Duisburg. Im Prozess gegen Reinhold Spaniel und Roselyne Rogg ist ein Urteil gefallen. Die Duisburger Behindertenwerkstatt forderte 760.000 Euro zurück.
Roselyne Rogg, ehemalige Geschäftsführerin der Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM), und der damalige Beigeordnete Reinhold Spaniel, der dem Aufsichtsrat des gemeinnützigen städtischen Tochter-Unternehmens vorstand, müssen an die Werkstatt 759.000 Euro nebst Zinsen zahlen. Diese Entscheidung verkündete am Dienstagnachmittag der Vorsitzende der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg. Sie haften gesamtschuldnerisch. Bedeutet: Es kann also bei beiden oder da vollstreckt werden, wo mehr zu holen ist.
Das Urteil wurde in sehr schlichtem Rahmen verkündet: In einem Büro des Landgerichtsgebäudes. Die beiden Hauptprotagonisten waren dabei nicht anwesend.
Der Richterspruch beendete einen Skandal, der im Sommer 2018 öffentlich wurde: Über Jahre hatte die einst hoch gelobte Werkstatt-Chefin völlig überhöhte Bezüge kassiert, zuletzt 376.000 Euro jährlich. Und das nur, weil der Aufsichtsratsvorsitzende Spaniel diese Summe ohne Rücksprache durchgewunken hatte. Am 8. August 2018 wurde Rogg fristlos entlassen.
Prozess in Duisburg: Richter sehen Rogg und Spaniel in der Haftung
Über die genauen Gründe ließ sich das Gericht bei der Urteilsverkündung noch nicht aus. Das bleibt dem schriftlichen Urteil vorbehalten, das den Parteien in den nächsten Tagen zugestellt wird. Klar sein dürfte allerdings, dass die Richter Rogg und Spaniel nicht in der Haftung sähen, wenn sie zu dem Schluss gekommen wären, dass alles korrekt lief.
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Die Klägerin, also die Werkstatt für Menschen mit Behinderung, hatte zwei ganz einfache, aber gravierende Gründe für Fehlverhalten gesehen: Reinhold Spaniel hätte die frappierenden Gehaltserhöhungen der Geschäftsführerin nicht ohne Beschluss des Aufsichtsrates genehmigen dürfen. Und Roselyne Rogg hätte sie ohne das Vorliegen der formalen Erfordernisse nicht für sich selbst in Kraft setzen dürfen.
Der Vorsitzende der Kammer hatte schon zu Beginn des Zivilprozesses deutliche Signale ausgesandt: Rogg habe ebenso wie Spaniel wissen müssen, dass die Frage der außerplanmäßig deutlich erhöhten Bezüge vom kompletten Aufsichtsrat des Unternehmens hätten entschieden werden müssen. Zudem habe der ehemalige Stadtdirektor auch kein Gutachten über die Höhe eines angemessenen Gehaltes eingeholt.
Argumente von Rogg und Spaniel bei Vernehmung entkräftet
Die Beklagten hatten in der Verhandlung dagegen gehalten: Wäre der gesamte Aufsichtsrat mit dem Thema befasst gewesen, hätte er angesichts der Erfolge von Roselyne Rogg bei der Führung der Behindertenwerkstatt der Erhöhung der Bezüge zugestimmt. Es sei allgemeiner Wille gewesen, die erfolgreiche Chefin der Behindertenwerkstatt in Duisburg zu halten, hatten Anwälte von Spaniel und Rogg erklärt.
Diese Argumente waren allerdings durch die Vernehmung der damaligen Aufsichtsratsmitglieder vor gut zwei Monaten entkräftet worden: Einige wollten oder konnten die Frage im Nachhinein nicht beantworten. Andere gaben zu Protokoll, dass sie den Bezugserhöhungen keinesfalls zugestimmt hätten. Nicht einer sagte aus, dass er mit der Gehaltserhöhung einverstanden gewesen wäre.
>>Roselyne Rogg und Reinhold Spaniel müssen auch für Folgeschäden haften
- Neben der Zahlung von rund einer dreiviertel Million Euro hat die 2. Kammer für Handelssachen außerdem entschieden, dass Rogg und Spaniel auch für alle weiteren Schäden, die sich aus dem Sachverhalt ergeben können, haften. Dazu gehöre insbesondere der drohende Verlust der Gemeinnützigkeit für die Werkstatt für behinderte Menschen.
- Gegen das Urteil haben die Beklagten das Rechtsmittel der Berufung. Das entsprechende Verfahren fände vor dem Oberlandesgericht statt. Spaniel ließ am Dienstagabend verkünden, dass er diese Möglichkeit prüfen lassen wolle.
- Beim Amtsgericht Duisburg ist ein Verfahren wegen Untreue gegen Roselyne Rogg und Reinhold Spaniel anhängig. Wann es startet, steht derzeit noch nicht fest.