Duisburg. Das Lehmbruck-Museum in Duisburg zeigt im Rahmen einer Doppelausstellung mit der Bundeskunsthalle Bonn „Lehmbruck – Beuys: Alles ist Skulptur“.
Wilhelm Lehmbruck und Joseph Beuys haben einander nie kennengelernt. Und eine „Wahlverwandtschaft“, wie es Lehmbruck-Direktorin Dr. Söke Dinkla nennt, würde man zwischen diesen so unterschiedlichen Künstlern zunächst nicht vermuten. Der Verbindung zwischen Lehmbruck und Beuys spürt jetzt eine Doppelausstellung nach.
Gemeinsam feiern die Bundeskunsthalle in Bonn unter dem Titel „Lehmbruck – Beuys. Denken ist Plastik“ und das Lehmbruck-Museum in Duisburg mit dem Zitat „Alles ist Skulptur“ im Titel den 100. Geburtstag des Künstlers, der Grenzen gesprengt und Rätsel aufgegeben hat. Ein Schlüssel für die Ausstellung ist die Rede, die Joseph Beuys eine Woche vor seinem Tod bei der Verleihung des Wilhelm-Lehmbruck-Preises am 12. Januar 1986 gehalten hat. Sie begann mit den Worten „Ich möchte mich bei meinem Lehrer Wilhelm Lehmbruck bedanken.“
Lehmbruck und Beuys erlebten Weltkriege
Der 1881 in Duisburg-Meiderich geboren und 1919 aus dem Leben geschiedene Lehmbruck habe ihn zum endgültigen Entschluss gebracht, Bildhauer zu werden, so der 1921 geborene Beuys vor 35 Jahren in seiner Rede, die er eine Woche vor seinem Tod in Duisburg hielt. Sein Satz „Alles ist Skulptur“ ist wohl nicht so bekannt wie „Jeder Mensch ist ein Künstler“, bedeutet aber eine ähnlich radikale Öffnung.
Es gebe weitere Gemeinsamkeiten zwischen Lehmbruck und Beuys, so Söke Dinkla. Das Erleben der Zerstörungskraft zweier Kriege als Teilnehmer und die damit verbundenen Epochenbrüche. Oder Lehmbrucks Unterschrift unter einen Aufruf, in dem Rudolf Steiner 1919 die Geringschätzung des Geistigen als Ursache für den Ersten Weltkrieg ausmacht und die Kulturwelt zur Erneuerung aufruft. Beuys hat sich als Schüler des Anthroposophen bezeichnet.
Schafsköpfe und Hirschdenkmal
Wie der „Kopf eines Denkers“ seien alle Skulpturen Lehmbrucks Denker und nach innen gewandt, so Dinkla. Und Beuys’ Begriff der „sozialen Plastik“ betone die Intuition. Beide Künstler wüssten um die „existenzielle Verletzlichkeit“ des Menschen; nur wer sie erkenne, könne sich erneuern. Vor allem in der Beschäftigung mit dem menschlichen Torso – etwa in den Zeichnungen – zeigen sich auch im Werk Gemeinsamkeiten.
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Zu den zentralen Beuys-Werken, die jetzt im Lehmbruck-Museum zu sehen sind, gehört das „Elferzimmer (11 Schafsköpfe)“, in dem der Betrachter die Ruhe finden soll fürs Denken: Elf schwarze Bilder mit Tierkonturen; dort, wo die Köpfe sein müssten, ist das Papier rund ausgerissen. Oder das „Hirschdenkmal“, bei dem der titelgebende Hirsch aus Ebenholzblöcken und einem Bügelbrett besteht und umgeben ist von einer „Ziege“ (ein Karren mit Hacke) und Lehmobjekten.
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Bei aller Ernsthaftigkeit der Deutungsversuche, etwa über die Bedeutung der Frau, die als kreativstes Wesen neues Leben hervorbringe – bei Beuys ist ein Humor zu entdecken, der Lehmbruck wohl fremd gewesen wäre, wie Beuys’ „Nippel“ zeigt: eine kleine, sanfte Erhebung auf einem Holzbrett.
Ein umfangreiches Begleitprogramm
Zu feiern ist aber nicht nur der 100. Geburtstag von Joseph Beuys, sondern auch die Wiedereröffnung des Museums nach Monaten der Corona-Schließung. Am Kultursommer im Kantpark beteiligt sich das Museum mit kostenlosen Workshops ab 6. Juli, wenn es von 14 bis 16 Uhr „Kunst für alle – Multiple Kunst“ heißt; weitere sechs Workshops laufen jeweils dienstags bis zum 17. August.
An zwei Freitagen, 2. Juli und 3. September, an denen die Besucher den Eintritt selbst bestimmen, gibt es Führungen mit Kuratorin Jessica Keilholz-Busch, dreimal (20. Juli, 21. September und 19. Oktober) werden in der Reihe „Kunst & Kaffee“ Themenführungen angeboten, zweimal (5. August und 7. Oktober) steht die Ausstellung bei „Kunst & Stulle“ im Mittelpunkt. Auch Beuys-Filme im Filmforum und ein Konzert „Beuys’ Endklavier“ mit dem Ensemble Crush am 16. September gehören zum Begleitprogramm.
>> FREIER EINTRITT AM 26. JUNI
- Die Ausstellung wird am Freitag, 25. Juni, um 18 Uhr eröffnet (nur nach Anmeldung). Sie bleibt bis zum 1. November 2021.
- Am Samstag, 26. Juni, lädt das Museum bei freiem Eintritt und kostenlosen Führungen (11.30 und 15 Uhr) von 11 bis 17 Uhr zum Besuch ein (Anmeldungen unter 0203 283 3294).
- Die Ausstellung wird mit 81.000 Euro gefördert von der Sparkassen-Kulturstiftung und der Sparkasse Duisburg.