Duisburg. Um den Wechsel von G8 zu G9 an Gymnasien stemmen zu können, bekommt Duisburg eine eigene „Bündelungsschule“. Was sich außerdem verändert.
Für die finale Rückkehr der Gymnasien vom acht- zum neunjährigen Weg bis zum Abitur - also von G8 auf G9 - braucht es mehr Lehrer, mehr Räume - und eine Strategie, wie man allein in Duisburg mit rund 1500 fehlenden Abiturientinnen und Abiturienten umgehen wird.
Die Bezirksregierung geht davon aus, dass in fünf Jahren landesweit rund 4200 Lehrer benötigt werden, in Duisburg sollen es 36 zusätzliche Lehrkräfte sein.
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Der letzte G8-Jahrgang verlässt 2025 die Schulen, 2026 fällt ein Abiturjahrgang nahezu komplett aus, die ersten G9-Schüler werden 2027 ihr Abi machen. Um dann neun Jahrgänge abdecken zu können und um die ohnehin große Personalnot an Duisburger Schulen zu mildern, wurden die Stellen bereits ausgeschrieben. 34 sind als sogenannte Vorgriffsstellen“ schon besetzt, die Kolleginnen und Kollegen werden überwiegend an Grundschulen eingesetzt, zum Teil aber auch an Förderschulen (wir berichteten). Weitere Ausschreibungen laufen.
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Stadt will den Raumbedarf für den Wechsel auf G9 prüfen
In Duisburg sind alle Gymnasien zu G9 zurückgekehrt. Die Stadt geht vorerst nicht von einem Mehrbedarf an Räumen aus, da die Schulen früher auch schon mal neun Jahrgänge beherbergt haben, wie Pressesprecherin Gabi Priem anmerkt.
Defizite an Schulraum könnten lediglich entstehen, weil sich die Schülerzahlen sowie die qualitativen Vorgaben in den letzten Jahren verändert haben. Dies werde analysiert und abgeklärt, finanzielle Mittel gebe es vom Land.
Schulleiter: Mehrbedarf durch Inklusion und andere Konzepte
Ralf Buchthal vom Steinbart-Gymnasium irritiert diese Einschätzung, „das impliziert, dass sich Schulen in den vergangenen Jahren nicht konzeptionell weiterentwickelt haben“. Dabei seien durch die Inklusion Differenzierungsräume hinzu gekommen, Förderkonzepte wie KAoA (Kein Abschluss ohne Anschluss) hätten Raumbedarf, und mit internationalen Förderklassen seien allein an seiner Schule drei Räume belegt.
Buchthal ist auch schulpolitischer Sprecher der Grünen und in dieser Funktion wundert er sich, dass die für Mitte 2020 angekündigten Gespräche zur Raumfrage mit dem Schulamt bis heute nicht stattgefunden hätten. Für Containerlösungen gebe es an den Innenstadt-Schulen jedenfalls keinen Platz, und für Bauprojekte werde die Zeit knapp. In Oberhausen sind 50 neue Räume nötig, um für alle Kinder und die nötigen Fachräume Platz zu schaffen.
Fünf Millionen Euro für die Umstellung
In Duisburg werde der Mehrbedarf nicht ganz so hoch sein, sagt Schulformsprecher Christof Haering. Er berichtet, dass sich bei einer Abfrage unter den Gymnasien nur drei Schulen zurückmeldeten, dass sie Platz genug haben. Die meisten benötigen zwischen drei und sechs zusätzliche Klassen. Am Landfermann ist es zum Beispiel deshalb eng, weil die Schule im Vergleich zu früher „stabil fünfzügig“ fährt, sagt Schulleiter Haering, hinzu kommen wie an einigen anderen Gymnasien je drei Internationale Vorbereitungsklassen. Er fordert, nun konkret mit der Planung zu beginnen, wohl wissend, dass der Sanierungsstau an den Schulen auch ohne die G9-Thematik schon groß ist.
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Das Schulministerium hatte bereits 2019 angekündigt, für die Umstellung landesweit rund 518 Millionen Euro bereitstellen zu wollen, in einer ersten Tranche sollen davon fünf Millionen nach Duisburg fließen. Wie hoch die Fördersumme am Ende genau ist, hängt von der Zahl der Schülerinnen und Schüler ab.
„Bündelungsschule“ soll Sitzenbleiber und Quereinsteiger auffangen
Ab dem Schuljahr 2023/2024 wird es nach Vorgaben des Schulministeriums eine zusätzliche Jahrgangsstufe geben, die - aufsteigend ab der Einführungsphase/Klasse 11 - Platz hat für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, also etwa Realschüler und Hauptschüler mit der Qualifikation für die Oberstufe, sowie für Klassenwiederholerinnen und -wiederholer der Oberstufen. Diese „Bündelungsschule“ genannte zusätzliche Jahrgangsstufe soll in Duisburg - unter anderem aufgrund der zentralen Lage - am Mercator Gymnasium eingerichtet werden.
Für die Schüler der jetzigen 9. Klassen sieht Ralf Buchthal einen „hohen Beratungs- und Förderbedarf, die Laufbahn muss intensiver geplant werden“. Ihnen droht an der eigenen Schule eine zweijährige Wiederholung, sollten sie sitzenbleiben - oder eben ein Wechsel ans Mercator-Gymnasium oder eine andere Schulform.
Die Rückkehr zu G9 sei dennoch richtig gewesen: „Ich habe aktuell eine 8. Klasse und kann mit ihr im Vergleich viel ruhiger arbeiten.“ Er erinnert daran dass die Lehrpläne für G8 nicht gekürzt worden seien, „der Druck ist schon in der Sekundarstufe 1 enorm“.
>>ZUR GESCHICHTE:
- 2005 wurde an Gymnasien das Abitur nach acht Jahren eingeführt (G8). Hierbei gilt die Klasse 10 schon als Oberstufe, die Abiturprüfung wird in der 12. Klasse abgelegt.
- Da die Kritik am System anhielt, kehrten im Schuljahr 2019/20 die meisten Schulen zu G9 zurück. In Duisburg waren es alle Gymnasien.
- Das Land geht davon aus, dass künftig nur noch eine knapp fünfstellige Zahl von Kindern ein Abitur nach G8 machen wird - entweder durch Überspringen einer Klasse oder an den wenigen Schulen im Land, die an dem System festgehalten haben.
- Hochrechnungen des Landes prognostizierten für den Jahrgang 2025/26 eine Gesamtschülerzahl von 743 220, der aktuelle Jahrgang ist 815 870 Schüler stark. Davon entfallen auf die Gymnasien des Landes aktuell 522 170 Kinder und Jugendliche, in fünf Jahren sind es demnach 542 460.