Gladbeck. Fahrschulen in Gladbeck beklagen, dass es zu wenige Prüftermine gibt. Die Wartelisten werden immer länger. Was der zuständige TÜV Nord dazu sagt.
Fahrschüler und Fahrschülerinnen müssen derzeit viel Geduld aufbringen. Denn sie warten oft wochenlang auf ihre Prüfung. Die Situation in den Fahrschulen ist entsprechend angespannt. Grund: Die Fahrlehrer bekommen beim zuständigen TÜV Nord nicht genügend Plätze für die praktische Prüfung. Er ist dem Ansturm der vielen Prüfungsanfragen nicht gewachsen. „Tatsächlich ist es so, dass sich die Terminsituation in Sachen Fahrerlaubnisprüfung derzeit als schwierig darstellt“, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage.
„Den Frust der Fahrschüler bekommen wir dann aber ab“, berichtet Fahrschullehrer Christian Klammer. Denn man sei ja ihr erster Ansprechpartner. „Sie zweifeln oft an, ob wir den Termin überhaupt rechtzeitig angemeldet haben“, so der Gladbecker Fahrschulinhaber. Es wäre schön, wenn der TÜV zur Entlastung einen quasi amtlichen Infozettel zur Verfügung stellen könnte, „der die aktuell schwierige Situation erklärt.“
Alle Fahrschulen hinken mit ihren Prüfungsterminen hinterher
Was das in der Praxis im Grunde für alle Fahrschulen bedeutet, beschreibt Fahrschulinhaber Stefan Wulfekotte (Stefans Fahrschule): „Ich hinke mit meinen Prüfungsterminen drei Wochen hinterher.“ Die letzte praktische Tour sei er am 21. Mai gefahren „und der nächste Termin ist mir erst für den 9. Juni bestätigt worden, obwohl wir Prüfungen für jede Woche beantragt haben“, so der Fahrlehrer. Ähnlich sieht es in der Fahrschule Klammer aus. „Wir haben für den Juni 13 Prüfungen bestellt und erst drei bestätigt bekommen“, so Christian Klammer. Änderungen in der Prüfungspraxis spitzten zudem die Situation zu, „da sich nun der Zeitaufwand für die Prüfer verlängert“, so dass jeder nur noch rund acht statt zuvor zehn Prüftermine am Tag bewältigen kann (siehe Infobox).
Fahrprüfungen dauern jetzt länger
Auch Änderungen der Prüfpraxis führen seit Jahresbeginn dazu, dass die Fahrprüfungen länger dauern und somit weniger Prüflinge pro Tag an die Reihe kommen.
Hinter dem Begriff „Optimierte Praktische Fahrerlaubnisprüfung“ verbirgt sich Folgendes: Statt wie bisher mit einem Stift und Zettel sitzt der Fahrprüfer seither mit einem Tablet-Computer neben dem Fahrschüler und füllt ein standardisiertes digitales Protokoll aus.
Am Ende gibt es ein detailliertes Ergebnis mit der Einschätzung des Fahrkönnens. In einem Gespräch reflektiert der Prüfer die Fahrleistung mit dem Schüler All das führt dazu, dass die Fahrprüfung länger dauert: statt 45 Minuten nun 55 und mehr. Statt vorher zehn schafft ein Prüfer damit nur noch acht Prüfungen am Tag.
Die Situation bei den Fahrprüfungen sei aber bereits seit dem Corona-Lockdown angespannt, „da wir den Berg der offenen Termine nicht signifikant abbauen können und weiter vor uns hinschieben“, so Klammer. Wer Glück habe, „erhält kurzfristig eine Termin, der aufgrund einer Absage frei geworden ist. Mit dem Problem, den dann kurzfristig organisiert zu bekommen“. Wir haben sehr viele Anmeldungen, sagt Klammer, aber alle Fahrschulen seien derzeit voll. „Wir tun was wir können, um die Situation zu entlasten, und fahren selbst so viel wir schaffen“, unterstreicht Stefan Wulfekotte. „Wir versuchen den Abstand der Fahrschultermine in der längeren Wartezeit zu strecken, so dass die Prüflinge im Training bleiben, und möglichst keine Mehrkosten entstehen“, sagt Christian Klammer.
Im Gründe müssten mehr Prüfer eingestellt werden
Das Verhältnis zu den TÜV-Prüfern selbst sei super, die könnten ja auch nicht mehr machen, „als zu arbeiten“. Im Grunde müssten mehr Prüfer vom TÜV eingestellt werden, sagen Klammer und Wulfekotte. Aber woher nehmen, denn der Fachkräftemarkt der Sachverständigen sei auch hier leer gefegt. „Wir haben ja selber Probleme, denn wir würden gerne Fahrschullehrer einstellen und können keine finden“, sagt Wulfekotte, der sich über Bewerbungen freut.
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Der TÜV Nord wirbt bei den Fahrschulen um Verständnis. Wie ein Sprecher darstellt, kommen im Moment mehrere Faktoren zusammen, die den Prüfern die Arbeit schwer machen. Die vielen fehlenden Prüfungstage durch arbeitsfreie Feiertage im Mai und Juni hätten die Lage weiter zugespitzt. Außerdem müssten die Prüfer FFP2-Masken tragen, was wiederum aus Arbeitsschutzgründen zu zusätzlichen Pausen führe. Schließlich räumt der Sprecher ein, dass der aktuelle Krankenstand inklusive eventueller Quarantänezeiten „nicht dabei hilft, die Situation zu entschärfen“. Er versicherte, dass der TÜV Nord bereits daran arbeite, die Lage zu verbessern. Unter anderem würden die täglichen Prüfungszeiten „massiv erhöht“ und Prüfer verstärkt auch an Samstagen tätig.
Einigung im Tarifstreit entlastet die Situation
Immerhin: An einer anderen Front dräut den Fahrschülern wohl kein Ungemach mehr. Ende April, Anfang Mai waren auch Prüftermine ausgefallen, weil die Gewerkschaft Verdi den TÜV Nord in der laufenden Tarifrunde an drei Tagen bestreikte. Die Tarifparteien haben sich mittlerweile auf ein Ergebnis geeinigt. Noch läuft zwar die Abstimmung unter den Verdi-Mitgliedern, ob sie dieses annehmen wollen. Doch Verdi-Sekretär Andreas Rech ist zuversichtlich: „Ich gehe eigentlich davon aus.“