Duisburg. Die WDR Big Band gastierte mit John Clayton und Sängerin Tutu Puoane in Duisburg. Wieso das Gefühl den Konzertabend ganz besonders machte.

Die Erleichterung stand Konzertveranstalter Eckart Pressler ins Gesicht geschrieben. Nach zwei Jahren und etlichen Verschiebungen der Pandemie wegen konnte am Freitag in der Duisburger Mercatorhalle endlich das Konzert der WDR Big Band mit Bassist John Clayton und Sängerin Tutu Puoane nachgeholt werden.

Als Veranstaltung der Reihe Mercator-Jazz kam das Konzert jetzt im Programm der Duisburger Akzente unter – und bot den Zuschauern in der gut gefüllten Halle ein Fest der überbordenden Musikalität.

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Dass die WDR Big Band eine der besten, vielleicht sogar die beste, Big Band der Welt ist, ist keine Neuigkeit mehr. So überrascht es nicht, dass die ersten beiden Nummern des Abends, noch ohne Tutu Puoane, eine echte Lehrstunde in Big Band Jazz sind. Die Band klingt mit spielerischer Leichtigkeit wie ein einziges Instrument. Dynamik und Phrasierung sind so filigran und präzise, dass die komplexen Arrangements so locker und leicht klingen, als könne sie jedes Schülerorchester auf die Bühne bringen.

Eine Einheit: Die Bläsersection der WDR Big Band spielte in der Duisburger Mercatorhalle wie ein einziges Instrument.
Eine Einheit: Die Bläsersection der WDR Big Band spielte in der Duisburger Mercatorhalle wie ein einziges Instrument. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

WDR Big Band startet in Duisburg mit klassischem Swing

Was allerdings überrascht ist die Wahl der Songs. Mit „Night Train“ erklingt ein klassisches Swing-Stück, keine harmonisch verwegene, moderne Jazz-Nummer, wie sie die „überholte“ WDR Big Band seit einiger Zeit gerne und erfolgreich spielt. Das mag am Bandleader des Abends liegen. Der Grammy-Preisträger John Clayton ist ein echtes Urgestein der amerikanischen Jazzszene – und war unter anderem mit dem Orchester von Count Basie unterwegs. Möglicherweise hat Clayton dort auch gelernt, so pointiert und kurzweilig zu moderieren, wie er es am Freitag tat.

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Es wäre unfair, einzelne Musiker aus der Band herauszustellen. Jeder einzelne Musiker ist ein hervorragender Ensemblespieler und ein Solist von Weltformat. Und trotzdem darf der, vergleichsweise, neue Pianist Billy Test nicht unerwähnt bleiben. Was der junge Amerikaner am Klavier zaubert, ist schier unglaublich. Egal ob Soli, Begleitung oder Einwürfe: Billy Test hat das Hindernis des Instruments überwunden, was er hört und fühlt, fließt ohne Umwege direkt in sein Spiel.

Tutu Puoane denkt nicht – sie singt

Mit Tutu Puoane bekommt das Konzert noch einmal einen anderen Dreh. Nun mag sich der geneigte Leser fragen: Wieso taucht die südafrikanische Sängerin erst so spät in diesem Text auf? Es spiegelt ein wenig wieder, wie sich das Konzert am Freitag anfühlte. Ohne die Weltklasseleistung von John Clayton und der Band schmälern zu wollen, ein wenig mehr der titelgebenden Sängerin hätte nicht geschadet.

Der Maestro: Grammy-Gewinner John Clayton moderierte den Abend nicht nur sehr kurzweilig, er spielte auch hervorragend Bass, leitete die WDR Big Band und arrangierte viele der Nummern. Links im Bild: Pianist Billy Test.
Der Maestro: Grammy-Gewinner John Clayton moderierte den Abend nicht nur sehr kurzweilig, er spielte auch hervorragend Bass, leitete die WDR Big Band und arrangierte viele der Nummern. Links im Bild: Pianist Billy Test. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Denn wenn Tutu Puoane auf der Bühne steht, verzaubert sie ihre Zuhörer. Federleicht singt sie auf Englisch und einer afrikanischen Sprache, lässt das Publikum in der ehrwürdigen Mercatorhalle tanzen und legt sich mit allem, was sie hat, in ihre Lieder hinein. Ein Zuschauer bringt es in der Pause auf den Punkt: „Die denkt nicht, wenn sie singt.“

Die Songs sind allesamt geschmackvoll und passend arrangiert, unter anderem auch von John Clayton. Besonders die Ballade „Mpho“ über Puoanes Tochter taucht die Halle in ein wohlig-wehmütiges Gefühl, auch dank des symphonischen Bläsersatzes. Zum Abschied gibt es, ganz leise und intim, eine Duo-Nummer mit Tutu Puoane und John Clayton am Bass – und vom Publikum den Wunsch, WDR Big Band, John Clayton und Tutu Puoane bald wiederzuhören.

>> DAS IST MERCATOR-JAZZ

  • Eckart Pressler und Peter Baumgärtner haben sich mit Mercator-Jazz auf die Fahne geschrieben, die einstige Jazz-Metropole Duisburg wieder zu altem Glanz aus Zeiten des „Bohème“ oder der alten Traumzeit zurückzuführen: „Eine Stadt ohne Jazz ist wie eine Suppe ohne Gewürz.“
  • Das nächste geplante Konzert steht am 9. Juni in der Krohne-Zentrale an. Dann kommt der Bassist Michel Benita mit seinem Quartett nach Duisburg. Mehr Informationen über Mercator-Jazz und die kommenden Termine gibt es im Internet unter mercatorjazz.de.