Duisburg. Seit 20 Jahren bringt Doxs Dokumentarfilme für Kinder und Jugendliche nicht nur nach Duisburg. Was die neue Ausgabe im November besonders macht.

Als Doxs vor 20 Jahren an den Start ging, hatte das Dokumentarfilmfestival für Kinder und Jugendliche noch keinen eigenen Kinosaal und musste seine Lücken im Programm der Duisburger Filmwoche finden. „Sehr unbedarft und neugierig“ sei man damals losgegangen, sagt Festivalleiterin Gudrun Sommer. Aus „unbedarft“ ist erfahren und etabliert geworden – die Neugier ist geblieben.

Das Programm der Jubiläumsausgabe von Doxs, die vom 8. bis 21. November im Filmforum am Dellplatz in Duisburg und darüber hinaus sechs weiteren Städten läuft, ist ein besonderes. Die sieben Filme, die für den Preis „Große Klappe“ nominiert sind, sind aktuelle Produktionen. Die anderen 14 Filme des Programms blicken zurück. Ausgewählt wurden sie von Doxs-Mitarbeiterinnen, weil sie ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind.

„Duisburg City Hochfeld“: Ein Film über Jugendlich auf dem Weg ins Berufsleben

Mit „Duisburg City Hochfeld“ ist zum ersten Mal ein Duisburg-Film ins Programm gekommen. Für Medienpädagogin Angela Matianis war es eines ihrer ersten Doxs-Projekte überhaupt. „Es ist fantastisch für uns alle“, sagt Gudrun Sommer. 2007 hervorgegangen aus einem medienpädagogischen Projekt an der damaligen Emil-Rentmeister-Schule sei er „kaum gealtert“. Geht es doch um eine Gruppe von Jugendlichen, die sich für einen Berufsweg entscheiden müssen.

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Und passend dazu die Wahl von Simone Scheidler vom Filmforum: Die 2014 in Duisburg gezeigte Defa-Produktion „Jugend-Zeit… in der Stadt“, in der Jugendliche in Ostberlin 1979 darüber diskutieren, wann die Jugend zu Ende ist. Schwarz-weiße Bilder aus einem anderem Land, aber Fragen, die Jugendliche sich auch heute noch stellen.

Das Festival inspiriert Filmemacher

Filme aus den Niederlanden, das „Eldorado des Kinderdokumentarfilms“, sind jedes Jahr im Programm wie 2021 „Naomis Geheimnis“ über die Tochter einer drogenabhängigen Frau. Ins Nachbarland haben die Duisburger Macherinnen anfangs ein wenig neidisch geschaut, inzwischen kann Gudrun Sommer sagen, dass mit Doxs auch die deutsche Filmszene das Genre entdeckt hat. „Ednas Tag“ von Bernd Sahling sei 2009 „ein großer Aufschlag“ gewesen. Inzwischen diskutieren regelmäßig in der Doku-Klasse junge Filmbegeisterte mit Filmemachern über ihre Ideen.

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Ein großer Schritt fürs Festival war 2004 der Einzug in einen eigenen Saal. „Wir haben alle fünf Jahre etwas geschenkt bekommen“, sagt Sommer über die kontinuierliche Weiterentwicklung. 2005 begann die Kooperation mit dem Goethe-Institut, dann wurde zum Zehnjährigen der Preis „Große Klappe“ durch die Bundeszentrale für politische Bildung gestiftet, zum 15-Jährigen der ECFA Documentary Award 2016 sogar vom europäischen Verband für Kinder- und Jugendfilm eigens ins Leben gerufen für inhaltlich und ästhetisch hochwertige dokumentarische Produktionen für Kinder.

Doxs erreicht das Ruhrgebiet

Dass es Doxs inzwischen auch in Bochum, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Moers gibt, „ist eine Idee aus der Kulturhauptstadt“, so Gudrun Sommer, die 2010 ein Filmbildungsprojekt entwickelt hat. Sommer hatte vor Doxs sechs Jahre bei der Berlinale gearbeitet und war in Berlin „jeden Tag anderthalb Stunden“ zu den Kinos unterwegs. Daraus sei die Idee entsprungen, auch Doxs regional zu denken. 2021 gibt es Doxs Ruhr zum neunten Mal.

„Du hast die Wahl“ ist ein Film aus Norwegen, in dem fünf Kinder erzählen, wie es ihnen damit geht, dass ihre Väter im Gefängnis sitzen.
„Du hast die Wahl“ ist ein Film aus Norwegen, in dem fünf Kinder erzählen, wie es ihnen damit geht, dass ihre Väter im Gefängnis sitzen. © Unbekannt | Doxs

Seit 2002 hat Doxs rund 500 Dokumentarfilme präsentiert. Es gibt Themen, die immer wiederkehren. Flucht und Migration zum Beispiel, „ein Thema, das im Umfeld von jungen Menschen und in den Schulen landet, weniger in Erwachsenen-Blasen“, sagt Sommer. So erzählt der Film „Seepferdchen“ von der jungen Jesidin Hanan, deren Boot bei der Flucht 2015 von einer Welle überrollt wurde; sie konnte nicht schwimmen. Heute trainiert sie andere Kinder im Schwimmunterricht.

Das Festival verändert sich mit seinem Publikum

Auch der Umgang mit verschiedenen Kulturen, Religion und Lebensentwürfen gehört stets ins Programm. Doxs verändere sich mit seinem Publikum, sagt Sommer. So sei in den letzten Jahren eine zunehmende Politisierung der jungen Generation spürbar geworden. Erfreulich findet sie auch, „wie selbstverständlich mit Themen umgegangen wird“, die Älteren schwerer fallen. Zum Beispiel Geschlechtsangleichung, das im aktuellen Programm der Film „Chao’s Transition“ beleuchtet.

„Desert Dogs“ schaut in atmosphärisch dichten Bilden auf die junge Generation in Marokko. Die Protagonisten gehören zur Skate-Bewegung und setzten sich so von den Traditionen ihrer Heimat ab. Dass auch ein ästhetisch so anspruchsvoller Film wie „In der Stille eines abgrundtiefen Meeres“ aus Belgien „auch unsere Zielgruppe interessiert“, habe sie sich vor 20 Jahren nicht vorstellen können, so Sommer. Darin wird in historischen Filmbildern an Pionierinnen des Kinos erinnert.

Welches Geschenk bekommt Doxs in diesem Jahr? „In diesem Jahr ist das Festival selbst das Geschenk“, sagt Gudrun Sommer, nachdem es im letzten Jahr wegen Corona ausschließlich online laufen konnte. Bei allem, was man in diesem Bereich gelernt habe – das Publikum soll weiter ins Kino kommen.

>> DEUTSCHE FESTIVALPREMIERE FÜR 360-GRAD-DOKU

  • Doxs fährt in diesem Jahr zweigleisig, es gibt im Festivalzeitraum auch ein Online-Programm für Schulklassen, und in der zweiten Woche vom 15. bis 19. September sind virtuell Gespräche mit Regisseuren möglich. Info: www.do-xs.de
  • Zum ersten Mal gibt es bei Doxs ein ausschließlich digitales Angebot: Die 360-Grad-Doku „Kinshasa Now“ von Marc-Henri Wajnberg, präsentiert in Kooperation mit dem Verein „Freunde der Realität“ als deutsche Festivalpremiere.
  • Der Film handelt von einer Gruppe von Straßenkindern. Man kann einem linearen Film folgen und mit Hilfe von Tastatur oder Touchscreen mit der Kamera ins Gewimmel der kongolesischen Hauptstadt eintauchen.