesebene. „Vom Land gibt es extrem wenig Vorgaben, die brauchen wir aber“, betont er. Selbst die Hilfsangebote der Schulen und Kitas geschehen derzeit auf freiwilliger Basis.

Im Landschaftspark lotsen mehrsprachige Hinweisschilder die ankommenden Flüchtlinge aus der Ukraine.
Im Landschaftspark lotsen mehrsprachige Hinweisschilder die ankommenden Flüchtlinge aus der Ukraine. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Auch die Bundesregierung habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht, um die Kommunen zu unterstützen. Die geschaffenen Strukturen würden allein in Duisburg für ein Jahr hunderte Millionen Euro kosten, sagt Murrack. Aktuell werde der Feuerwehretat zu 100 Prozent belastet, perspektivisch mit dem Anrecht auf Asylleistungen auch der Sozialetat. Die Stadtspitze nimmt Minister Joachim Stamp wörtlich und setzt auf Geld aus Düsseldorf: Stamp hatte zur Bewältigung der Kriegsfolgen „whatever it takes“ gesagt, übersetzt etwa: „egal, was es kostet“.

Sondersituation: 70 bis 80 Prozent Frauen und Kinder

Auf die Frage, wie das wohl ankommt, wenn der Eindruck entsteht, dass ukrainische Flüchtlinge womöglich bevorzugt werden, betont Murrack, dass dies eine Sondersituation sei, weil es sich zu 70 bis 80 Prozent um Frauen mit Kindern handele, die akut Hilfe benötigen. Flüchtlinge aus anderen Ländern seien schon länger da, der Unterstützungsbedarf habe nicht die gleiche Intensität.

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>> UNBEGLEITETE MINDERJÄHRIGE FLÜCHTLINGE

  • Die Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor (Grüne) erkundigte sich bei der Besichtigung nach unbegleiteten Minderjährigen. Feuerwehrchef Oliver Tittmann sagt, dass derzeit 15 oder 16 Kinder und Jugendliche ohne Eltern in Duisburg seien. Sie würden in speziellen Kabinen untergebracht.
  • Das Jugendamt wähle nach einem „knallharten Kriterienkatalog“ potenzielle Pflegeeltern aus, ergänzt Martin Murrack. Zunächst gehe man von Kurzzeitpflegeplätzen aus, weil man auf eine Familienzusammenführung setzt.