Duisburg-Neudorf. Wie groß muss die Not sein, wenn Eltern und Kinder vor einer Grundschule demonstrieren. In Duisburg hat selbst das nichts bewegt. Noch nicht.
Die Bezirksregierung, die Schulaufsicht und sämtliche Beteiligte, die sich um die verfahrene Situation an der Katholischen Grundschule Grabenstraße (KGS) kümmern, sind mit Hausaufgaben in die großen Ferien gestartet – zumindest dachten und hofften das die Eltern und Kinder. Sie hatten kurz vor Schuljahresende protestiert, um den „Schulfrieden“ wieder herzustellen. Getan hat sich seither aus Sicht der Eltern nicht viel. Immerhin gab es in dieser Woche ein Treffen der Eltern mit der SPD-Landtagsabgeordneten Sarah Philipp.
Probleme an der Katholischen Grundschule Grabenstraße: Die Sicht der Eltern
Streng genommen würden die Probleme seit Jahren schwelen, berichten Mütter und Väter, aber auch Pfarrer Christian Schulte. Kristina Winter, Lukas Heuser, Sabrina Beckmann und Christian Kreutz haben sich die Schule für ihre Kinder bewusst ausgesucht. Sie hatte nicht nur einen guten Ruf, sondern stand für ein gutes Miteinander und einen wertschätzenden Umgang, erzählen sie. Es habe sogar Erwachsene gegeben, die frühzeitig in den Förderverein eintraten, damit die Chancen besser standen, dass der Nachwuchs die KGS besuchen könne.
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Es hätten sich mit der Zeit atmosphärische Störungen summiert. Beliebte und engagierte Lehrer hätten sich krank gemeldet oder wechselten die Schule, erinnern sich die Eltern. „Die, die noch da waren, mussten teilweise zwei Klassen betreuen. Klar, dass das auf Dauer niemand schafft“, beschreibt Sabrina Beckmann. Drei Lehrerinnen haben die Schule im Sommer auf eigenen Wunsch verlassen, würden freiwillig an Grundschulen im Duisburger Norden wechseln.
Dabei hatte es wohl vor ein paar Jahren bereits Versuche gegeben, das Verhältnis zwischen den Lehrern und der Schulleiterin zu verbessern. Eine Mediation sollte dabei helfen. Sie konnte aber letztlich nicht durchgeführt werden. Auf Nachfrage dazu ließ die Schulleiterin über ihre Anwältin mitteilen, es handele sich um Interna der Schule, die nicht kommentiert werden dürften.
Die Lehrergewerkschaft GEW und der Personalrat für Grundschulen möchten zum Mediationsverfahren keine Stellung nehmen. Rüdiger Wüllner von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft erklärt: „Die GEW verweist bei Beratungsanfragen von Kolleginnen und Kollegen regelmäßig auf die Möglichkeiten der Schulmitwirkungsgremien. Lehrerrat, Lehrerkonferenz, Schulpflegschaft und Schulleitung haben gemäß der einschlägigen Paragrafen im Schulgesetz NRW zahlreiche Rechte und Pflichten und daraus ergeben sich deren Rollen im Rahmen der Schulmitwirkung.“ Sollte das alles nicht funktionieren, gebe es übliche Beschwerde-Wege.
Eltern fühlen sich von Behörden allein gelassen
Allein: Die Eltern, erklären sie, haben versucht, die Probleme schulintern anzusprechen. Alle hätten unterschiedliche Auskünfte bekommen. Zumindest hätten irgendwann auch die Kinder gemerkt, dass an der Schule irgendwas nicht richtig laufe. In einem Brief wandten sich die Eltern an die Schulaufsicht, die Bezirksregierung, die schulpsychologische Beratungsstelle und sogar an NRW-Schulministerin Gebauer.
„Erst wurde gar nicht reagiert und dann kamen nur leere Worte“, beschreibt ein Vater verbittert. Lukas Heuser ergänzt: „Eine weitere Zusammenarbeit mit der Schulleiterin ist weder gewollt noch wünschenswert.“
Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt Dr. Patricia Cronemeyer, die die Schulleiterin vertritt: „Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich es wertschätze, dass die Elternschaft der KGS Grabenstraße sich so umfassend und mannigfaltig für das Schulleben einsetzt. Ich in meiner Funktion als Schulleitung nehme das Bedürfnis der Eltern am gemeinsamen Austausch ernst und stand beziehungsweise stehe hierfür stets zur Verfügung. Von Bedeutung ist allerdings, dass die Kommunikation von gemeinsamen Respekt geprägt sowie konstruktiv ist. Es ist mir ein großes Bedürfnis, auch im kommenden Schuljahr im gemeinsamen Austausch mit den verschiedenen Gremien zusammenarbeiten. Ich stehe für eine gute Arbeit an der Katholischen Grundschule Grabenstraße in Duisburg Neudorf ein.“
Eine Sprecherin der Bezirksregierung ordnet die Situation so ein: „Die Schulleitung ist seit sechs Jahren an der Schule tätig. Erst im November 2020 gab es eine erste Beschwerde an die Bezirksregierung als obere Schulaufsicht, da eine Lehrerin zur Unterstützung einer stark unterbesetzten Schule abgeordnet werden sollte.“ Es habe zahlreiche Gespräche mit Eltern, dem Kollegium, Lehrerrat und Schulleitung sowie mit dem seit einem Jahr amtierenden Vorsitz der Schulpflegschaft gegeben.
Weiterhin habe eine Dienstbesprechung mit der Schulaufsicht sowie eine Supervision durch die Schulpsychologische Beratungsstelle stattgefunden. Derzeit liegen der oberen Schulaufsicht zwei weitere Beschwerden vor und „werden bearbeitet und geprüft. Die bisherigen Ergebnisse der Überprüfung lassen keine Dienstpflichtverletzung der Schulleitung erkennen, die eine dienstaufsichtsrechtliche Maßnahme begründet.“
Bezirksregierung hebt „sehr gute“ Personalausstattung an der Schule hervor
Laut Bezirksregierung haben zum Schuljahr 2021/2022 vier Lehrer der Katholischen Grundschule Grabenstraße „aus verschiedensten Gründen“ einen Versetzungsantrag gestellt. Drei werden „im Einvernehmen mit allen Beteiligten“ an andere Schulen versetzt, die vierte Lehrkraft verbleibe an der Grabenstraße. „Eine Lehrkraft kehrt nach einer Abordnung nach den Sommerferien zurück an die KGS, drei kommen neu hinzu.“ Auch zwei erkrankte Lehrer würden ihren Dienst wieder aufnehmen. Eine Vertretungskraft unterstütze die Schule zusätzlich.
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„Insbesondere im Vergleich mit anderen Duisburger Grundschulen ist die Personalausstattung als sehr gut einzuschätzen.“ Auch die Mindeststundentafel sei abgedeckt, und es stünden noch sieben Unterrichtsstunden für ergänzende Angebote zur Verfügung. „Umstrukturierungen sind – auch in kleineren Schulen – manchmal nicht vermeidbar, da Lehrkräfte für ihre berufliche Entwicklung auch ganz persönliche Maßstäbe und Gründe haben können. Die Schulaufsicht kann die Versetzungswünsche von Lehrkräften nicht dauerhaft zugunsten der Kontinuität an einer Schule ignorieren“, teilt die Bezirksregierung mit.
Sabine Metz-Kuczkowski lässt über ihre Anwältin ausrichten: „Im letzten Schuljahr mussten wir uns, der pandemischen Lage bedingt, zahlreichen neuen Herausforderungen stellen; seien sie sozialer, seien sie technischer Art gewesen. Wir haben uns mehr als sonst gegenseitig geholfen und Verantwortung gezeigt. Deshalb schaue ich hoffnungsvoll auf das neue Schuljahr 2021/2022. Der Schulbeginn startet planmäßig am 18.08.2021.“
Schulleiterin äußert sich in einem offenen Brief
Nichts desto trotz hat sich nun die Landtagsabgeordnete Sarah Philipp (SPD) eingeschaltet: „Als Abgeordnete ist es meine Aufgabe mich um die Anliegen der Menschen in meinem Wahlkreis zu kümmern und zu schauen, ob ich helfen kann. Deswegen habe ich mich gestern mit einigen Eltern der KGS Grabenstraße getroffen“, erklärt sie und weiß: „Die Situation ist sehr vertrackt. Bisher sind offenbar alle Versuche gescheitert diesen Konflikt aufzulösen. Ich werde mich deshalb mit einem Brief an die Schulministerin wenden und bitte sie um Unterstützung. Die Situation besorgt mich sehr. Es geht um ein vernünftiges Miteinander an der Schule und am Ende vor allem um das Wohl der Kinder. Deswegen erwarte ich, dass die Ministerin sich in diesen Konflikt einschaltet.“
Die Rechtsanwältin von Simone Metz-Kuczkowski teilt mit: „Es ist mir ein großes Bedürfnis, auch im kommenden Schuljahr im gemeinsamen Austausch mit den verschiedenen Gremien zusammenarbeiten. Ich stehe für eine gute Arbeit an der Katholischen Grundschule Grabenstraße in Duisburg Neudorf ein.“
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Die Eltern betonen in einem neuerlichen offenen Brief: „Wir sind ob aller Zweifel gewillt, die Diskussion weiter aufrecht zu erhalten. Denn am Ende ist unsere Hauptintention immer, aus unserer KGS wieder eine gute KGS zu machen.“ Der Brief der Schulpflegschaft wurde von 35 Familien und 64 weiteren Eltern unterzeichnet.
Mutter Kristina Winter spricht ihren Mitstreitern aus der Seele, wenn sie sagt: „Ich bin froh, dass sich Frau Philipp der Sache angenommen hat und setze meine Hoffnung darauf, dass ihr Wirken dazu führt, dass die KGS wieder neu beginnen kann.“
>> So werden Schulleiter ausgewählt
- Auf Nachfrage unserer Zeitung beschreibt die Bezirksregierung, wie eine Schulleitungsstelle besetzt wird. Geregelt ist der Prozess in Paragraf 61 des NRW-Schulgesetzes. Ein so genanntes Eignungsfeststellungsverfahren wird erst für Stellenausschreibungen ab August 2016 durchgeführt.
- „Die Schulleiterin hat sich durch ein von der Schulaufsicht durchgeführtes Revisionsverfahren für die Funktion der Schulleitung qualifiziert und erfolgreich ihre Probezeit beendet. Bevor sie im Herbst 2015 die Schulleitung der KGS Grabenstraße übernommen hat, war sie bereits über drei Jahre als Konrektorin an einem anderen Schulstandort tätig“, führt die Bezirksregierung aus.