Duisburg. Lange Wartezeiten bei Anträgen zum Führerschein: Die Fahrschulen in Duisburg gehen auf die Barrikaden, in der Kritik: TÜV und Stadt.

Drei Monate Unterricht, zwei Prüfungen und dann freie Fahrt – er kann so einfach sein, der Weg zum Führerschein. Außer, die Auto-Aspiranten leben in Duisburg. Hier ist aktuell wenig einfach. Der Nachwuchs verliert Zeit und Nerven, während er auf Termine hofft und Anträge wartet. Die Ausbilderinnen und Ausbilder kritisieren deshalb den TÜV Nord und die Stadt, es fallen Worte von „geschäftsschädigend“ bis „Katastrophe“.

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Erdal Cetinkaya (You Drive 24), Erkan Atabay, Norbert Nierth und Andrea Bahr (Andreas Fahrschulteam) bringen zumeist jungen Menschen bei, was es mit Verkehrszeichen und Bremspedal auf sich hat. Die Chefs der vier Fahrschulen im Duisburger Stadtgebiet waren bereit, nach dem langen Corona-Winter wieder auf die Überholspur zu wechseln, wurden dann aber kräftig ausgebremst. Frust hat sich angestaut, die Gespräche kreisen um diese drei Probleme:

Lockdown beschert Duisburgs Fahrschulen einen Stau

Der Lockdown und die Folgen.Für gut zweieinhalb Monate standen die Wagen in den Fahrschulen größtenteils still, nur in Ausnahmefällen durften die Fahrlehrer praktische Stunden anbieten. Die Theorie flimmerte immerhin per Videokonferenz über die Bildschirme, dennoch fehlten Einnahmen. „Uns waren die Hände gebunden“, berichtet Erkan Atabay aus Meiderich, während Erdal Cetinkaya (Walsum) sagt: „Fahrschüler haben sich durch den Stillstand angestaut.“

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Das führte nach dem Neustart im März und den nachgeholten Fahrstunden zu einem Run auf Termine für praktische Fahrprüfungen – und damit zum zweiten Problem, verortet beim TÜV Nord. Die entsenden die Prüfer, im Gepäck jedoch neue Regeln wie etwa längere Pausenzeiten durch Hygienemaßnahmen oder eine jeweils um zehn Minuten verlängerte Prüfung. So stehen weniger Zeitslots pro Prüfer und Tag zur Verfügung.

TÜV Nord verspricht Besserung – und wirbt um Verständnis

„Es zieht sich alles wie Kaugummi“, klagt Norbert Nierth aus Hüttenheim, die Unzufriedenheit bei Schülern und Lehrern sei groß. Er spricht von einem guten Monat zusätzlicher Wartezeit, Cetinkaya dagegen von keiner bestätigten Prüfung in den nächsten sechs bis acht Wochen. „Wir erhalten aktuell 50 Prozent weniger Plätze“, erklärt er und beschreibt die Auswirkungen: „Schüler sind frustriert und wir bekommen es ab. Wir versuchen dann, aufzuklären und zu beruhigen.“

TÜV-Sprecher Rainer Camen räumt ein, dass sich die Terminsituation in Sachen Fahrerlaubnisprüfung derzeit „ein wenig schwierig“ darstelle. Er nennt als Gründe nachzuholende Prüfungen aus dem Lockdown, weniger Termine durch Feiertage, längere Pausenzeiten und einen höheren Krankenstand.

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Dazu trete unabhängig von Corona der saisonale Effekt ein, dass junge Menschen verstärkt im Frühjahr und Frühsommer ihre Prüfungen absolvieren wollen würden. Laut Camen habe der TÜV eine „massive Erhöhung der täglichen Prüfungszeit“ und den „verstärkten Einsatz von Prüfern auch an Samstagen“ beschlossen, gleichzeitig wirbt er um Verständnis mit den zumeist älteren Prüfern in den beengten Fahrzeugen. Er verspricht: „Der TÜV Nord setzt alles daran, dass die Situation so schnell wie möglich wieder ins Lot kommt.“

Straßenverkehrsamt: Sechs Monate Wartezeit auf Antrag

Das hofft auch Andrea Bahr aus Huckingen, wenn es um das dritte Problem geht: das Bearbeiten und Bewilligen von Erst- und weiterführenden Anträgen durch die sieben Bürger-Service-Stationen und das Straßenverkehrsamt der Stadt, um zu den Prüfungen beim TÜV zugelassen zu werden.

Alleine für einen Termin bei einem der Bürgercenter schlagen momentan sechs Wochen Wartezeit zu Buche. Es gebe aber auch immer wieder „Rückläufer“, also stornierte oder wieder freigegebene Termine, bemerkt Stadtsprecher Malte Werning, durch die auch ein kurzfristiger Termin möglich sei. Der Härtefall bei der anschließenden Bearbeitung durch das Straßenverkehrsamt betrug in Bahrs Fahrschule ein halbes Jahr. Erdal Cetinkaya und Erkan Atabay sprechen von Fällen mit viermonatiger Wartezeit.

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„Wenn meine Fahrschüler aus Oberhausen oder Mülheim kommen, geht es viel schneller und einfacher“, sagt Atabay. „Ohne Teilnehmer aus den anderen Städten säße ich auf dem Trockenen, das ist geschäftsschädigend“, sagt Bahr. „Speziell in Duisburg ist es eine Katastrophe“, sagt Cetinkaya.

Rückendeckung vom Fahrlehrerverband Nordrhein

Rückendeckung bekommt das Trio von Volker Freigang, seines Zeichens stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Nordrhein. Er sei jetzt 20 Jahre Bezirksvorsitzender, „seitdem begleitet mich das Thema. Es ist ein absolutes Trauma in Duisburg.“ Einen Grund sieht er in fehlendem Personal und berichtet aus anderen Städten von Bearbeitungszeiträumen zwischen zwei und vier Wochen.

Malte Werning, Sprecher der Stadt Duisburg, antwortet auf die Kritik an langen Wartezeiten bei Anträgen zum Führerschein.
Malte Werning, Sprecher der Stadt Duisburg, antwortet auf die Kritik an langen Wartezeiten bei Anträgen zum Führerschein. © Stadt Duisburg

Malte Werning erklärt dazu, dass die Bearbeitungszeit für die einzelnen Antragsarten beim Straßenverkehrsamt davon abhängig sei, wie intensiv die Unterlagen geprüft würden. Bei den normalen Ersterteilungen seien das etwa acht bis zwölf Wochen, wenn nicht weiteres Material wie Strafakten angefordert und ausgewertet werden müssten.

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Zwei Gesetzesänderungen vom April 2021 würden zudem viel Bearbeitungs- und Beratungszeit für die neun bzw. zwei Mitarbeitenden im Front- und Backoffice bedeuten, auch die Reduzierung der Termine durch die Lockdowns hätten eine Rolle gespielt. Werning betont: „Wir arbeiten laufend an Lösungsmöglichkeiten, hier Verbesserungen vorzunehmen und die Abwicklung zu beschleunigen.“

>>> STADT DUISBURG ZU ONLINE- UND SAMMELANTRÄGEN

  • Mehr Tempo bei den Anträgen könnte es geben, wenn Fahrschüler ihre Unterlagen direkt online einreichen, anstatt einen Termin bei einem der Bürgercenter zu machen. Die Stadt sei bestrebt, das zu ermöglichen, schreibt Malte Werning. „Wir arbeiten momentan an einer Umsetzung.“
  • Auch Sammelanträge bringen die Fahrschulen ins Gespräch, hier gäbe dann ein Mitarbeitender gleich mehrere Anträge bei der Stadt ab. „Das läuft in Gelsenkirchen ganz gut“, sagt Erkan Atabay, dessen Bruder sich um die dortige Fahrschule kümmert.
  • Hier schiebt der Stadtsprecher jedoch einen Riegel vor. „Wir haben bei einer gebündelten Abgabe keine Möglichkeit, die Identität der Antragstellerinnen und –steller zu überprüfen.“