Duisburg. Beim ersten Kammerkonzert nach dem Lockdown hat der Pianist Evgeni Koroliov mit Bachs „Goldberg-Variationen“ das Duisburger Publikum begeistert.

Ein Pianist, der noch einmal das gleiche Programm spielt wie zwölf Jahre zuvor, ist im Duisburger Konzertleben eine Seltenheit. Johann Sebastian Bachs monumentale „Goldberg-Variationen“ hatte Evgeni Koroliov bereits 2009 in der Mercatorhalle gespielt – am Wochenende wagte sich der Russe erneut an dieses Werk. Mit diesem Abend im Rahmen der Kammerkonzerte erwachte das Duisburger Konzertleben nach achtmonatiger Schließung aus dem Corona-Schlaf.

Dr. Alfred Wendel, der scheidende Intendant der Duisburger Philharmoniker, lässt es sich auch diesmal nicht nehmen, das Publikum zu begrüßen und witzelt: „Ich musste nach acht Monaten ohne Konzerte kurz nachdenken, wie man eine Krawatte bindet.“

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Evgeni Koroliov ohne theatralische Gesten eines Lang Lang

Pianist Koroliov spielt die „Goldberg-Variationen“ auswendig und mit höchster Konzentration. Die eröffnende Aria musiziert er mit abgeklärter Schlichtheit, jedoch hindern leichte Verzögerungen den Fluss der Musik. In der Reprise erscheinen diese nachdenklichen Stockungen als Rückblick auf den Weg durch die Variationen logisch, in der Präsentation der Aria jedoch nicht.

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In seiner Reise durch Bachs Kosmos der Variationen lässt Koroliov die hellen Farben des Konzertflügels leuchten: Sein Spiel ist klar und kraftvoll, alle Stimmen erhalten das gleiche Gewicht, sodass ein ausgewogener und gut ausbalancierter Klang entsteht. Meist spielt Koroliov den Beginn einer neuen Variation in das Ausklingen der vorhergehenden hinein, so dass ein großer Bogen entsteht, eine Variation wird in die nächste verwandelt.

Schön ist, dass Evgeni Koroliov die großen theatralischen Gesten eines Lang Lang vermeidet. Bei ihm gibt es keine Sentimentalitäten oder wildes Tastengedonner, sondern dass Wechselspiel der Töne steht bei ihm im Zentrum. Die erste Hälfte des Variationswerks ist zudem durch viele tänzerische und verspielte Situationen geprägt. Die Kanon-Variationen sind eher nachdenkliche Momente, erinnern an die Choräle in den Passionen, die dort auch Ruhepunkte bilden.

Duisburger Publikum dankt mit Bravo-Rufen

Auch wenn Koroliov manchmal Töne spielt, die nicht in den Noten stehen, entfaltet er einen großen musikalischen Kosmos, lässt die Musik Bachs singen, tanzen, träumen und philosophieren. Nach der opulenten Ouvertüre, die genau im Zentrum des Werkes steht, wird die Musik dann introvertierter und melancholischer. Zwar gibt es noch lichte Momente, wie die 19. Variation, die von Koroliov mit zauberhafter Leichtigkeit gespielt wird. Insgesamt überwiegen nun aber die düsteren Szenen.

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Bei einigen Variationen stellt sich auch die Frage, ob es unbedingt notwendig ist, alle Wiederholungen zu spielen. Koroliov gelingt es das Publikum in dieser neunzigminütigen Aufführung zu fesseln, ein Verzicht auf einige Wiederholungen hätte die konzentrierte Wirkung der Musik jedoch erhöht. Auch hätten kleine Momente des Atemholens die Bedeutung einzelner Variationen auf dem Weg zur Reprise der Aria noch erhöht.

Das Publikum dankt Evgeni Koroliov mit Bravo-Rufen und stehenden Ovationen. Dabei ist auch die Freude darüber zu spüren, dass zum Ende der Saison noch einige klassische Konzerte stattfinden.

>>EVGENI KOROLIOV SPIELTE ZULETZT 2017 IN DUISBURG

Evgeni Koroliov war in der Saison 2008/09 „Artist in Residence“ der Duisburger Philharmoniker. Zuletzt war er in Duisburg im März 2017 zu Gast und musizierte mit Schülern und Kollegen Konzerte für ein bis vier Klaviere von Johann Sebastian Bach.