Duisburg. Demo vor der Katholischen Grundschule Grabenstraße in Duisburg: Eltern und Kinder fordern Kontinuität bei den Lehrern - und eine neue Leitung.

Morgens um halb acht ist die Welt nicht mehr in Ordnung an der Katholischen Grundschule Grabenstraße (KGS) in Duisburg. Circa 250 Eltern und Kinder haben sich am frühen Dienstag in Neudorf noch vor dem ersten Gong versammelt. Sie protestieren und fordern in einer offenen Petition den Schulfrieden zurück.

Die Trillerpfeifen, Rasseln und Trommeln sind schon von weitem zu hören. „Ich will Frau Adrian zurück“, steht auf einem Plakat, das von einem kleinen Mädchen hochgehalten wird. Auf einem anderen Schild bitten Kinder und Eltern Oberbürgermeister Sören Link um Hilfe: „Herr Link, helfen Sie den Kindern der KGS“, steht dort geschrieben. „Wir sind laut, damit ihr uns nicht unsere Lehrer klaut“, rufen die Kinder.

Großer Lehrermangel in Duisburg

Circa 250 Kinder und Eltern protestieren an der Grabenstraße, weil die Kinder keine festen Klassenlehrer haben und viele Lehrer die Schule auf eigenen Wunsch verlassen.
Circa 250 Kinder und Eltern protestieren an der Grabenstraße, weil die Kinder keine festen Klassenlehrer haben und viele Lehrer die Schule auf eigenen Wunsch verlassen. © Kathrin Hänig

In Duisburg herrscht Lehrermangel - und das bekommen jetzt auch immer mehr Schülerinnen und Schüler zu spüren. An der KGS haben viele von ihnen keinen festen Klassenlehrer. Die Lehrkräfte wechseln jährlich, der Grund scheint offensichtlich. Eine Mutter sagt: „Die Lehrer fühlen sich mit der Schulleitung nicht wohl. Hier ist viel vorgefallen und wir haben uns schon an die Schulaufsicht und sogar an die Ministerin Yvonne Gebauer gewandt.“ Passiert sei bisher: nichts. Insgesamt fünf Lehrerinnen hätten innerhalb eines Jahres das Weite gesucht, einen freiwilligen Versetzungsantrag gestellt.

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Selbst der Förderverein wolle sein Mandat geschlossen niederlegen wegen „unüberbrückbarer Differenzen mit der Schulleitung“ heißt es in einem Brief der Elternschaft.

Schulleiterin Simone Metz-Kuczkowski will sich zu der Kritik nicht äußern, lässt auf die Pressestelle der Bezirksregierung verweisen. Auch die zuständige Schulrätin in Duisburg verweist auf Düsseldorf.

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„Die Schule verliert ihre Seele und ihre Gesichter“

Drei Lehrer verlassen die kleine Schule jetzt im Sommer, auf eigenen Wunsch. Vier Lehrerinnen seien langzeiterkrankt. Nicht alle Stellen sind schon wieder neu besetzt. Anfragen nach dem Warum blieben laut Elternschaft unbeantwortet. Für die Mütter und Väter ist es eindeutig: Die Fluktuation an der Grundschule ist zu hoch.

Andreas Sadrina ist Vorsitzender der Schulpflegschaft. Seine Kinder besuchen die Grundschule, an der immer mehr Lehrer einen Versetzungsantrag stellen.
Andreas Sadrina ist Vorsitzender der Schulpflegschaft. Seine Kinder besuchen die Grundschule, an der immer mehr Lehrer einen Versetzungsantrag stellen. © Kathrin Hänig

„Die Schule verliert ihre Seele und ihre Gesichter“, sagt der Schulpflegschaftsvorsitzende Andreas Sadrina. Die Schutzbefohlenen würden ihre engsten pädagogischen Bezugspersonen verlieren. „Es geht hier doch nicht um Waren oder Dienstleistungen, sondern um unsere Kinder.“ Zu den fünf Lehrkräften, die die Schule verlassen oder schon verlassen haben, kommt eine pädagogische Fachkraft, die gekündigt habe, auch eine Ehrenamtlerin sei drei Jahre vor der Rente gegangen. „Da nehmen wir die Schulleitung in die Pflicht. Es herrschten Druck und Frust.“

Pfarrer sieht den Schulfrieden gefährdet

Auch der zuständige Pfarrer Christian Schulte, der sich wegen des Unfriedens sogar schon ans Bistum gewendet hat, sieht den Schulfrieden gefährdet: „So viele Wechsel und der Weggang von wirklich tollen Lehrern, das ist einfach nicht gut. Da zerbricht ein tolles Kollegium und ein normaler Schulbetrieb ist gar nicht mehr möglich.“

Er steht im engen Kontakt zu Eltern und Lehrern, weil er für die Kinder an der katholischen Grundschule die Gottesdienste organisiert und leitet. „Die Eltern melden ihre Kinder hier an, weil sie einen religiösen Anspruch haben und die Schule bisher einen sehr guten Ruf hatte. Das geht jetzt gerade alles den Bach runter.“ Die Pflegschaft fordert jetzt einen Neuanfang, nach den Sommerferien - mit einer neuen Schulleitung. „Wir haben das Vertrauen verloren.“

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Viele Kinder stehen traurig vor der Schule, sogar Tränen rollen über die Wangen. Grace (8) aus der zweiten Klasse sagt: „Ich habe erst vor dem Wochenende erfahren, dass unsere Klassenlehrerin nach den Sommerferien nicht wiederkommt. Ich finde es total schade, dass wir es nicht eher erfahren haben. Wir hätten noch schöne Sachen mit ihr machen können.“ Katharina Lindner aus der 4. Klasse sagt: „Ich finde es doof, dass so viele Lehrer gehen. Da findet man nur schwer Anschluss und es dauert viel länger, bis man wieder Vertrauen hat.“ Und Mira meint: „Ich finde es schlimm, dass wir keine Klassenlehrerin haben, weil mich oft die großen Jungs ärgern und ich nicht weiß zu wem ich dann gehen soll.“

>>WICHTIGER RAHMEN FÜR GRUNDSCHULEN

Kinder brauchen gerade in den ersten Jahren eine sichere Konstante, einen Ansprechpartner, heißt es aus der Schulpflegschaft. Die zitiert in ihrem Protestbrief, der unserer Redaktion vorliegt, auch NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer mit dem gleichen Gedanken.

Sie erklärte mit Blick auf Präsenzunterricht über den offiziellen Regierungs-Twitter-Account „Bildungsland NRW“: „Kinder und Jugendliche brauchen Gleichaltrige, gewohnte Strukturen und einen verlässlichen Alltag.“