Duisburg. Die Barock-Spezialisten der Lautten Compagney Berlin und Mezzosopranistin Tora Augestad entführen das Duisburger Publikum in Händels London.

Zwei barocke Kammerkonzerte in der Mercatorhalle innerhalb von acht Tagen sind schon eine Besonderheit. Nachdem Evgeni Koroliov letzte Woche Bachs „Goldberg-Variationen“ spielte, gab es nun einen Abend mit den Barock-Spezialisten der Lautten Compagney Berlin.

Im Zentrum des Konzertes unter dem Motto „As on a Sunshine Summer’s Day“ standen „English Songs“ von Georg Friedrich Händel. Gesungen und moderiert wird der Abend von der norwegischen Mezzosopranistin Tora Augestad. Die Künstlerin ist höchst vielseitig, ist im Jazz, in der zeitgenössischen Musik und zudem im Barock zuhause, wie sie in diesem Programm beweist.

Ein musikalischer und optischer Spaziergang

Musikalisch bildet eine Auswahl von zehn Stücken der Händel-Lieder den roten Faden. Thematisch ist das Konzert als ein Spaziergang durch die Vauxhall Gardens konzipiert, einem barocken Londoner Vergnügungspark. Dabei werden Einblicke in das soziale und politische Leben der Zeit gegeben und mit historischen Bildern des Parks mit seinen Pavillons und Statuen illustriert, die auf einer Leinwand über der Bühne zu sehen sind.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.] In Tora Augestads unterhaltsame Moderationen erfährt das Publikum, dass die Londoner im Park ihre Sehnsucht nach der paradiesischen Unschuld auslebten, die wohl nicht ganz so unschuldig war, wie sie augenzwinkernd durchklingen lässt. Daneben wird das beliebte Motiv der Nymphen aufgegriffen, wozu die Hallenbeleuchtung in malerisches Blau wechselt.

Im Kapitel „Bacchus an der Börse“ erfährt man, dass auch nach dem ersten Börsen-Crash der Geschichte die glücklosen Spekulanten Trost in Vauxhall Gardens suchten. Und im „Tempel der Leiden“ wird schließlich die Niederschlagung des schottischen Jakobineraufstandes thematisiert.

Geschichten und Musik leichtfüßig präsentiert

Konzertsaison der Duisburger Philharmoniker- Großes Programm Dabei kommt der Abend keineswegs wie eine professorale Geschichtsstunde daher, sondern sehr leichtfüßig und tänzerisch. Schon zur Eröffnung zaubern die acht Musiker und Musikerinnen der Lautten Compagney Parkatmosphäre durch ein großes Vogelstimmen-Konzert. Flötist Martin Riper intoniert ein beschwingtes „Chirping of the Nightingale“.

Fließend geht es dann weiter mit der Händel-Arie „Let me wander not unseen“. Tora Augestad singt alle ihre Arien und Lieder mit leichter und klarer Stimme. Große pathetische Opernposen vermeidet sie sowohl stimmlich als auch optisch. Händels Songs klingen bei ihr so schlicht und natürlich wie Volkslieder.

Trotz kleiner Besetzung holen die Damen und Herren der Lautten Compagney aus ihren Instrumenten alles heraus: Birgit Schnurpfeil spielt beschwingt und swingend die Violine liefert sich immer wieder pfiffige Melodiewechsel und Duette mit Ulrike Paetz an der Viola. Alon Sariel ist der einzige Musiker im Ensemble, der die namensgebende Laute spielt. Gemeinsam mit Hans-Werner Apel an Theorbe und Barockgitarre bringt er die Saiten zum Vibrieren.

Viel Beifall für ein Gute-Laune-Konzert

Annette Rheinfurth an der Violone, einem barocken Vorläufer des Kontrabasses, spielt bei Henry Purcells „Ground“ einen jazzigen Walking-Bass. Bei so viel beschwingten Klängen in Drei- und Viervierteltakt erwartet man manchmal, dass das Publikum gleich tanzend aufspringen würde. Zu solchen „Ausschweifungen“ kommt es im Kammerkonzert dann doch nicht.

Doch Tora Augestad und die Lautten Compagney verbreiten aber so viel gute Laune, dass dem Publikum immer wieder ein Lächeln auf die Lippen gezaubert und dezent mit den Füßen gewippt wird. Es bedankt sich mit starkem Beifall für diesen kurzweiligen Abend. Als Zugabe erklingt noch einmal „„As on a Sunshine Summer’s Day“.

>>SÄNGERIN PFLEGT ZEITGENÖSSISCHE MUSIK

  • Tora Augestad hat mit vielen zeitgenössischen Komponisten wie Beat Furrer und Jörg Widmann zusammengearbeitet. In den letzten Jahren trat sie regelmäßig in Inszenierungen des Regisseurs Christoph Marthaler auf.
  • In dessen Produktionen „Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle“, „Universe, Incomplete“ und „Nach den letzten Tagen – Ein Spätabend“ war sie 2018 und 2019 auch bei der Ruhrtriennale zu erleben.